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SLAM (German Edition)

SLAM (German Edition)

Titel: SLAM (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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Karim doch, dass er ins Büro musste. So gerne hätte er noch weiter den Vät ern und ihren Söhnen zugeschaut; vielleicht würde sich ja dann endlich bei ihm ähnliche Freude einstellen, wie es bei Soli der Fall war. Insgeheim beneidete er Soli darum, der sich ohne störende Gedanken einfach nur auf das freute, was direkt vor ihm lag . Jetzt sollte der gemeinsame Sohn ihre Partnerschaft krönen. Karim spürte allerdings, dass mehr hinter dem verzweif elten Wunsch nach einem Kind steckte. Soli wollte ihn sorgenfrei, faltenfrei. Er war nicht der Mensch, der schwere Gedanken mit sich herumtrug, die ihn jederzeit bremsen und lähmen konnten. Er wollte nichts ergründen, nichts erforschen , und in seinem Leben hatte es, soweit Karim sich daran erinnern konnte , noch keine Situation gegeben, wo für ihn eine Frage im Raum gestanden hätte, die er nicht beantworten konnte. Soli liebte alles und jeden und hinterfragte niemals. Im Grunde passt e er damit hervorragend zu ihm , er riss ihn aus seinen Gedanken mit in die Sorglosigkeit, die Karim sich so sehr wü nschte, aber doch niemals fand.
    Auf seinem Weg ins Büro gab es eine Stelle, die Karim nicht mocht e. Der Al Hamra Boulevard, eine der größten Straßen der Stadt, war nicht zu Fuß zu übe rqueren. In Viererreihen glitten die Fahrzeuge vor den Fußgängern in einem ständigen Strom, der auch in der Nacht niemals abriss . Hier einfach über die Straße zu gehen, wäre Selbstmord gewesen, aus diesem G rund gab es Unterführungen in Abständen von hundert Meter n . Karim kannte sie alle, er mochte keine von ihnen. Wenn das Licht verschwand und seine Schritte auf dem kalten Betonboden widerhallten , überkam ihn ein merkwürdiges Gefühl, das er nicht einordnen konnte. Seine Füße wollten schneller gehen, sein Herz begann zu rasen, seine Hand krallte sich in den Griff seiner Aktentasche u nd sein Blick wanderte nach unten . Er versuchte diese Passage immer so schnell wie möglich hinter sich zu lassen, dabei war nichts, aber auch gar nichts an diesen Unterführungen, das ihm hätte Angst einjagen müssen. Tageslicht wechselte nahtlos zu künstlicher Beleuchtung, die von unsichtbaren Lampen, genannt » Nūr « , gel iefert wurde. Sie waren wie der Rest der Stadt sauber, leise , und Musik legte sich beruhigend übe r hallende Schritte. D ie Luft hier unten war angene hm und roch sogar ein wenig frischer als oben . Karim fühlte sich dennoch nicht wohl, wenn er hier h erunter musste, für ihn war es nur erträglich, wenn mit ihm viele Menschen die Unterführung nutzten. Heute hatte er Glü ck, gemeinsam mit ihm standen D utzende Männer auf der lautlos in die Tiefe gleitenden Treppe. Schnell durch querte er das ihm so unangenehme S tück Tunnel und atmete auf, als er die Strahlen der Herbstsonne auf der anderen Straßenseite wieder spürte.
    BEY, der Zentralarchivar, war Karims Arbeitsplatz. War ein Schüler begabt und fleißig, hatte er gute Chancen, hier seinen Platz zu finden, wo die Geschichte der Nation gehütet wurde, die Fäden der Kommunikation zusammenliefen und alle Entscheidungen getroffen wurden, um die Gesellschaft im Namen des Allmächtigen friedfertig und reibungslos funktionieren zu lassen. Karim war so ein Schüler gewesen. Seinen Platz bei BEY würde er s ein Leben lang behalten . Karim half BEY bei der Bewältigung der immensen Informationsströme, die sich durch die globale Kommunikation wie ein unsichtbares und doch für ihn gleißendes Netz um den Erdball spannten. Die Luft des Großraumbüros roc h steril. In ihren Büroboxen waren die Angestellten von allen Geräuschen abgeschirmt, um sich ganz auf ihre Aufgabe, dem Arbeiten für BEY, konzentrieren zu können. Die Büroboxen waren mehr als mannshoch und nach oben offen. Karim konnte keinen seiner Kollegen sehen, selbst wenn sie während des Arbeitens aufstanden und, wie er selb st es oft tat, unruhig in dem ihnen zugeteilten Raum herumliefen. Die Wände der Halle, in der sich die unzähligen Büros befanden, waren schmucklos, glatt poliert in nebligem Grau. Die hohe Decke wurde erhellt von unzähligen Lic htpunkten, Projektionen der Touch-Holo schirme, die in nahezu jeder Box geöffnet waren. Am Muster an der Decke konnte man erkennen, welcher Ko llege gerade nicht anwesend war; sein Lichtpunkt fehlte im Firmament und produzierte eine Art schwarzes Loch in einem Meer von Sternen. Das Deckenfirmament schillerte von grellem Gelb bis hin zu warmem, dunklem Rot, m al flackerte einer seiner Punkte und

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