Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Voraussein war wie Adrenalin in seinen Adern. Er legte den Kopf schief, sehr sorgfältig beiläufig.
    »Also waren Sie ein Gesetzeshüter, hm? Das letzte Aufgebot der Festung Amerika. Und jetzt holt Sie die Vergangenheit schlichtweg wieder ein.«
    Genau da, genau so marginal, jedoch trotzdem vorhanden, dort in den Augenwinkeln Onbekends. Verlust an Gelassenheit, Einsickern von Ärger. Nur für diesen Moment hatte ihn Carl so weit, dass er zurückwich.
    »Sie glauben, mich zu kennen? Sie kennen mich nicht, mein Freund.«
    »Ich bin auch nicht Ihr verdammter Freund«, sagte Carl milde zu ihm. »Also, lassen Sie’s. Wir begehen alle diese Fehler. Was wollen Sie eigentlich genau von mir?«
    Für einen Augenblick, der so kurz war, dass er ihn kaum registriert hatte, glaubte Carl, tot zu sein. Der Lauf des Revolvers rührte sich nicht, schien jedoch intensiv im unteren Teil seines Blickfelds zu schimmern. Onbekend hatte den Mund ein wenig fester zusammengepresst, die Augen zeigten ein wenig mehr Hass.
    »Sie könnten damit anfangen, mir zu erzählen, wie es sich anfühlt, andere der Variante Dreizehn für die Wiederkäuer bei der UN zu jagen.«
    »Lukrativ.« Carl starrte kühl in die zusammengekniffenen Augen des anderen Dreizehners. Einer von ihnen würde in dieser Bar sterben. »Es fühlt sich lukrativ an. Womit verdienen Sie sich heutzutage Ihren Lebensunterhalt?«
    »Mit Überleben.«
    »Aha!« Er nickte in spöttischem Verständnis. »Spielen den Gesetzlosen, nicht wahr?«
    »Ich arbeite nicht für die Wiederkäuer, wenn Sie das meinen.«
    »Aber natürlich tun Sie das.« Carl gähnte – ein jähes, von der Anspannung getriebenes Verlangen nach Sauerstoff, wie aus dem Nichts, aber es machte sich so verdammt gut, dass er hätte johlen können. »Auf die eine oder andere Weise arbeiten wir alle für die Wiederkäuer.«
    Onbekend presste die Zähne aufeinander. Neigte den Kopf ein wenig, wie ein Wolf oder Hund, der auf ein schwaches Geräusch lauschte.
    »Sie sprechen sehr leichtfertig über die Kompromisse anderer Männer. Wie gesagt, Sie kennen mich überhaupt nicht.«
    »Ich weiß, dass Sie sich heute was zu essen besorgt haben. Ich weiß, dass Sie mit irgendeinem fabrizierten Fahrzeug hergekommen sind, auf städtischen Straßen, für die auf die eine oder andere Art die hiesigen Bewohner bezahlt haben. Ich weiß, dass Sie eine Waffe in Händen halten, die Sie nicht in Ihrer Freizeit aus den Rohmaterialien hergestellt haben.«
    »Die hier?« Onbekend hob die Waffe ein wenig, nahm die Mündung ganz leicht von der Ziellinie weg. Er schien sich zu amüsieren. Carl zwang sich dazu, sich nicht anzuspannen, nicht die wabendernde Waffe anzusehen. »Ich habe diese Waffe einem Mann abgenommen, den ich getötet habe.«
    »Oh, ja, das ist ein erträgliches Modell des gegenseitigen Austauschs. Haben Sie den Menschen, der Ihnen heute Morgen das Frühstück servierte, ebenfalls getötet, damit Sie dafür auch nicht zu bezahlen hatten? Werden Sie den Knaben umbringen, der Ihnen Ihre Transportmöglichkeit verkauft oder vermietet hat, und denjenigen, der den Ort betreibt, an dem Sie heute Nacht schlafen? Haben Sie auch Pläne für die Leute, die sie beschäftigen, die Eigentümer der Produktionsmittel, die Manager und Besitzer und die Leute, die für sie verkaufen, sowie diejenigen, die von ihnen kaufen?« Carl beugte sich vor und zeigte angesichts der kühlen Nähe des Todes ein breites Grinsen. Ein wenig war es wie die Zähne zusammenbeißen. »Kapieren Sie es nicht, verdammt? Wir sind von ihnen umgeben, von den Wiederkäuern. Sie können ihnen nicht entkommen. Sie können sich nicht von ihnen freimachen. Jedes Mal, wenn Sie etwas konsumieren, arbeiten Sie für sie. Jedes Mal, wenn Sie reisen. Auf dem Mars sind Sie jedes Mal, wenn Sie auch nur atmen, ein Teil dessen.«
    »Na ja.« Onbekend setzte ein weiteres, eigenes kleines Lächeln auf. »Sie haben Ihre Lektion gut gelernt. Aber vermutlich wird ein Hund, wenn man ihm nur oft genug die Peitsche gibt, das immer tun.«
    »Oh, bitte! Wissen Sie was? Sie wollen so tun, als ob es einen anderen Weg gäbe. Sie wollen in ein mythisches vor-virilizides goldenes Zeitalter flüchten – gehen Sie doch nach Jesusland, wo man immer noch an diesen Scheiß glaubt! Ich bin letzte Woche dort gewesen, sie lieben solche wie uns. Sie würden uns beide auf dem Scheiterhaufen verbrennen, sobald sie uns zu Gesicht bekommen hätten. Verstehen Sie es nicht? Für das, was wir sind, gibt es keinen Platz

Weitere Kostenlose Bücher