Skorpione im eigenen Saft
das ich mich verliebt hatte, als ich sie hinter der Ladentheke stehen sah, und dass außerdem der Eindruck, das könnte die Frau meines Lebens sein, kein Irrtum war.
Im Dezember gab ich das Hotelzimmer auf und zog in ihre gemütliche Wohnung in der Rue Bonnier, die zwischen Bäckerei und Restaurant lag.
Im Februar 1981, kurz nach dem gescheiterten Staatsstreich in Spanien und der Bekanntgabe des politischmilitärischen Arms der ETA, den bewaffneten Kampf aufzugeben, überzeugte ich sie davon, mich einen größeren Anteil unseres Lebensunterhalts bestreiten zu lassen und die Arbeit in der Bäckerei aufzugeben, damit wir mehr Zeit füreinander hätten.
Ich erzählte ihr all die sonderbaren und schlimmen Wechselfälle meines Lebens von Anfang bis Ende, ohne irgendetwas auszulassen oder Angst zu haben, dass sie die Erkenntnis, mit einem Mörder zusammenzuleben, mit solchem Entsetzen erfüllte, dass sie mich verlassen würde.
Es geschah auch nicht.
Es war nicht leicht für sie, doch sie akzeptierte es, akzeptierte den vor Hass kranken Mann, der ich bis dahin gewesen war; sie akzeptierte es vor allem, weil ihr bewusst war, dass sie aus mir einen anderen Menschen machen konnte.
Während der ersten Monate hatte meine Impotenz, die mich bei schlanken Frauen befiel, die Oberhand, und ich konnte nicht mit ihr schlafen.
Mit Zeit, Geduld, Zärtlichkeit und viel erotischer Kennerschaft heilte sie mich sogar von meinem vorzeitigen Orgasmus, und wir waren die wunderbarsten und zufriedensten Liebhaber der Welt.
Klingt das in Ihren Ohren zu harmonisch und idealisiert, um glaubwürdig zu sein? Kann sein, dass ich ein wenig übertreibe und dass es auch dunkle Seiten gab, wie bei allen Paaren; mir fällt allerdings keine ein. Meine Erinnerung diktiert mir nach fünfzehn Jahren diese schwärmerischen Worte.
Aus eigenem Antrieb hörte ich auf zu rauchen (die Diagnose eines Arztes, der einen Blick auf meine Lung e g eworfen hatte, half mir bei der Entscheidung), ich trank nicht mehr so viel und rasierte mir den Bart ab, das körperliche Symbol meines Kreuzzuges.
» Das war 1 962, vor beinahe zwanzig Jahren … Sie umzubringen, gibt dir die verlorene Zeit nicht zurück und wird dich nur noch unglücklicher machen, es wird dich zerstören. Und es wird unser Leben kaputtmachen … Ich will dich nicht verlieren, ich will nicht, dass es aufhört «, sagte sie zu mir, bevor sie mit mir schlief, wie es nur eine verliebte Frau tut.
Der Schritt fiel mir nicht leicht; dreizehn Jahre waren es gewesen, in denen ich aus der dunklen Vorhölle heraus die Rache geplant hatte, und mehr als fünf, die ich mit Leib und Seele dabei gewesen war, sie zu verüben. Doch sobald ich mich durchgerungen hatte, verschwand alles wie der Nebel bei Sonnenschein.
Obwohl ich nicht gläubig bin, bat ich den Geist meines Vaters um Verzeihung; und danach war ich ganz einfach befreit. Es war, als ließe ich einen Klumpen Metall los, der aufgrund seines eigenen Gewichts herabfiel, so als hätte ich die Kugel und die Kette, die ich Tag und Nacht mit mir herumgeschleppt hatte, ins Meer geworfen und sie wären auf den Grund des Vergessens gesunken.
Ich hatte mich noch nie so gut gefühlt wie nach dieser Entscheidung.
Nachdem diese Hürde genommen war, blieb Françoise die Sorge, dass ETA mich ausfindig machen und für meine Flucht aus Madrid bestrafen könnte.
Ich hatte es natürlich während der gesamten Zeit vermieden, mich auch nur in die Nähe von Saint-Médard zu begeben, wo die Wohnung war.
Françoise riet mir, mit meinem Onkel zu sprechen un d i hn zu bitten, mich zu vergessen; einfach so, mit den besten Absichten.
Obwohl es noch fünf Jahre dauern sollte, bis jenes schreckliche Exempel statuiert wurde, indem Artapalo den Befehl gab, Yoyes zu exekutieren, eine ehemalige Anführerin von ETA, die sich dem Wiedereingliederungsprogramm der Regierung angeschlossen hatte und in Gegenwart ihres dreijährigen Sohnes ermordet wurde, hatte ich Angst, in Bordeaux irgendwann eine Kugel verpasst zu bekommen.
Ich beschloss, auf meine Freundin zu hören, und fuhr nach Saint-Barthélémy; ich hatte die Knarre, die ich nicht hergegeben und die Françoise nicht gesehen hatte, im Hosenbund stecken.
Vielleicht würden sie mir eine Kugel verpassen wollen, weil ich in die Höhle des Löwen zurückkehrte.
Doch ich hatte Glück, alles lief überraschend glatt. Ich wurde nicht einmal abgetastet, als ich hineinging.
Onkel Patxi hörte sich an, was ich zu sagen hatte.
Als Erstes
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