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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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laufen.
    Carl trat damals in Erscheinung, ohne vor Ort ein eigenes Süppchen kochen zu wollen, und er hatte nichts weiter zu verlieren als sein Kopfgeld für Stéphane Névant. Zwei stille Wochen lang recherchierte er, und dann hielt er eines Nachts einen von Tayta Mancos Lastwagen auf der abschüssigen, gewundenen Straße von Cuzco nach Nazca und zur Küste hin an. Der bewaffnete Gorilla auf dem Beifahrersitz erhob keinerlei Einwände, was, von einem logischen Standpunkt aus betrachtet, ein Segen in Hinblick auf Tarnung war – Carl erschoss ihn und ließ hinterher dem Fahrer die Wahl, sich entweder seinem Gefährten auf dem weißen, pulverisierten Schmutz neben der Straße zuzugesellen oder Carl dabei zu helfen, das Fahrzeug mit einer Brandbombe – angebracht am Tank, aus den Vorräten der peruanischen Armee, er hatte sie von einem freundlichen Arbeiter erworben – über den Rand zu befördern. Der Fahrer erwies sich als kooperativ, und das Ganze funktionierte. Der Laster explodierte spektakulär, nachdem er sich zum ersten Mal überschlagen hatte, zog Flammen und Schutt mit sich hinab in den Cañon und brannte dort fröhlich etwa eine Stunde vor sich hin, wobei er genügend langkettige Schadstoffe in die Atmosphäre entließ, um die Aufmerksamkeit eines Umweltüberwachungssatelliten zu erregen. Nicht viele Dinge brannten mit einer solchen Signatur, und die Dinge, die es taten, hatten eigentlich keinen Grund, außerhalb der Jurisdiktion von COLIN zu brennen. Hubschrauber sammelten sich in der Nacht, wie große Motten um ein Lagerfeuer. Mit ihnen tauchten die unausweichlichen Journalisten auf, und nicht weit dahinter folgten ein paar verstreute örtliche Politiker, Umweltexperten und Repräsentanten von ›Erde Zuerst!‹, allesamt scharf darauf, sich in den Medien zu profilieren. Bald darauf machte sich ein offizielles Bergungsteam auf den langwierigen Weg hinab in die Schlucht, jedoch nicht, bevor eine Menge peinlicher spektografischer Aufnahmen geschossen und eine Menge ebenso peinlicher Fragen gestellt wurden, bis zur Rasiermesserschärfe geschliffen auf dem Wetzstein gieriger journalistischer Spekulationen.
    Bis dahin war Carl längst verschwunden. Er hatte den Lastwagenfahrer bis unten nach Nazca mitgenommen und ihm eine Botschaft mitgegeben, die er zusammen mit einer Telefonnummer an den Tayta Manco weiterreichen sollte. Bambaren, kein Dummkopf, rief am nächsten Tag an, und nach einer gewissen Menge gespielter männlicher Entrüstung fragte er, was denn Carl genau wolle, verdammtes Arschloch! Carl teilte es ihm mit. Sechsunddreißig Stunden später kehrte Stéphane Névant in sein Zimmer im Hotel Arequipa zurück und merkte, dass er in den Lauf der Haagpistole starrte.
    Subtilität, hatte Carl entdeckt, war ein bei weitem überschätztes Mittel, wenn es um organisiertes Verbrechen ging.
    Dementsprechend wählte er.
    »Das sollte jetzt wohl besser um Leben und Tod gehen, verdammt«, meinte Greta Jurgens kalt, als sie schließlich abhob. Der Bildschirm zeigte sie vor dem Apparat sitzend, wie sie einen grauen Seidenmorgenmantel enger um sich zog. Ihr Gesicht wirkte aufgedunsen. »Wissen Sie, wie spät es ist?«
    Carl sah betont auf seine Armbanduhr.
    »Ja, es ist Oktober. Ich glaube, da bleiben mir noch ein paar Wochen, bevor es Bettzeit für Sie ist. Wie geht’s, Greta?«
    Die Hibernoide sah mit zusammengekniffenen Augen auf den Schirm, und von ihrem Gesicht wich jeglicher Ausdruck. »Na, na, Marsalis, stimmt’s? Der schwarze Mann.«
    »Eben jener.«
    »Was wollen Sie?«
    »Das ist es, was mir an Ihnen so gefallt, Greta. Charmanter Small Talk.« Carl vollführte eine beiläufige Geste mit offener Hand. »Nicht viel. Möchte mit Manco reden. Kleines Geplauder über alte Zeiten, wirklich nicht mehr.«
    »Manco ist im Augenblick nicht in der Stadt.«
    »Aber Sie wissen, wo man ihn zu fassen bekommt.«
    Jurgens erwiderte nichts. Ihr Gesicht war nicht bloß verquollen, es war runder, als er es in Erinnerung hatte, mit glatter Haut und pausbäckig von subkutan verabreichtem Fett für den letzten Zyklus. Vermutlich kreisten ihre Gedanken erschöpfter als üblich – Schweigen war die sichere Wahl.
    Carl grinste. »Sehen Sie, wir können das auf zwei Weisen machen. Entweder sagen Sie Manco rasch, dass ich mit ihm reden will, und wir arrangieren ein freundliches Gespräch, oder ich kann Ihnen das Leben wieder schwer machen. Was soll’s also sein?«
    »Heutzutage könnte Ihnen das vielleicht etwas schwerer

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