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Skorpion

Skorpion

Titel: Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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Funkensprühen aufgefallen. Seine Stimme triefte vor Ironie. »So sollste nich’ beten, mein Sohn!«
    Carl schaute sich nicht um, ob Dudeck auch gehorchte. Er brauchte es nicht zu tun. Wohin Dudeck jetzt auch sehen mochte, es spielte keine Rolle mehr. Carl spürte den Hass des Ariers im Rücken. Er schob ihn von hinten wie ein großer, weicher Ballon, der immer mehr anschwoll und das Haus der Anbetung schließlich ausfüllte. Glaubensbasierte Gefängnisordnung. Jeder Mann zu seinem eigenen persönlichen Gott, und Dudecks Gott war weiß wie Polypuffchips.
    Sutherlands Stimme, tief und belustigt, war wie Honig, der in seinen Hinterkopf hineintroff.
    Nichts Neues beim Hass. Sie brauchen ihn, wie sie die Luft zum Atmen brauchen. Ohne ihn fallen sie auseinander. Dreizehner sind bloß der letzte Haken, um ihn dranzuhängen.
    Ich soll mich wohl jetzt besser fühlen?
    Und Sutherland hatte mit den Achseln gezuckt. Will dich vorbereiten, das ist alles. Worauf sollst du dich auch sonst freuen?
     
    Den ganzen Weg hinaus aus Flügel B und über den Gefängnishof zum Verwaltungsgebäude hinüber wechselten sich Hoffnung und Verzweiflung in seinen Eingeweiden ab. Die Hitze Floridas hüllte ihn ein wie warme, feuchte Tücher. Das grelle Licht von den Wolken, die wie festgenagelt am Himmel hingen, schmerzte ihm in den Augen. Er blinzelte und verrenkte sich den Hals auf der Suche nach Anzeichen für das Bevorstehende. Auf dem Dach des Gebäudes stand kein Helikopter, was bedeutete, heute keine hochrangigen Besucher aus Tallahassee oder Washington. Auch sonst nichts weiter am schiefergrauen Himmel, und kein Laut oder kein Anzeichen, dass irgendwas auf dem Parkplatz auf der anderen Seite des doppelten Hochsicherheitszauns vor sich ging.
    Keine umherschwirrenden Journalisten, keine Übertragungswagen. Vor ein paar Monaten, nicht lange nach seiner Überführung ins Staatsgefängnis von Florida, hatte Andritzky Details an die Presse heraussickern lassen. Es war der Versuch gewesen, genügend Öffentlichkeit zu erzeugen, dass es dem Staat peinlich würde und er Carl frei ließe. Die Taktik war ins Auge gegangen, da sich die Medien der Republik fast ausschließlich auf seinen Status als verdeckter UNGLA-Mitarbeiter sowie den Tod Gabriellas im Garrod-Horkan-Camp gestürzt hatten. Verbindungen zur UN, fruchtbarer Einfluss in jeder anderen Ecke des Globus, spielten hierzulande bloß direkt einer alten Paranoia in die Hände, die Washington seit der Sezession und auch davor schon genährt hatte. Und dabei half es auch nicht gerade, dass Cars Haut von der Farbe der tiefsten atavistischen Ängste der Republik war. Nachdem er durch den Technicolor-TV-Tropf gelaufen war, der hier die Rolle einer nationalen Nachrichtensendung übernommen hatte, war er bloß weiteres Wasser auf die Mühlen eines Regimes, dem einhundertfünfzig Jahre Bildschirm bereits in Fleisch und Blut übergegangen waren.
    Schwarz, männlich, in Untersuchungshaft, gefährlich.
    Für den Augenblick schien das den republikanischen Zwecken mehr als nur zu genügen. Weder Sigma noch die Leitung des Staatsgefängnisses waren bislang geneigt gewesen, Einzelheiten über Carls genetischen Status bekanntzugeben – wofür er gebührend dankbar war, denn bei der Zusammensetzung der hiesigen Insassen wäre das einem Todesurteil gleichgekommen. Außerhalb des verdammten Zellenblocks hätte sich eine Front gegen ihn aufgebaut, junge Männer wie Dudeck, jedoch jeglicher Rasse und Weltanschauung, die samt und sonders von einem generellen Hass erfüllt gewesen wären und Schlange gestanden hätten, sich gegen das Ungeheuer zu beweisen. Er wusste nicht so recht, warum sie die Information zurückhielten, denn sie mussten die Daten inzwischen haben. Es war kein Geheimnis, was er war, ein wenig Graben im Horkan-Garrod-Camp oder in den allgemeinen Aufzeichnungen der UNGLA oder sogar ein Fischzug acht Jahre zurück zu den Berichten über die Felipe Souza hätten die Sache ans Licht gebracht. Vermutlich waren die Medien in Jesusland vor der Sache zurückgeschreckt und hatten selbst in der Zeit geschuldeter Willfährigkeit der Regierung gegenüber die Schere im Kopf benutzt, aber den Grund hierfür konnte er sich einfach nicht ausmalen. Möglich, dass sie das Wissen als Waffe oder letztes Mittel gegen die UN zurückbehielten oder Angst vor einer umfassenden Panik hatten, wenn diese Sache an die Öffentlichkeit geriete. Oder vielleicht entwickelte sich nach wie vor im Schneckentempo ein Prozess im

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