So heiß wie der Wuestenwind
gut.
Ja, Aliyah konnte es nicht leugnen, die Jahre hatten ihm nichts anhaben können, im Gegenteil. Er war ganz offensichtlich einer jener Männer, die mit zunehmendem Alter immer attraktiver wurden. Unermesslich reich und mächtig war er obendrein. Sie konnte sich vorstellen, dass Frauen ihn umschwirrten wie die Motten das Licht.
Na, sollten sie. Sie konnten ihn geschenkt haben. Aliyah hatte jedenfalls kein Interesse mehr an ihm, er ließ sie völlig kalt.
Aliyah, belüg dich nicht selbst!
Na gut, sie konnte es nicht leugnen. Natürlich hatte er eine gewisse Wirkung auf sie, er war ja nun mal der attraktivste Mann auf dem gesamten Erdball. Aber was nutzte das, wenn er – wie sie aus eigener Erfahrung wusste – einen miesen Charakter hatte? Sie würde sich auf keinen Fall noch einmal auf ihn einlassen.
Jetzt durfte sie ihn nur nicht merken lassen, dass er zumindest körperlich noch so stark auf sie wirkte wie damals. Sie versuchte, ihn sichtbar geringschätzig anzusehen.
„Wir leben in ganz schön schlechten Zeiten.“
Stolz, dass sie ein paar Worte hervorgebracht hatte, wenn auch mit zittriger Stimme, fuhr sie fort: „Sie müssen wirklich schlecht sein, wenn deine Landsleute schon so verzweifelt sind, sogar dich als König zu akzeptieren.“
Kamal war fassungslos. Zum einen wegen ihrer Frechheit, noch viel mehr aber, weil Aliyah immer noch so stark auf ihn wirkte.
Wie war das nur möglich? Wie kam es, dass sie ihn nach all den Jahren immer noch so in ihren Bann zog?
Dabei war sie nicht einmal mehr die Gleiche. Sie hatte sich sehr verändert, und zwar, wie er sich zähneknirschend eingestand, sogar noch zu ihrem Vorteil.
Früher hatte sie sich verrückt gekleidet, war voller Energie gewesen … und sehr, sehr dünn. Heute war sie elegant angezogen, strahlte Würde und Anmut aus und wirkte derart fraulich, dass sie sofort Begehren in ihm weckte. Auch wenn sein Verstand ihm etwas anderes sagte. Seit er sie verlassen hatte, hatte er nie wieder eine Frau getroffen, die ihn so erregte.
Doch ihre nächsten Worte ernüchterten ihn. „Ich meine, es ist doch schlimm, wenn sie wirklich keinen Besseren finden konnten. Jetzt müssen sie nicht nur den Tod ihres Königs beklagen, sondern auch die Zukunft ihres Landes.“
Noch mehr Beleidigungen. Er gab sich Mühe, ruhig zu bleiben. Ihre Masche hatte sich also auch geändert. Sie würde ihn nicht mehr anhimmeln wie früher, nein, jetzt legte sie es darauf an, ihn zu beleidigen und zu demütigen.
Sie hatte ihm den Fehdehandschuh hingeworfen. Und er hatte keine Wahl, er musste ihn aufnehmen.
„Was die schlechten Zeiten angeht, so muss ich dir recht geben“, sagte er gedehnt. „Wenn sie nicht so schlecht wären, hätte ich niemals meinen Entschluss revidiert, dich nie wiederzusehen.“
„Oh, Majestät revidieren Ihren Entschluss“, gab sie sarkastisch zurück. „Sei lieber vorsichtig. Du bist so voller heißer Luft, dass du bald platzt. Ein Heißluftballon ist nichts gegen dich.“
Er wollte es nicht, aber er konnte nicht anders: Er warf den Kopf in den Nacken und lachte schallend.
Ya Ullah , sie wirkte nicht nur auf seinen Hormonhaushalt, sondern auch auf seinen etwas schrägen Sinn für Humor.
Und er stellte fest, dass sein Heiterkeitsausbruch sie überraschte. Was hatte sie denn erwartet?
Dann wurde es ihm klar: Sie hatte einen Kampf provozieren wollen. Ihr wäre es am liebsten gewesen, wenn er noch bösartiger gekontert hätte und sich das Wortgefecht bis zum handfesten Streit gesteigert hätte. Und sie war davon ausgegangen, dass sie diesmal gewinnen würde.
Vielleicht sollte er ihr den Gefallen tun. Vielleicht sollte er sie dazu bringen, alles herauszuschleudern, was sie gegen ihn in petto hatte. Und dann würde er ihr zeigen, dass jeder Widerstand zwecklos war. Dass er mit nichts weniger zufrieden wäre als blindem, totalem Gehorsam – und dass er ihn bekommen würde, früher oder später. Je schneller sie nachgeben würde, desto mehr Demütigungen würde sie sich ersparen.
Aber er ließ sich dann doch nicht auf ein Wortgefecht ein, sondern stand auf und ging langsam zu ihr hinüber.
Je näher er ihr kam, desto mehr überwältigte ihn ihre Schönheit, diese unübertreffliche Mischung aus westlichen und nahöstlichen Genen. Ihr Gesicht wirkte voller als damals, und das stand ihr gut. Aber das Beeindruckendste an ihr waren schon immer ihre Augen gewesen. Kosmetik-und Modefirmen hatten ein Vermögen ausgegeben, um sie für Anzeigenkampagnen in
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