SMS - Sarah mag Sam
der größer und erwachsener aussieht, der nicht nur Kumpel ist, sondern bei dem ich Schmetterlinge im Bauch bekomme, schlimmer noch als bei Sam.
Wir küssen uns ganz schüchtern, Paul sieht mich fragend an, aber ich versuche ein aufmunterndes Lächeln, denn ich will noch gar nicht aufhören und schon gar nicht will ich jetzt darüber reden.
Als wir Hand in Hand zurückgehen, denke ich an das, was Cibel einmal gesagt hat. Sie will nur einen Jungen küssen, den sie schon länger kennt, mit dem sie etwas gemeinsam hat. Cibel hat recht, denke ich. Es gefällt mir, dass wir uns schon so gut kennen. Ich muss mich nicht verstellen. Paulkennt mich auch doof – wie bei der Sache mit Sam, er kennt mich hässlich, wenn ich morgens verpennt in die Küche komme oder wenn ich heule, er kennt mich wütend, wenn ich mit meinem Bruder streite, und beleidigt, wenn ich mich mit seiner Schwester verkrache. Ich kann so sein, wie ich bin, Paul mag mich genau so. Ich habe erst ein bisschen gebraucht, bis ich gemerkt habe, wie sehr ich ihn mag. Aber ich habe eben eine lange Leitung.
Als ich das sage, muss Paul lachen.
»Ich mag sogar deine lange Leitung an dir«, behauptet er und sieht dabei ganz überzeugend aus.
Vor unserem Hoftor sieht er mich fragend an. Anscheinend traut er sich nicht, mich hier zu küssen. Ich drücke ihm einen schnellen Kuss auf die Nase, dann gehe ich zur Haustür.
»Ich hoffe, mir fällt noch was ein«, sagt er zum Abschied.
Ich weiß gar nicht, was er meint, aber er erinnert mich dran.
»Wie du Sam ärgern kannst.«
Ich bin ganz irritiert, denn ich hatte Sam total vergessen. Seit Stunden habe ich nicht mehr an ihn gedacht. Die schnellste Heilung von Liebeskummer, die ich kenne. Dank Dr. Paul.
Über Schatten springen
Am nächsten Morgen piept um sieben Uhr nicht nur mein Wecker, sondern auch das Handy. Es ist eine SMS von Paul. Kann ich dich anrufen?, fragt er. Klar kann er.
»Ich hab eine Idee«, sagt er. »Wir packen Sam bei seiner Eitelkeit. Er hat sich über dich lustig gemacht. Wenn du das umkehrst, das würde ihn mehr ärgern als alles andere.«
Ich verstehe das nicht so ganz, aber ich bin ziemlich spät dran und deshalb verspricht mir Paul, mich gleich abzuholen und mir auf dem Schulweg alles zu erklären.
»Wenn du ein richtig hässliches Teil hättest«, sagt er noch schnell am Telefon. »Ein Geschenk, das du schon immer loswerden wolltest, ein rosa Plüschtier von der schlimmsten Sorte oder so – dann bring’s mit.«
Ich bin in Eile, krame in meinem Zimmer herum und werde fündig. In einer der Schubladen liegt eine Modekette, die an Scheußlichkeit tatsächlich kaum zu überbieten ist. Jede Menge goldene Plättchen, die so ähnlich aussehen wie Taler und bei jeder Bewegung klirren und klimpern, überhaupt unglaublich viel Gold und Glitzer, ich weiß gar nicht, wie das Ding in meinen Besitz gekommen ist. Ich stecke es ein, laufe hinunter in die Küche.
»Du bist spät dran«, sagt meine Mutter mit Blick auf dieUhr. Ich sehe draußen schon Paul mit dem Fahrrad vorfahren.
»Dann tschüss«, rufe ich und nehme mir noch ein Stück Brot, denn meine Mutter mag es gar nicht, wenn ich ohne Frühstück aus dem Haus gehe. Sie sieht mich verwundert an.
»Vor den Ferien Sam, nach den Ferien Paul?«
»Männermordendes Monster«, grinst Marc, aber damit kann er mich heute nicht treffen. Ich strecke ihm die Zunge raus und verschwinde.
Wir fahren langsam nebeneinander zur Schule, Paul und ich. Nein, kein Kuss. Irgendwie war ich zu schüchtern, wohl wissend, dass mein Bruder und meine Mutter neugierig aus dem Fenster sahen. Ich weiß auch nicht: War das gestern eine einmalige Sache oder was soll das jetzt werden? So ganz klar ist das nicht und ich glaube, Paul geht es genauso.
Während wir fahren, erklärt Paul mir seinen Plan. Ich finde ihn gut. Schlecht daran ist nur, dass ich da ganz alleine durch muss. Wenn es klappt, wird Sam sich grün und blau ärgern. Wenn es nicht klappt, dann blamiere ich mich eben noch mal. Macht nichts. Das Risiko nehme ich in Kauf. Paul sagt, vor ihm kann ich mich nicht blamieren. Ihm ist lieber, ich wehre mich und lasse mir von Sam nicht alles gefallen, so wie die anderen Mädchen.
Ich stehe im Schulhof und warte auf Sam. Paul lehnt an der Wand, ein paar Meter weg. Immer wenn mir mulmig wird, sehe ich ihn an und er lächelt mir aufmunternd zu. Sonst wäre ich schon längst weggelaufen.
Cibel kommt auf mich zu. Auch Lili, Jenny und Carla biegen um die Ecke, aber
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