Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
weiteren, bulligeren Arier ihm zur Seite. Beide trugen den blauen Einheits-Anstaltsoverall, sauber bis zur Taille herabgeschlagen und festgebunden. Ärmellose graue Gen-T-Shirts zeigten sich darunter. Ein dritter kahl rasierter Bodybuilder-Typ, ähnlich gekleidet, hatte zusammengesunken rechts zwischen zwei Bänken gesessen und erhob sich jetzt. Er kaute Kaugummi.
    »Hallo Nigger«, sagte Dudeck laut.
    Marsalis nickte. »Brauchtest Hilfe, was?«
    »Brauch keine verfluchte Hilfe, um mir ’n Stück von deinem Arsch rauszuschneiden, Junge. Marty und Roy sin bloß hier, damit uns niemand stört.«
    »Genau, Nigger.« Der Kaugummikauer quetschte sich zwischen den Bänken hervor, grinsend, die Augen verdreht. Die Beleidigung war heftig und gewollt. Carl unterdrückte einen aufflammenden Wutausbruch sowie den Impuls, diese Augen mit einem Daumennagel herauszudrücken.
    Schluck’s runter!
    Es war deprimierend – dasselbe im Nachhinein erkannte Gefühl des Verlusts angesichts seiner Reaktionen. Über die vergangenen vier Monate hinweg konnte er die Veränderung seiner eigenen Haltung gegenüber den antiquierten rassistischen Sprüchen verfolgen, die in der gesamten Republik nach wie vor weit verbreitet waren. Nigger. Die ersten paar Male war es beunruhigend und fast merkwürdig, als wäre einem ein Duellhandschuh übers Gesicht gezogen worden. Mit der Zeit fühlte es sich immer mehr wie die verbale Spucke an, als die es auch gedacht war. Dass seine schwarzen Mitbürger das Wort im Allgemeinen unter sich selbst gebrauchten, tat dem langsamen Erwachen der Wut keinen großen Abbruch. Es war eine örtlich begrenzte Schutzmaßnahme, und er war nicht von dort. Verdammt sollten diese Republikaner und ihre Schimpansen-Gesellschaft sein!
    Schluck’s runter.
    Der Kaugummikauer kam schwerfällig das Schiff zu ihm hinauf. Carl trat in die Bank rechts, wartete ab und hielt dem Blick des ankommenden Ariers stand, als er auf gleicher Höhe war. Er beobachtete die Augen des Mannes im Hinblick auf den nächsten Zug, wenn er denn käme. Er bereitete sich auf einen Tritt gegen das Schienbein und einen Uppercut mit dem Ellbogen aufs Kinn vor, falls es sein musste, und zwar mit links. Er wollte Dudeck den Knüppel nicht vorzeitig zeigen.
    Aber der andere Mann hielt Dudecks Wort. Er schritt mit einem verächtlichen Schnauben vorbei und pflanzte sich an der Türe auf. Carl ging das Schiff hinab, wobei er das Netz mittlerweile wie eine Erregung spürte, wie das Beben schlechter Bremsen. Es war nicht ideal, aber die Gewalt seiner Flutwelle würde es tun. Er trat zwischen den letzten beiden Bänken hervor, stellte sich Dudeck über fünf Meter Schmelzglas hinweg entgegen und hob die linke Hand in einer lässigen Geste, die dazu gedacht war, die Aufmerksamkeit des Ariers von seiner rechten abzulenken. Insgeheim jubelte er, weil Dudecks Blick der Bewegung folgte.
    »Also, du Scheißkerl, du willst jetzt mit mir dein Tänzchen tanzen?« Carl parodierte comedyhaft die Sprechweise aus Jesusland. »Der Süden wird wieder auferstehen!«
    »Der Süden ist bereits auferstanden, Nigger«, brach es aus dem großen Arier gleich neben Dudeck hervor. »Die konföderierte Republik ist das Amerika des weißen Mannes.«
    Carl ließ den Blick kurz zu dem Sprecher hinüberflackern. »Yeah, dir hat das anscheinend ’ne Menge eingebracht.«
    Wutschnaubend trat der große Arier auf ihn zu. Dudeck hob eine Hand und schob ihn zurück, ohne Carl aus den Augen zu lassen.
    »Kein Grund, so aufgebracht zu sein, Lee«, sagte er leise. »Der hier…«
    »Jack!« Es war das zischelnde Knastgeflüster von der Tür her. Der Beobachtungsposten winkte wild. »Jack! BOs kommen!«
    Die Veränderung war unwirklich, beinahe komisch. Innerhalb von Sekunden warfen sich die beiden Arier vor Carl nebeneinander auf die vorderste Bank, die rasierten Köpfe in einer Haltung des Gebets nach vorn geneigt. Hinten an der Tür ging der Posten zwei Reihen zurück und tat dasselbe. Carl unterdrückte ein Schnauben und suchte sich einen Platz in der vorderen Reihe; Dudeck und Roy saßen auf der anderen Seite des Mittelgangs. Das Netz wallte auf, es hämmerte in ihm und wollte losgelassen werden. Er behielt die beiden Männer aus dem Augenwinkel im Blick und wartete, den Kopf gesenkt, die Atmung kontrolliert. Wenn die Besserungsoffiziere ohne innezuhalten vorbeigingen, würde der Kampf exakt da wieder aufgenommen werden, wo er unterbrochen worden war, nur dass sich Roy bis dahin beruhigt hätte und

Weitere Kostenlose Bücher