Skorpione im eigenen Saft
erzählte ich ihm, dass ich den Druck, Teil eines Kommandos zu sein, nicht ausgehalten hätte. Anfangs gab er sich wütend und enttäuscht über mein wortloses Verschwinden nach dem gescheiterten Attentat, das uns auch noch Verluste beschert hatte. Er habe Befehl gegeben, mich zu suchen und » selbstverständlich lebend « z u ihm zu bringen, erklärte er mir. Dass ich aus freien Stücken kam, nahm der Sache die Spitze und entspannte die Situation.
Später, als wir allein waren, gestand mir Onkel Patxi im Vertrauen, dass er mein Verhalten nachvollziehen könne, da ich diese beiden Geistesgestörten Itxaso und José Luis Urruti hätte ertragen müssen.
» Die Sache wird langsam kompliziert, die Jungs sind ziemlich neurotisch, und man muss immer mehr Mumm haben, um zu kämpfen. Und du hast keinen Mumm, das ist klar. Du bist mein Neffe, stinkt mir schon, dass du nicht durchgehalten hast, denn ich war dein Fürsprecher, und wie steh ich jetzt da; aber so liegen die Dinge nun mal, daran ist nichts zu ändern … Ich werde für dich meinen Arsch hinhalten, das gibt bestimmt ’ ne Menge Ärger, vor allem mit diesem Dummkopf Pakito … Aber ich denke, das bin ich dir schuldig wegen dem Schlamassel, in den ich dich unfreiwillig gebracht habe. Geh in Frieden « – der ehemalige Seminarist machte sich bemerkbar – » und leb dein Leben mit dieser wunderbaren Französin, von der du erzählt hast … Ein bisschen neidisch bin ich ja schon, du Mistkerl … Aber bei mir sind die Würfel gefallen … Damit sind wir zumindest quitt; wir sind uns nichts mehr schuldig. «
Bevor wir uns trennten, überraschte er mich ein weiteres Mal, denn er zeigte eine menschliche Regung.
» Das Einzige, worum ich dich bitten möchte, ist eine Telefonnummer, unter der ich dich erreichen kann. Du bist mein einziger Verwandter, Carlos, und ich bin ziemlich einsam. Hier hab ich kaum Gesellschaft … Ich ruf dich irgendwann an, und wir verabreden uns zum Essen. Dann stellst du mir diese Frau vor, die es geschafft hat, dass du den Kampf für die Befreiung unseres Vaterlandes aufgegeben hast … Verdammt, lass dich umarmen, Junge. «
Ihn zu umarmen löste weniger Widerwillen in mir aus, als ich angenommen hatte. Ich hatte aufgehört, ihn zu hassen, ich war geheilt und dachte nur an meine Zukunft mit Françoise.
35
I n den Jahren mit Françoise lernte ich richtig kochen und entdeckte so meine Berufung. Dominique, ihr Vater, der nichts gegen unser Verhältnis einzuwenden hatte und ein guter Freund wurde, brachte mir alles bei, was er wusste, und das war nicht wenig.
Dominique Lenteur war ein vitaler Mann in den Sechzigern mit einem großem Herz. Ein alter Linker mit dem Mitgliedsausweis der Kommunistischen Partei, der im Zweiten Weltkrieg auf einem Panzer der Division Leclerc in Paris eingefahren war.
Er war Witwer. Françoises Mutter war vier Jahre zuvor an einer seltenen degenerativen Nervenkrankheit gestorben. Es gab noch einen Sohn, doch der lebte in Argentinien.
Er war ein Schlitzohr; er hatte eine Freundin und heimlich zwei Geliebte. Er hatte großes Vertrauen zu mir gewonnen und machte mir diese Art von Geständnissen. Ich war ein wenig zurückhaltender; wie ich fand, genügte es, dass ein Mitglied der Familie Lenteur mein Elend kannte.
Dominique war Schüler des großen Paul Bocuse in seinem berühmten Restaurant in Lyon gewesen. Bocuse, der Apostel der jahreszeitbedingten Küche, einer der wichtigsten Erfinder der nouvelle cuisine (an die nich t e inmal er selbst glaubte) und ausgezeichnet mit nicht weniger als drei Michelin-Sternen.
Dominique vermittelte mir den Kern der Meisterdoktrin: frische Grundnahrungsmittel je nach Jahreszeit verwenden, ihre Struktur und ihren natürlichen Geschmack erhalten und durch kurze Garzeiten und leichte Soßen unterstreichen, und diese Prinzipien ebenfalls auf die traditionelle Küche anwenden.
Durch ihn lernte ich die Foie als exquisite und leicht zu kombinierende Delikatesse schätzen und die Austern zu lieben, eine Leidenschaft, die ich mit Ihnen teile.
Er führte mich ein in die Welt des Weins, vor allem die des Bordeaux, was nahe liegend war.
Die erste Flasche, die wir gemeinsam tranken, habe ich noch in bester Erinnerung: ein Château Pape-Clémente, der beste Rotwein von Graves, begleitet von einer köstlichen Jungente mit lauwarmer Foie und Trüffeln, die man erstickt hatte, damit sie kein Blut verlor, wie es der Meister Fréderic vom Restaurant La Tour D ’ Argent empfahl.
Er brachte mir
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