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Sklaven der Flamme

Sklaven der Flamme

Titel: Sklaven der Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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einen Namen hat. Wir wissen nicht, wie unsere Aufklärer kampfunfähig gemacht werden. Wir können keine Funkgespräche mithören. Natürlich, die Strahlungsbarriere wäre uns ohnehin im Wege. Wir wissen nicht einmal, ob es sich um Menschen handelt. Eine unserer Maschinen bekommt einen Treffer in den Tetronantrieb (Verzeihung. Wenn Sie es nicht aussprechen dürfen, sollte ich es auch nicht.) und boiing! Der Rat schreit nach Krieg. Ich weigere mich, diese Sache ernstzunehmen. Überhaupt, weshalb verschwenden wir immer mehr Flugzeuge? Weshalb schicken wir nicht ein paar Leute über die Transit-Schleife, damit sie für uns spionieren?«
    Chargill sah ihn erstaunt an.
    »Bevor wir die Sträflingsbergwerke bauten und kurz nachdem wir das Dschungelvolk in unser Reich eingliederten, wurde die Transit-Schleife gebaut. Stimmt das? Nun, wohin führt sie?«
    »In die tote Stadt Telphar«, erwiderte Chargill.
    »Richtig. Und Telphar war keineswegs tot, als wir die Schleife vor sechzig Jahren errichteten. Die Strahlung drang erst allmählich weiter vor. Nun, weshalb schicken wir keine Spione nach Telphar und von dort ins feindliche Gebiet? Sie können auf dem gleichen Weg zurückkehren und uns berichten, was sie erlebt haben.« Uske lächelte.
    »Eure Majestät belieben zu scherzen.« Chargill erwiderte das Lächeln. »Darf ich Sie daran erinnern, Sir, daß die Strahlungsintensität von Telphar heutzutage tödlich für einen Menschen ist? Tödlich. Der Feind scheint ein gutes Stück jenseits der Barriere zu leben. Erst vor kurzem, als die Tetronproduktion in den Bergwerken verstärkt wurde – oh, Verzeihung – gelang es uns, Flugzeuge zu entwickeln, die diese Barriere vielleicht überfliegen können. Und das ist unsere einzige Chance.«
    Uskes Lächeln verwandelte sich in ein Kichern, dann in ein Johlen. Plötzlich schrie er auf und warf sich auf das Bett. »Niemand hört auf mich! Niemand nimmt meine Vorschläge ernst!« Stöhnend wühlte er den Kopf unter die Kissen. »Jeder widerspricht mir. Gehen Sie weg! Hinaus! Lassen Sie mich schlafen.«
    Seufzend verließ Chargill das königliche Schlafgemach.
     

 
2.
     
    Sechzig Jahre lang hatte sich nichts gerührt. Dann leuchtete die durchscheinende Kristallkugel über der Empfangsstation der Transit-Schleife auf.
    Auf der Plattform lag ein bläulicher Glanz. Rote Flammen schossen durch den Nebel, ein Netz aus Scharlachrot. Es zog sich zusammen, pulsierte, umriß ein Gewebe aus Venen und Arterien. Inmitten des Feuers und des bläulichen Glanzes formten sich schemenhaft Knochen zu einem menschlichen Skelett. Plötzlich war die Silhouette von Silber umflossen – Nervengeflechte, die dem Körper Reize vermittelten. Der blaue Glanz verdichtete sich. Dann wankte der dunkelhaarige Mann barfuß und in Lumpen gehüllt zur Galerie und hielt sich einen Moment lang am Geländer fest. Die Kristallkugel über ihm erlosch.
    Er blinzelte ein paarmal, bevor er aufsah. Dann betrachtete er seine Umgebung. »Na?« sagte er laut. »Wo zum Teufel bist du?« Er machte eine Pause. »Schon gut, schon gut, ich weiß. Ich darf nicht abhängig von dir werden. Ich glaube, es ist alles in Ordnung, nicht wahr?« Wieder eine Pause. »Jedenfalls fühle ich mich prächtig.« Er ließ das Geländer los und warf einen Blick auf seine Hände. »Völlig verdreckt«, murmelte er. »Möchte wissen, wo man sich hier waschen kann.« Er sah auf. »Ja, sicher. Warum nicht?« Er schwang sich unter dem Geländer durch und sprang zu Boden. Wieder betrachtete er seine Umgebung. »Ich bin also tatsächlich im Palast – nach all den Jahren. Hätte nie gedacht, daß ich ihn noch einmal sehen würde. Aber er scheint es wirklich zu sein.«
    Er ging weiter, und als er den Schatten der großen Transit-Schleife passierte, geschah etwas. Er wurde unsichtbar.
    Zumindest verschwanden die unbedeckten Körperteile – Kopf, Hände, Füße. Durch seine gespenstisch transparenten Füße konnte er die Nieten im Metallboden erkennen. Er schnitt eine Grimasse und ging auf die Tür zu. Sobald er wieder im Licht stand, verfestigte sich sein Körper.
    Niemand befand sich im Korridor. Er marschierte weiter, ohne einen Blick auf das silberne Triptychon zu werfen, das den Eingang zur Beratungshalle bildete. Ein buntes Glasfenster drehte sich, angetrieben von einem lautlosen Motor. Als er vorüberging, spielten die Farben auf seinem Gesicht. In die Decke war eine goldene Uhr mit Kristallzifferblatt eingelassen. Die Zeiger standen auf halb

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