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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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Schultern. »Nun ja, ich habe sie unter Feldarbeitern erlernt, und wir waren oft betrunken. Entschuldige bitte, wenn dich das beleidigt. Jetzt wähle bitte einen verdammten Ort für ein Treffen!«
    Weiteres Schweigen. Bambaren sah ihn funkelnd an. »Ich bin in Cuzco«, sagte er. Selbst im schwungvollen Quechua der Altiplano klangen die Worte wie abgebissen. »Ich treffe dich heute Nachmittag um eins in Sacsayhuaman.«
    »Sagen wir drei«, meinte Carl träge zu ihm. »Ich habe zunächst noch einige andere Dinge zu erledigen.«

 
29
     
     
    Er hatte noch den tiefen Duft nach Öl und Salz von Sevgi Ertekin an den Fingern, als er später im Jeep von COLIN saß, das Kinn auf die Daumen stützte und bedrückt die Szenerie vor sich anstarrte, während er auf Manco Bambaren wartete. Es war seine einzige Quelle der Freude in einer ansonsten vergifteten Stimmung. Jetlag sowie der Showdown mit Névant holten ihn ein wie heranstürmende Hunde. Über das hoteleigene Netz hatte er sich zwei neue Kleidungssets besorgt, und als sie eintrafen, gefiel ihm keines von beiden. Er konnte sich allerdings nicht dazu durchringen, sie zurückzuschicken und von vorn anzufangen. Sie waren schwarz und strapazierfähig – wie ich, dachte er säuerlich – und topmodisch. Die neueste Generation freigegebener Marstech-Materialien für die gehobenere Klientel, umgeben von einem Dunst aus Zeugnissen globaler Berühmtheiten und ehemaligen Mars-Angestellten. Er verabscheute sie, aber sie würden es tun müssen.
    Aus reiner Sturheit behielt er die S(t)igma-Jacke.
    »Er kommt zu spät«, meinte sie am Steuerrad des Jeeps.
    »Natürlich kommt er zu spät. Das ist Sinn und Zweck der Übung.«
    Hinter der Windschutzscheibe erhoben sich dunkel unter einem funkelnden, weiß bewölkten Himmel die grasbewachsenen Terrassen von Sacsayhuaman auf Mauern aus massivem, glatt ineinander verfugtem Stein. So spät am Tag hatten sie die Ruinen fast völlig für sich, und die Leere verlieh den Wällen etwas Brütendes. Ein paar wenige Touristen wanderten auf dem Gelände umher, aber die Größe des Inkagebäudes machte sie zu Zwergen. Gleichermaßen verkleinert hatte sich eine Schar Einheimischer in traditioneller Kleidung zum Rand zurückgezogen, Frauen und Kinder, die schon seit langem leidende, mit Bändern aufgeputzte Lamas hüteten und auf eine Gelegenheit für ein bezahltes Foto warteten. Sie ergaben winzige Flecken Farbe vor dem düsteren Stein.
    Carl sah Sacsayhuaman nicht zum ersten Mal, aber wie stets faszinierte ihn das Mauerwerk. Die Blöcke waren geformt und vollendet, jedoch in höchstem Maße unregelmäßig, ein Widerhall der in sich zusammengesackten festen Großartigkeit natürlicher Felsformationen. Die Zickzacklinien zwischen ihnen zogen den Blick auf sich wie das Detail eines Gemäldes. Man konnte eine ganze Weile dasitzen und sie einfach nur ansehen, und das hatten sie – er warf einen Blick auf seine Uhr – auch getan.
    »Du meinst, auch das ist Sinn und Zweck der Übung?« Ertekin nickte nach vorn, zu den Mauern. »Land meiner Väter und so was?«
    »Vielleicht.«
    »Aber du glaubst es nicht?«
    Er schoss ihr einen Seitenblick zu. »Habe ich das gesagt?«
    »Du hättest es ebensogut tun können.«
    Er machte sich wieder daran, das Mauerwerk anzustarren. Geisterhaft grinste ihn dahinter Névant mit einem blutbeschmierten Gesicht an, in dem die Nase gebrochen war und das bleich im Licht des Krankenhauses wirkte. Deine Gefühle gehören dir selbst, Marsmensch. Suhle dich in ihnen, wenns dir gefällt.
    Er gab sich einen Ruck.
    »Du könntest recht haben«, gab er zu. »Die halbe Zeit spricht der Knabe wie ein verdammter Poet, und er ist schwer von sich selbst beeindruckt. Also ja, vielleicht will er uns gegenüber einen auf Kultur machen.«
    Ertekin nickte. »Hab ich mir gedacht.«
    Weitere zehn Minuten krochen dahin. Carl dachte gerade daran, auszusteigen und die Beine zu strecken, als ein gepanzerter schwarzer Rangerover über den holperigen, rauen, grasbedeckten Parkplatz links herangepoltert kam. Getönte Scheiben, schimmernde Flanken, Anti-Granaten-Schutz bis fast zum Boden. Carl gab den Blick ins eigene Innere auf. Der Jetlag verzog sich.
    »Na, dann wollen wir mal.«
    Der Neuankömmling bremste, blieb stehen, und eine Tür öffnete sich einen Spalt breit in dem schwarzen Panzer. Manco Bambaren trat heraus, makellos gekleidet in einen sandfarbenen Anzug und flankiert von Gorillas mit Ray-Bans, die zu seiner eigenen passten. Keine sichtbaren

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