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Skorpione im eigenen Saft

Skorpione im eigenen Saft

Titel: Skorpione im eigenen Saft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Bas
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schließlich bei, das Kochen als einen Akt der Kreativität anzusehen, bei dem die Phantasie gebremst wird vom gesunden Menschenverstand und stimuliert wird von einer unerschöpflichen Neugier und einem Schuss Wagemut.
    Er pflegte zu sagen:
    Wenn nach tausend Experimenten, die im Abfalleimer landen, das nächste etwas Bemerkenswertes und Neuartiges ist, dann herzlichen Glückwunsch zur gelungenen Geburt … Doch sollten wir uns nichts darauf einbilden; vergiss nicht, dass es fast nichts Neues in der Küche gibt, wir stehen auf den Schultern von Riesen. Ih m g efiel ein Satz, der sowohl Charles Monselet als auch Brillat-Savarin zugeschrieben wird und den er eingerahmt im Restaurant aufgehängt hatte:
     
    D IE ENTDECKUNG EINER NEUEN KÖSTLICHKEIT
    TRÄGT MEHR ZUM GLÜCK DER
    MENSCHLICHEN GATTUNG BEI
    ALS DIE ENTDECKUNG EINES PLANETEN
     
    D ominique gestattete mir, als Hilfskoch in seinem Restaurant zu arbeiten, mich am Geschäft zu beteiligen und sein Partner zu werden. Wir kauften das angrenzende Gebäude und erweiterten das Lokal. Hinzu kam, dass diese Gegend von Bordeaux, der Quai Louis XVIII. , langsam in Mode kam, und das Geschäft lief ausgezeichnet.
    Mein erstes kulinarisches Wagnis wurde von meinem Lehrmeister lakonisch als une merde bezeichnet. Ich hatte meiner Kreation den angeberischen Namen Foie Scipio gegeben, zu Ehren von Scipio Metellus, des Römers, dem man die Erfindung der ersten Delikatesse zuschreibt, die aus gegrillter Leber, übergossen mit Portwein und bestrichen mit einer Feigenkonfitüre bestand (er stopfte die Gänse mit Feigen – auf lateinisch ficus, der Ursprung des Wortes Foie –, bis ihre Lebern wucherten).
    Angesichts eines üppigen Salats aus Brunnenkresse, mit Knoblauch, Spargel und Stückchen von mariniertem Wildlachs, sagte er zu mir:
    » Rokoko, überflüssig, unsinnig … Was hat dir dieser arme Lachs getan, dass du ihn mit der Gesellschaft von Brunnenkresse quälst? Und was die Salatsoße angeht, möchte ich die Worte von Alfred Suzanne zitieren, der gesagt hat, um einen Salat zu würzen, braucht man vie r v erschiedene Charaktere: einen verschwenderischen für das Öl, einen geizigen für den Essig, einen weisen für das Salz und einen verrückten, der ihn mischt. «
    Das erste Gericht, das nicht in der Mülltonne landete und das ich teilweise als meine eigene Kreation betrachtete, war sehr schlicht, doch irgendwie bemerkenswert: ein Püree aus Linsen und Kastanien mit Croutons. Bestimmt erinnern Sie sich daran, dass es einmal auf der Karte unseres Lokals stand; es wurde in einer Cappuccinotasse serviert.
    36
    E nde des Sommers 1985 rief Onkel Patxi an. Am 25. September hatte er Geburtstag, und er wollte zur Feier des Tages Fréderic und mich in Bayonne zum Essen ausführen.
    Diese Einladung war wie ein Schlag in die Magengrube, doch wagte ich es nicht, seinen Unmut zu wecken, indem ich ablehnte.
    Wir verabredeten uns wie beim ersten Mal in der Bar Zelata in Petit Bayonne.
    Ich nahm die Pistole mit.
    Onkel Patxi erschien mit einem neuen Leibwächter, den er uns wie selbstverständlich als einen Freund vorstellte. Er war Fréderic gegenüber ausgesprochen charmant, pries ihre Schönheit und wiederholte immer wieder, wie sehr ich doch zu beneiden sei.
    Wir standen im Kreis am Tresen und stießen mit einem weißen Château Carbonnieux auf den Geburtstag des ETA -Mitglieds an.
    Zu dem Zeitpunkt waren wir die einzigen Gäste.
    Als ich sie hereinkommen sah, brauchte ich eine Sekunde zu lang, um zu kapieren, was passieren würde; eine verhängnisvolle Sekunde zu lang.
    Françoise und ich standen mit dem Rücken zum Eingang, obwohl ich in diesem Moment gerade nach draußen schaute; uns gegenüber standen Onkel Patxi und sein Beschützer, die damit beschäftigt waren, ihre Gläser zu leeren.
    Es waren zwei Männer mit von Feinstrümpfen entstellten Gesichtszügen.
    Der Leibwächter stellte sich schützend vor Tartalo, doch ihm blieb gerade noch Zeit, sein Glas loszulassen und seine Hand zum Achselhalfter zu führen.
    Sie schossen schon am Eingang los, zwei lange Salven aus Uzi-Maschinenpistolen.
    Ich umschlang Françoise und spürte wie ihr Körper unter den Einschüssen vibrierte; sie zitterte wie das eine Mal, als wir eng umschlungen auf dem Land spazieren gegangen waren, das Wetter umgeschlagen und sie furchtbar gefroren hatte.
    Ich sah, wie die breite Brust des Leibwächters von einer dichten Reihe von Löchern zerfetzt wurde.
    Ohne Françoise loszulassen, zog ich mit der Rechten

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