Die Sprache des Feuers - Roman
3
Zwei vietnamesische Knirpse sind mit dem Lastwagen unterwegs.
Der Fahrer, Tommy Do, biegt auf einen Parkplatz ab.
»So eine tote Gegend«, sagt Vince Tranh, Tommys Buddy.
Tommy ist das egal. Er ist froh, wenn er das Zeug loswird. Eine heiße Fuhre.
Tommy hält neben einem Cadillac.
»Die und ihre Caddys«, sagt Tranh auf Vietnamesisch.
»Na und?«, sagt Tommy. Tommy spart auf einen Mazda MX 5 . Ein MX 5 ist cool. Tommy sieht sich schon in dem schwarzen Teil rumdüsen, mit schicker Sonnenbrille, neben sich eine Braut mit langer schwarzer Mähne.
Er sieht es förmlich vor sich.
Zwei Typen steigen aus dem Caddy.
Ein langer Schmaler, der an einen Windhund erinnert – oder einen Afghanen, denkt Tommy, nur dass ihm in seinem dunkelblauen Anzug sehr heiß werden wird hier in dieser Wüste. Der andere ist kleiner, dafür dicker. Trägt ein schwarzes Hawaiihemd, das mit großen Blüten bedruckt ist. Der sieht aus wie ein Idiot, denkt Tommy. Das dürfte der Knochenbrecher sein. Tommy macht drei Kreuze, wenn er das Zeug los ist, sein Geld kassiert hat. Und dann nichts wie zurück nach Garden Grove.
Normalerweise macht Tommy keine Geschäfte mit Nichtvietnamesen, schon gar nicht mit Typen wie diesen.
Aber diesen Job konnte er nicht ausschlagen.
Zwei Mille für eine Tour.
Der Dicke im Hawaiihemd öffnet ein Tor, und Tommy fährt hinein. Der Dicke macht das Tor wieder zu.
Tommy und Tranh steigen aus.
Der Blaue sagt: »Ladet das Zeug aus.«
Tommy schüttelt den Kopf.
»Erst das Geld«, sagt er.
»Klar«, sagt der Blaue.
»Geschäft ist Geschäft«, meint Tommy. Er will nur höflich sein.
»Geschäft ist Geschäft«, bestätigt der Blaue.
Tommy sieht, wie er in die Brusttasche greift, doch statt derBrieftasche zückt er eine 9 mm mit Schalldämpfer und schießt drei Kugeln dicht nebeneinander in Tommys Gesicht.
Tranh steht mit seinem O-Gott-nein!-Blick daneben, macht aber keine Anstalten, wegzurennen. Steht da wie angewurzelt, weshalb ihm der Blaue ohne viel Umstände die restlichen drei Kugeln verpasst.
Der Dicke im Hawaiihemd wuchtet erst Tommy, dann Tranh in einen Müllcontainer. Übergießt sie mit Benzin und wirft ein brennendes Streichholz hinein.
»Sind Vietnamesen Buddhisten?«, fragt er den Blauen.
»Ich glaube.«
Beide sprechen Russisch.
»Verbrennen die nicht ihre Toten?«
Der Blaue zuckt die Schulter.
Eine Stunde später haben sie das Auto entladen und die Fracht im Haus verstaut. Zwölf Minuten danach fährt das Hawaiihemd den Lieferwagen in die Wüste und sprengt ihn in die Luft.
California Fire and Life.
4
Jack Wade sitzt auf seinem alten Hobie-Longboard.
Er paddelt durch Wellen, die keine werden wollen, und sieht eine schwarze Rauchfahne, die drüben hinter dem großen Felsen des Dana Head in den blassen Augusthimmel steigt wie ein buddhistisches Gebet.
Jack ist so in den Anblick der Rauchfahne vertieft, dass er die Welle nicht sieht, die sich hinter ihm aufbaut wie ein fetter Gitarrenriff von Dick Dale. Ein Riesenbrecher, der ihn zu Boden presst und vor sich her wälzt, immer weiter, ohne loszulassen, nach dem Motto: Selber schuld, wenn du nicht aufpasst, Jack. Du frisst Sand und atmest Wasser.
Jack ist fast im Jenseits, als ihn die Welle endlich an Land spuckt.
Keuchend rappelt er sich hoch, als er seinen Piepser hört, weiter oben, wo das Handtuch liegt. Er stolpert durch den Sand zu seinem Handtuch, greift sich das Ding und liest die Nummer ab, obwohl er sich denken kann, wer es ist.
California Fire and Life.
5
Die Frau ist tot.
Jack weiß das, bevor er zu dem Haus kommt, denn als er angerufen hat, war Goddamn Billy dran. Morgens um halb sieben, und Goddamn Billy ist schon im Büro.
Hausbrand, eine Tote, hat Goddamn Billy zu ihm gesagt.
Jack hastet die hundertzwanzig Stufen vom Dana Strands Beach zum Parkplatz hoch, duscht kurz, dann schlüpft er in die Arbeitsklamotten, die auf dem Rücksitz seines 66 er Mustang liegen.
Seine Arbeitsklamotten: ein weißes Baumwollhemd von Land’s End, eine Khakihose von Land’s End, Mokassins von Land’s End und eine Eddie-Bauer-Krawatte, die immer fertig geknotet ist, damit er sie überwerfen kann wie eine Schlinge.
Seit zwölf Jahren hat Jack keinen Klamottenladen von innen gesehen.
Er besitzt drei Krawatten, fünf weiße Baumwollhemden von Land’s End, zwei Khakihosen von Land’s End, zwei garantiert knitterfreie blaue Blazer (einer in der Reinigung, einer in Benutzung), ebenfalls von Land’s End, und ein Paar Mokassins
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