Skulduggery Pleasant 6 - Passage der Totenbeschwörer
presste sich an ihn.
»Aber dankt man mir vielleicht dafür?«, fuhr Vex fort. »Bekomme ich dafür wenigstens ein anerkennendes Nicken? Nein, bekomme ich nicht. Ein Glück, dass ich nicht auf die Anerkennung durch andere Leute angewiesen bin, um mich gut zu fühlen. Aber helfen würde es schon.«
Grässlich tauchte wieder zwischen ihnen auf. »Beklagst du dich immer noch deshalb?«
»Ich beklage mich nicht«, korrigierte Vex, »ich artikuliere lediglich mein Missfallen.« Er runzelte die Stirn. »Übrigens, und jetzt mal ohne Spaß: nenne ich dich Grässlich oder Ältester Schneider?«
»Du kannst mich nennen, wie du willst.«
Vex nickte. »Danke, Gladys. Wo ist eigentlich Shudder heute Abend? Erzähl mir nicht, dass dieses arme Schwein allein in seinem Hotel hockt, während hier eine Party abgeht.«
»Genau so ist es aber«, erwiderte Grässlich. »Du weißt doch, dass Anton nichts von Smalltalk hält.«
»Hast du mir nicht einmal gesagt, der Mann würde mit den Jahren umgänglicher?«
»Damit lag ich offensichtlich falsch«, gab Grässlich zu. Vex lächelte unvermittelt. »Erinnerst du dich noch, wie Larrikin ihn immer aufgezogen hat? Wir saßen herum und haben in einem Graben oder so gewartet, bis der Befehl zum Angriff kam. Keinem war nach Scherzen zumute, alle waren angespannt, der Feind war gerade mal einen Steinwurf entfernt ... und dann hat Larrikin Shudder etwas ins Ohr geflüstert. Erinnerst du dich?«
Ein Grinsen breitete sich auf Grässlichs Gesicht aus. »Ich erinnere mich an Shudders Geburtstag.«
Vex lachte und Walküre musste einfach mitlachen, weil es so ansteckend war.
»Wir hatten uns irgendwo in Frankreich verschanzt«, erzählte Grässlich. Vex prustete bei der Erinnerung schon vor Lachen. »Es war, ich weiß es nicht mehr genau, um 1850 oder so. Wir waren vollzählig, alle sieben Toten Männer - Skulduggery, Larrikin, Dexter, Hopeless, Saracen, Shudder und ich. Seit drei Tagen hatten wir uns nicht vom Fleck bewegt. Außer Skulduggery waren wir alle durchgefroren, durchnässt und am Verhungern. Jedenfalls beschloss Larrikin am dritten Tag, dass Shudder Geburtstag hätte, und ließ sich durch nichts davon abbringen. Shudder konnte machen, was er wollte.«
»Das Problem war«, erzählte Vex weiter, »dass es bald losgehen sollte. Tagelang hatten wir eine Einheit von Mevolents Männern verfolgt und wir mussten sie ausheben, ohne dass die Wachen sie warnen konnten. Und in dieser Situation bestand Larrikin plötzlich auf einer Geburtstagstorte und einem Lied. Während wir anderen uns das Lachen verkneifen mussten, nahm Shudder die Sache ernst. Er konnte nicht verstehen, weshalb Larrikin etwas so Gefährliches tun wollte.«
Jetzt nahm Grässlich den Faden wieder auf. »Wir saßen da in dem Loch, das wir uns gebuddelt hatten. Der Wind heulte und es regnete und Larrikin rückte dicht an Shudder heran und versuchte immer wieder, ihn zu umarmen.«
»Und Shudder ist kein Umarmer«, warf Vex ein.
»Es wurde ein ausgesprochen stiller Ringkampf daraus«, fuhr Grässlich lächelnd fort. »Sie wälzten sich im Dreck, Larrikin mit diesem breiten Grinsen auf dem Gesicht und Shudder mit seiner stillen Wut.«
»Shudder konnte schließlich einen Würgegriff anbringen«, berichtete Vex weiter. »Larrikin begann in seinen Kleidern nach etwas zu suchen. Er wurde bereits blau im Gesicht, lächelte aber immer noch. Und dann brachte er ein Rosinenbrötchen zum Vorschein.«
Walküre lachte. »Ein Rosinenbrötchen?«
»Ein sehr zerdrücktes Rosinenbrötchen«, bestätigte Grässlich. »Fast nur noch Krümel. Da hielt nichts mehr zusammen. Er hatte es seit Tagen in seiner Tasche versteckt. Und mit seiner anderen Hand steckte er eine Kerze hinein.«
»Es war das einzige Mal, dass ich Shudder während einer Mission der Toten Männer hab lächeln sehen«, berichtete Vex mit glänzenden Augen. »Das war ein guter Tag.«
»Deshalb waren wir so erfolgreich«, ergänzte Grässlich etwas stiller.
Walküre sah ihn an. »Bei dieser Mission?«
»Wie? Nein, nein. Die Mission war lediglich eine Mission, die letzte in einer langen Reihe. Nein, der Grund unseres Erfolges lag in solchen Freundschaftsbezeugungen. Sie nannten uns die Toten Männer, weil sie meinten, wir hätten keine Angst vor dem Sterben. Und Mevolents Truppe? Sie wollten die Gesichtslosen zurückbringen. In erster Linie aber wollten sie dabei sein, wenn es soweit war. Weshalb sollten sie das auch alles auf sich nehmen, wenn sie ihren Erfolg nicht mehr
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