Sniper
kam, hatte es bereits etwa ein Jahr gedauert. Zunächst trat ich der Navy bei und meldete mich im Februar 1999 zur Grundausbildung. Das Boot Camp war ziemlich langweilig. Ich erinnere mich daran, wie ich einmal meinen Vater anrief und ihm erzählte, dass die Grundausbildung im Vergleich mit der Arbeit auf der Ranch ein Kinderspiel war. Das war nicht gut. Ich war der Navy beigetreten, um ein SEAL zu werden und mich einer echten Herausforderung zu stellen. Stattdessen nahm ich zu und geriet außer Form.
Das Boot Camp soll einen nämlich eigentlich darauf vorbereiten, anschließend auf einem Schiff herumzusitzen. Sie bringen dir eine Menge über die Marine bei, wogegen nichts einzuwenden ist, aber ich wollte eher so etwas wie die Grundausbildung der Marines – eine körperliche Herausforderung eben. Mein Bruder ging zum Marine Corps und verließ das Boot Camp als zäher, durchtrainierter Kämpfer. Ich hätte im BUD/S-Training vermutlich versagt, wenn ich es unmittelbar nach dem Navy Boot Camp absolviert hätte. Der Ablauf hat sich seither geändert. Es gibt jetzt ein eigenständiges BUD/S-Boot-Camp, in dem mehr Wert darauf gelegt wird, in Form zu kommen und auch zu bleiben.
Das BUD/S dauert über ein halbes Jahr und ist körperlich wie mental extrem fordernd; wie ich bereits erwähnt habe, kann die Durchfallquote über 90 Prozent betragen. Der berüchtigtste Teil des BUD/S ist die sogenannte Höllenwoche, die aus 132 Stunden Nonstop-Training und körperlicher Aktivität besteht. Einige Programmpunkte haben sich im Laufe der Jahre geändert und ich kann mir gut vorstellen, dass sie sich auch künftig weiterentwickeln werden.
Aber die Höllenwoche ist immer noch so ziemlich die anspruchsvollste körperliche Prüfung und wird wohl auch in Zukunft ein Höhepunkt der SEAL-Ausbildung bleiben – oder ein Tiefpunkt – je nachdem, wie man die Sache sieht. Bei mir damals folgte die Höllenwoche gleich nach der ersten Phase. Aber mehr dazu später.
Zum Glück kam ich nicht direkt zum BUD/S. Ein Mangel an Ausbildern in den BUD/S-Kursen sorgte dafür, dass ich (wie auch viele andere Anwärter) eine Zeit lang verschont blieb und zunächst eine andere Ausbildung durchlief.
Laut Navy-Richtlinien musste ich mir einen Schwerpunkt aussuchen (auch bekannt als Military Occupation Speciality oder MOS) für den Fall, dass ich das BUD/S nicht schaffen und kein SEAL werden würde. Ich entschied mich für den Nachrichtendienst der Navy – in meiner Einfalt hoffte ich, dass ich wie James Bond durch die Welt jetten würde. Ich war damals wirklich ziemlich naiv.
In dieser Ausbildungsphase begann ich damit, etwas ernsthafter Sport zu treiben. Insgesamt drei Monate verbrachte ich damit, die grundlegenden Fähigkeiten eines künftigen Mitarbeiters des Navy-Nachrichtendienstes zu erwerben und, wichtiger noch, meinen Körper in Form zu bringen. Wie es der Zufall wollte, gab es auf unserem Stützpunkt eine Gruppe waschechter SEALs und ihr Vorbild motivierte mich zum Training. Ich ging in den Kraftraum und widmete mich allen Körperpartien: Beine, Brust, Trizeps, Bizeps usw. Außerdem fing ich an, dreimal in der Woche zu laufen, um die 6 bis 13 Kilometer pro Tag, wobei ich mein Pensum nach und nach in Schritten von jeweils 3 Kilometern erhöhte.
Das Laufen lag mir nicht sonderlich, aber ich eignete mir allmählich die richtige Einstellung eines SEAL an: Tu alles, was nötig ist.
Hier lernte ich auch zu schwimmen, oder zumindest besser zu schwimmen.
Ich stamme aus einer Gegend von Texas, in der es weit und breit kein größeres Gewässer gibt. Unter anderem konnte ich – was für einen SEAL sehr wichtig ist – nicht kraulen, sodass ich mir auch das erst aneignen musste.
Als die Nachrichtendienst-Ausbildung endete, war ich schon ganz gut in Form, aber vermutlich immer noch nicht bereit für das BUD/S. Obwohl ich es damals nicht so sah, hatte ich Glück, dass es für das BUD/S zu wenig Ausbilder gab, denn dadurch kamen die Anwärter auf eine Warteliste. Die Navy beschloss, mich einige Wochen lang den SEAL-Detailern zuzuweisen, um ihnen zur Hand zu gehen, bis sich die Lage normalisiert hatte. (Detailer sind Militärangehörige, die sich verschiedener Personalfragen annehmen. Sie sind vergleichbar mit den Angestellten der Personalabteilung in großen Unternehmen.)
Ich arbeitete ungefähr den halben Tag mit ihnen, entweder von 8 bis 12 Uhr oder von 12 bis 16 Uhr. Außerhalb dieser Dienstzeiten trainierte ich mit den anderen SEAL-Anwärtern. Wir
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