Sklaven für Wutawia / Gauner mit der 'Goldenen Hand'
der
Fratzenschneider im Erdgeschoß um den Fuß der Treppe herum und jagte — in die
falsche Richtung.
Schlug Angst ihn mit Blindheit? War er
tatsächlich plem-plem? Vertat er sich in der Aufregung — und glaubte, erst die
nächste Treppe abwärts führe hinaus? Oder hielt er den Keller des Museums für
das beste Versteck?
Es wurde nie geklärt. Tatsache war, daß
Plegel nicht zum Portal rannte, sondern zu der Treppe im Hintergrund — der
Kellertreppe.
Tim hörte seine Freunde hinter sich,
als er die Stufen hinabsprang. Unten riß Plegel eine Stahlblech-Tür auf und
verschwand im Bauch des Museums. Auch Tim tauchte durch die — noch offene — Tür
in einen matterleuchteten Gang. Türen rechts und links. Vorn hetzte Plegel
durch eine weitere Tür. Als Tim dort über die Schwelle sprang, hatte die Jagd
ein Ende.
Es war der Heizungskeller mit
Zentralheizkessel, Warmwasserboiler und viel Rohren und Gestänge — alles
natürlich in beträchtlichen Ausmaßen. Weil das Euro-Museum keine Hütte, sondern
ein baulicher Riese ist.
Plegel saß in der Falle. Er keuchte,
zitterte und schnitt Grimassen, als hätte er über sämtliche Gesichtsmuskeln die
Kontrolle verloren. Mit abwehrend erhobenen Händen wich er zur Wand zurück.
„Nur ruhig!“ sagte Tim. „Ich tue Ihnen
nichts. Aber es geht nicht, daß Sie die Bilder zerstören. Warum wollten Sie das
tun?“
Der Mann bot jetzt ein Bild des
Jammers. Ob beknackt oder nicht — plötzlich fühlte Tim Mitleid. Wußte dieser
Typ, was er tat? War der verantwortlich dafür? Bestimmt nicht. Der Mann
brauchte Hilfe — und zwar ärztliche.
„Ich... ich...“ krächzte Plegel, „muß
die Gemälde vernichten. Um aufmerksam zu machen! Auf... darauf, daß der Weltraum
zu eng wird. Weil die Nationen dort ihren Müll abladen. Weltraum-Müll.
Ausgebrannte Raketen, Satelliten, Raumschiffe, Himmelsspione und und und...
Alles fliegt dort rum. Ohne Verkehrsregel. Ohne Warnschilder. Die Sterne werden
getroffen. Fürchterliche Unfälle sind vorprogrammiert. Und im selben
Zusammenhang will ich aufmerksam machen“, er stieß die Fäuste in die Höhe, „auf
die Ungerechtigkeiten bei den deutschen Verkehrsgerichten. Da geht’s zu wie im
Urwald.“
„Mag ja alles sein“, sagte Karl hinter
Tim, „doch deshalb braucht man keine Gemälde zu zerstören.“
Tims Freunde hatten sich
hereingedrängt. Offenbar empfanden auch sie, daß dieser armselige Spinner nicht
Strafe verdiente, sondern Mitleid.
„Doch, doch, doch!“ Plegels Augen
weiteten sich. „Nur dadurch kann ich die Welt wachrütteln. Die Kreatur Mensch
reagiert sonst nicht. Alles bleibt beim alten. Nichts ändert sich. Jeder
verfolgt seine selbstsüchtigen Interessen und kümmert sich nicht um die
Schmerzen unserer Mutter Erde und des Vaters Weltraum.“
Am liebsten, dachte Tim, würde ich ihn
laufenlassen. Er hat ja leider recht. Nur seine Methode stimmt nicht. Man kann
nicht Unrecht mit Unrecht bekämpfen.
„Für Ihren Angriff auf das
Perugino-Gemälde“‘, sagte Tim ohne Überzeugung, „müssen Sie sich verantworten.
Sonst hätten wir ja die gleiche Ungerechtigkeit wie bei den Verkehrsgerichten.
Gegen die der Urwald gar nichts ist. Das wollen Sie doch nicht?“
Plegel dachte nach. Plötzlich breitete
sich ein Strahlen über das bleiche Gesicht.
„Stimmt!“ rief er. „Ich verantworte
mich.“
Während er das sagte, blickte er nach
links, hinter den Heizkessel. Ärgerliche Falten kerbten die Stirn.
„Seht euch das an“, meinte er. „Ein
neues Museum, und schon reicht der Platz nicht mehr. Trotzdem — es ist
schändlich, hinter dem Heizungskessel Gemälde zu verwahren. Auch darauf werde
ich die Weltöffentlichkeit aufmerksam machen.“
„Was?“
Tim trat vor und äugte hinter den
Kessel.
Tatsächlich! Zwischen Mauer und
Rückwand des Kessels standen mehrere Bilder auf dem Boden. Sie lehnten
aneinander. Um sie notdürftig vor Verschmutzung zu schützen, hatte man ein Tuch
über das erste gehängt.
Ich sehe wohl nicht recht, dachte Tim.
Oder ist das nur unbemalte Leinwand mit Rahmen?
Er lüftete das Tuch und erblickte den —
von der TKKG-Bande heißgeliebten — Cornelis van Dalem.
Tim schluckte, kippte das Kunstwerk
vorsichtig nach vorn und stieß auf den — ihm wohlbekannten — François Lemoyne.
Tim schluckte abermals. Bei dem dritten
Gemälde handelte es sich um jenen Cranach d.Ä., an dem Etzel mit ganzem Herzen
hing. Und das vierte Bild war natürlich der Claudio Coello.
Was, zum Henker,
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