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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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Es war die Art und Weise, wie seine dunkle Kleidung um seinen Körper lag, als wäre sie von einem Sturm dorthin geweht worden, als wäre es ihm ziemlich gleichgültig, ob er sie trüge oder nicht. Die Art und Weise, wie sein gebräuntes Gesicht etwas vage Vertrautes an sich hatte, ein Gefühl, dass man dieser Person zuvor schon irgendwo begegnet war und dass er einem damals irgendetwas bedeutet hatte.
    Dreizehner.
    Musste so sein. Bestätigte Paranoia. Merrins Hinterzimmer-Mannschaft, zum Kassieren gekommen. Es war nicht vorüber.
    Der Billardspieler neben Carl sprach drängend auf Elvira ein, und schließlich gelang es ihm, sie auf die Füße zu bekommen, und er trieb sie, einen Arm um ihre zitternden Schultern gelegt, an Carl vorbei. Dieselbe benommene Mischung aus Schock und Unverständnis auf seinem Gesicht, wie zuvor. Carl nickte ihm zu, er solle vorbeigehen, und wandte sich dann langsam um und sah ihm zu, wie er Elvira halb zur Tür trug. Die Neuankömmlinge traten beiseite, um das Paar hinauszulassen, und einer von ihnen schloss die Tür fest hinter ihnen. Die ganze Zeit über wich die silberne Waffe keinen Zentimeter von ihrem Ziel.
    Carl schenkte ihrem Besitzer ein sarkastisches Lächeln und trat ein paar lässige Schritte näher. Der andere Mann beobachtete ihn dabei, regte sich jedoch nicht und erhob auch keinerlei Einwendungen. Carl atmete erleichtert auf. Anscheinend würde er jetzt noch nicht erschossen werden.
    Aber bald.
    Er nahm das helle Aufflackern der Furcht in sich auf, er kappte sie und steckte sie weg. Das Netz sowie ein aufrechterhaltener Wille, Schaden anzurichten, pulsierten in hellerem Licht.
    Leg nach, sieh mal, wie weit es geht!
    Es ging fast auf Berührungsdistanz.
    Der große Mann ließ ihn so weit herankommen, lächelte ihm sogar ermutigend zu, wie ein nachsichtiger Erwachsener, der einem Kind dabei zusieht, wie es sich auf etwas Gefährliches einlässt. Nahe genug, dass Carls Einschätzung der Lage allmählich zerbröselte und jäh eine tiefe Unsicherheit in ihm zurückließ, wie er damit umgehen sollte. Aber dann, wenige Meter vor der Mündung des Revolvers, veränderte sich das Lächeln des großen Mannes auf dem Gesicht, verließ es nicht völlig, sondern richtete sich zu etwas Hartem und Achtsamem neu ein.
    »Das wird’s tun«, sagte er leise. »So sorglos bin ich nicht.«
    Carl nickte. »So sehen Sie auch nicht aus. Kenne ich Sie von irgendwoher?«
    »Weiß ich nicht. Kennen Sie mich?«
    »Wie heißen Sie?«
    »Sie können mich Onbekend nennen.«
    »Marsalis.«
    »Ja, ich weiß.« Der große Mann nickte zu einem Tisch in der Nähe hinüber. »Setzen Sie sich. Wir haben noch ein wenig Zeit.«
    Aha. Eine kühle Böe der Bestätigung wehte ihm den Nacken, die Muskeln der Unterarme hinab.
    »Sie setzen sich. Ich stehe ganz gut hier.«
    Der Hahn des Revolvers klickte. »Setzen Sie sich, oder ich töte Sie.«
    Carl sah ihm in die Augen und entdeckte dort keinen Raum, nicht einmal für das schnippische Bonmot – sieht so aus, als würden Sie das sowieso tun. Dieser Mann würde ihn an Ort und Stelle umlegen. Er zuckte mit den Achseln, ging zu dem Tisch hinüber und ließ sich auf einem der verlassenen Stühle nieder, der immer noch warm von seinem Vorbesitzer war. Er lehnte sich zurück und stellte die Füße auseinander, so weit von der Tischkante entfernt wie er glaube, sich erlauben zu können. Onbekend warf einem seiner Schatten einen Blick zu und nickte zur Tür. Der Mann schlüpfte lautlos hinaus.
    Der verbliebene Helfer blieb reglos stehen, fixierte Carl mit kaltem, starrem Blick und verschränkte die Arme. Onbekend bedachte ihn mit einem weiteren Blick, kam dann herüber und setzte sich Carl gegenüber an den Tisch.
    »Sie sind der Lotterie-Knabe, nicht wahr?«, bemerkte er.
    Carl seufzte. Nicht völlig gespielt. »Ja, das bin ich.«
    »Derjenige, der auf halbem Weg nach Hause aufgewacht ist.«
    »Ja. Möchten Sie ein Autogramm?«
    Das brachte ihm ein dünnes Lächeln ein. »Ich bin neugierig. Wie war es, dort die ganze Zeit lang festzustecken und zu warten?«
    »Es war wie eine Orgie. Sollten Sie auch irgendwann mal ausprobieren!«
    Onbekend reagierte nicht heftiger als ein Stein. Das Gefühl von Vertrautheit wuchs – Carl wusste genau, dass es um den Mann hier ging. Er kannte dieses Gesicht von irgendwoher, oder eines, das ihm sehr ähnlich war.
    »Haben Sie sich verlassen gefühlt? Als wären Sie wieder vierzehn?«
    Vierzehn?
    Carl grinste. Das winzige Bröckchen von

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