Sniper
mit geschlossenen Veranden, geräumigen Zimmern und einem großen Kamin, der Körper und Seele wärmte.
Weil ich ein einfacher Rancharbeiter war, war meine Unterkunft natürlich etwas bescheidener. Ich hatte das, was man gemeinhin eine Schlafbaracke nennt, die nur etwas größer war als das Bett. Sie war ungefähr zwei mal vier Meter groß, und mein Bett nahm den meisten Platz darin ein. Es gab keinen Platz für eine Kommode, alle meine Kleidungsstücke, einschließlich der Unterwäsche, musste ich an einer Stange aufhängen.
Außerdem waren die Wände nicht isoliert. Zentraltexas kann im Winter ganz schön kalt sein, und obwohl der Gasofen lief und zusätzlich ein elektrischer Heizer neben dem Bett aufgestellt war, pflegte ich in meiner Kleidung zu schlafen. Aber das Schlimmste war, dass es unter dem Fußboden kein Fundament gab. Ich führte einen Kleinkrieg mit Waschbären und Gürteltieren, die es sich direkt unter meinem Bett gemütlich machen wollten. Die Waschbären waren streitlustig und aggressiv; ich musste an die 20 erschießen, bis bei ihnen schließlich der Groschen fiel und sie begriffen, dass sie unter meiner Schlafstatt nicht willkommen waren.
Ich fuhr zunächst Traktoren und pflanzte im Winter Weizen für das Vieh. Dann übernahm ich die Fütterung der Rinder. Als David schließlich zu der Überzeugung gelangt war, dass ich wohl bleiben würde, übertrug er mir verantwortungsvollere Aufgaben. Er erhöhte meinen Lohn auf 400 Dollar im Monat.
Wenn mein letztes Seminar gegen 14 Uhr zu Ende ging, fuhr ich hinüber zur Ranch. Dort arbeitete ich bis Sonnenuntergang, danach lernte ich und ging schlafen. Am Morgen fütterte ich als Allererstes alle Pferde und ging dann zum Unterricht. Der Sommer war das Beste, denn dann konnte ich von 5 Uhr morgens bis 9 Uhr abends im Sattel sitzen.
Schließlich wurde ich ein sogenannter Zweijahresmann, ich trainierte speziell fürs Viehtreiben geschulte Pferde und machte sie bereit für die Auktion. Diese sogenannten Cutting Horses helfen den Cowboys dabei, Kühe von der Herde zu trennen. Als Arbeitstiere sind sie enorm wichtig für eine Ranch und ein gutes Pferd kann viel Geld einbringen.
Erst hier lernte ich wirklich, mit Pferden umzugehen; und ich wurde viel geduldiger. Wenn man bei einem Pferd die Geduld verliert, kann man es dauerhaft ruinieren. Deshalb disziplinierte ich mich selbst dazu, mir Zeit zu lassen und sachte mit ihnen umzugehen.
Pferde sind wahnsinnig intelligent. Sie lernen schnell – wenn man es richtig macht. Man zeigt ihnen eine Kleinigkeit, gönnt ihnen eine Pause und wiederholt das Gezeigte ein zweites Mal. Wenn ein Pferd etwas Neues lernt, leckt es seine Lippen. Auf dieses Zeichen achtete ich. Man beendet die Lektion mit etwas Positivem und macht am nächsten Tag weiter.
Natürlich dauerte es eine ganze Weile, bis ich all dieses Wissen erworben hatte, und es gab immer wieder auch Fehlschläge. Immer wenn ich Mist gebaut hatte, ließ mich David das auch spüren. Er fuhr mich sofort an und beschimpfte mich aufs Übelste. Aber ich trug es ihm nie nach. Ich dachte mir nur: Ich weiß, ich kann’s besser und ich werde es dir beweisen .
Genau diese Einstellung ist zufällig genau das, was man braucht, um ein SEAL zu werden.
Ein »Nein« von der Navy
Da draußen in den weiten Landstrichen hatte ich viel Zeit und Platz, um über meine Zukunft nachzudenken. Lernen und Seminare besuchen waren nicht meine Welt. Nachdem meine Rodeokarriere zu Ende gegangen war, beschloss ich, das College abzubrechen, mit der Rancharbeit aufzuhören und zu meinem ursprünglichen Plan zurückzukehren: nämlich eine militärische Laufbahn einzuschlagen und Soldat zu werden. Da dies mein ursprünglicher Wunsch gewesen war, sah ich nicht ein, noch länger zu warten.
Und so suchte ich eines schönen Tages im Jahre 1996 die Rekrutierungsstelle der US-Streitkräfte auf, um mich zu verpflichten.
Diese Rekrutierungsstelle glich einer kleinen Einkaufspassage. Fein säuberlich nebeneinander aufgereiht befanden sich die einzelnen Büros der Army, der Navy, des Marine Corps und der Air Force. Wenn man eintrat, folgten einem sofort mehrere Augenpaare. Es war klar: Hier herrschte Konkurrenz, und nicht unbedingt eine der sportlich-freundschaftlichen Art.
Ich ging zuerst zur Tür des Marine Corps, aber der Anwerber war gerade beim Mittagessen und nicht anwesend. Als ich mich umdrehte, um wieder zu gehen, sprach mich der Army-Rekrutierer vom anderen Ende des Flurs an.
»Hey«, sagte
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