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Slow Travel: Die Kunst Des Reisens

Slow Travel: Die Kunst Des Reisens

Titel: Slow Travel: Die Kunst Des Reisens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Kieran
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Kinkerlitzchen, die extra dafür entwickelt wurden, einen zu ködern, Euros ins Land zu bringen.
    Ich verließ zusammen mit den einheimischen Reisenden den Bahnhof, und wenige Minuten später hatte ich mich unter die Pendler gemischt, die die Seine überquerten. Aus dem Fenster der Métro konnte ich eben noch einen Blick auf die Rückseite von Notre-Dame erhaschen, bevor ich mich in der Abendsonne auf den Stufen des Gare d’Austerlitz wiederfand. Vom Gare d’Austerlitz fährt jeden Abend um 19.45 Uhr der Elipsos-Hotelzug nach Madrid ab. Es ist eine Fahrt von ca. 1500 Kilometern, die 13 Stunden dauert, für eine Hin- und Rückfahrt zahlt man 100 Pfund. Wenn einem das Geld locker sitzt, kann man für 700 Pfund ein Erste-Klasse-Abteil für zwei Personen nehmen, das eine eigene Duschkabine hat. Außerdem kann man im Speisewagen zu Abend essen, so viel Wein trinken, wie man will, und bekommt am Morgen ein warmes Frühstück, alles inklusive.
    Die Passagiere, die in der Warteschlange für den Elipsos-Hotelzug stehen, haben sich über die Jahre verändert – sie sind viel jünger geworden. Es gibt noch immer zahlreiche gut gekleidete alte Damen, Interrailer und einige entspannt wirkende Anzugträger, aber mittlerweile sieht man auch viele junge Familien. Es ist wirklich eine zauberhafte Art zu reisen, aber verlassen Sie sich dabei nicht nur auf mein Wort. Im Durchschnitt ist der Zug das ganze Jahr lang zu 87 Prozent belegt. Wenn Sie im Sommer oder während der Schulferien fahren wollen, müssen Sie bis zu drei Monate im Voraus reservieren, doch auf diese Weise bekommt man auch die günstigsten Tickets. Wenn Sie Glück haben (undIhr Ticket beim Callcenter der Deutschen Bahn in Großbritannien buchen), bekommen Sie einen kombinierten Erste-Klasse-Fahrschein für die gesamte Reise von jedem Punkt in Europa für den Preis eines Flugtickets.
    Das Gefühl von gespannter Erwartung ist zunächst noch mit Nervosität vermischt – einen Nachtzug zu verpassen kann ziemlich ärgerlich sein, vor allem, wenn man kleine Kinder dabeihat –, doch sobald man eingestiegen ist und sein Abteil sicher erreicht hat, breitet sich auf all den angespannten Gesichtern ein kollektives Grinsen aus. Man wird vom Zugbegleiter begrüßt, der die Pässe einsammelt (damit man an der spanischen Grenze nicht geweckt werden muss), dann wird man gefragt, wann am Abend die Sitze im Abteil zu Etagenbetten umgeklappt werden sollen und ob man zum Abendessen im Speisewagen reservieren will. Für meinen Sohn besteht der schönste Teil der Ferien aus dem »Schlafzug«, wo immer wir auch hinfahren. Es muss an der Kombination aus den unüblichen Snacks, den Etagenbetten und der ungewohnten Aussicht aus dem Fenster liegen. Außerdem gibt es keine feste Schlafenszeit. Jeder verfällt in seinen eigenen Rhythmus. Mütter und Väter können eine Pause einlegen, weil kleine Kinder nicht davonlaufen und Ärger anzetteln können. Gelegentliche Ausflüge zum Speisewagen machen Spaß, vor allem gegen Abend, ansonsten bleibt man herrlich unbehelligt in seinem Abteil und kann sich auf eine Weise entspannen, wie es in einem Flugzeug niemals möglich wäre.
    Dieses Mal teilte ich mir mit Fremden ein Standardabteil mit vier Schlafkojen. Ich war als Erster da, und als meine Mitreisenden eintrafen, tauschten wir ein höfliches Lächeln aus. Ein stark tätowierter Mann mit einer Bierdose und ein allein reisender Junge von etwa 15 oder 16 kamen nach mir. Der Junge wirkte nervös und fing sofort an, mitseinem Gameboy herumzuspielen. Der ältere Mann bot mir ein Bier an. Ich nahm es und zeigte ihm die vier Dosen, die ich unter meinem Sitz verstaut hatte. Er lachte, als ich ihm eines von meinen offerierte, nahm es und lehnte sich brummelnd zurück, bevor er mir mehrmals aufs Knie schlug. Es ist immer ratsam, auf irgendeine Weise das Eis zu brechen, wenn man mit Fremden einen Liegewagen teilt. Nicht aus Gründen der Sicherheit, sondern zur eigenen Entspannung. Wenn man gleich zu Anfang ein Lächeln und einige Worte austauscht, fühlt man sich im Verlauf der Reise viel wohler in ihrer Gesellschaft. Häufig sind es Studenten auf einem Interrail-Trip, und fast immer sprechen sie Englisch, was praktisch und auch ein bisschen beschämend ist. Holprige Gespräche mit Fremden machen einen großen Teil des Vergnügens aus. Es ist unglaublich, was man alles aus Gesten, Mimik und überdeutlichen Handzeichen herauslesen kann.
    Ich sah mich im Abteil um. Es war alt und etwas abgenutzt, aber gut

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