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So hoch wie der Himmel

So hoch wie der Himmel

Titel: So hoch wie der Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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erlöschten. Der Wind heulte wie ein hungriger Wolf auf der Jagd nach frischem Blut, Grelle Blitze tauchten die Felsen und die tosende Brandung in ein hartes Licht. Beißender Ozongeruch wallte vor jedem Donner in der Atmosphäre auf.
    Ihr schien, dass das Willkommen zu Hause nicht einmal von seiten der Natur freundlich ausfiel.
    Ein Omen? überlegte sie, während sie ihre Hände zum Schutz vor dem erbarmungslosen Wind in die Jackentaschen schob. Sie konnte wohl kaum erwarten, dass ihr irgend jemand im Templeton House mit offenen Armen und einem fröhlichen Lächeln entgegenkam. Sicher schlachtete man zu Ehren der Rückkehr dieser verlorenen Tochter nicht sofort ein fettes Kalb.
    Sie hatte nicht das Recht, Erwartungen zu hegen.
    Müde zog sie die Nadeln aus dem blonden Haar, damit es im Wind flattern konnte. Es war ein so befreiendes Gefühl, dass sie die Nadeln über den Rand der Klippe fallen ließ. Plötzlich fiel ihr ein, wie sie als junges Mädchen zusammen mit ihren beiden Freundinnen immer Blumen über diesen Rand geworfen hatte.
    Blumen für Seraphina, dachte sie und hätte beinahe gelächelt bei der Erinnerung daran, wie romantisch ihnen die Legende von dem jungen Mädchen damals erschien, das sich dort voller Trauer und Verzweiflung in den Tod gestürzt hatte.
    Laura musste jedes Mal ein wenig weinen und Kate hatte mit ernster Miene beobachtet, wie das Sträußchen aufs Meer hinausgetrudelt war. Selbst jedoch hatte sie immer nur an die Erregung dieses letzten Fluges, an den Trotz und die Kühnheit, den dieser Sprung ausdrückte, gedacht.
    Jetzt allerdings war Margo an einem Tiefpunkt ihres Lebens angelangt, und niedergeschlagen gestand sie sich ein, dass ihr momentanes Elend die Folge ihrer permanenten Suche nach solchen Hochgefühlen war.
    Ihre Augen, deren leuchtendes Kornblumenblau den Kameras gefiel, wiesen dunkle Ränder auf. Nach ihrer Landung auf dem Flughafen von Monterey, und dann nochmals auf dem Rücksitz des Taxis, in dem sie hinaus nach Big Sur gefahren war, hatte sie ihr Make-up streng geprüft. Himmel, inzwischen wusste sie, wie sich jedes gewünschte Bild von ihr erzielen ließ. Nur sie kannte ihre Blässe unter der teuren Kosmetik. Vielleicht war sie ein wenig eingefallener als sonst, aber ihre Wangenknochen, dank derer sie die Titelseiten so vieler Magazine schmückte, waren schön wie eh und je.
    Ein schönes Gesicht fing bei der Struktur an, dachte sie und erschauerte, als der nächste Blitz den Himmel erleuchtete. Sie hatte Glück, dass sie mit den gutgeschnittenen Zügen und der glatten, porenlosen Haut ihrer irischen Vorfahren gesegnet war. Die blauen Augen und das blonde Haar stammten zweifellos von irgendeinem alten Wikinger.
    Ja, sie sah gut aus, überlegte sie ohne jede Eitelkeit. Schließlich hatte ihr dieses Gesicht und ein Körper, der zur Sünde wie geschaffen war, neben dem erhofften Ruhm auch ein Vermögen eingebracht. Volle, romantische Lippen, eine kleine, gerade Nase, ein festes, rundes Kinn und ausdrucksstarke Brauen, bei denen sich nur hin und wieder ein leichtes Zupfen empfahl.
    Auch mit achtzig wäre ihr Gesicht noch schön, falls sie nicht vorher starb. Es spielte keine Rolle, dass sie ermüdet, verbraucht, in Skandale verstrickt und voll der Scham und Reue war. Immer noch drehten sich die Menschen nach ihr um.
    Schade, dass ihr diese allgemeine Bewunderung inzwischen nicht mehr das Geringste bedeutete!
    Sie wandte sich von der Klippe ab und spähte durch die Dunkelheit. Auf der anderen Straßenseite, auf der Kuppe des Hügels sah sie die Lichter von Templeton House, dem Gebäude, das einen großen Teil ihres Lachens, viele ihrer Tränen barg. Es gab nur einen Ort, an den man gehen konnte, wenn man verloren, nur einen Ort, der einem blieb, wenn jede Brücke hinter einem abgebrochen war.
    Margo nahm ihre Tasche und machte sich auf den Weg nach Haus.
    Ann Sullivan arbeitete seit vierundzwanzig Jahren auf Templeton. Ein Jahr weniger, als sie Witwe war. Ihre vierjährige Tochter an der Hand, war sie auf der Suche nach einer Stelle als Gehilfin hier aufgetaucht. Damals hatten Thomas und Susan Templeton das Haus wie eines ihrer Hotels geführt. Im großen Stil. Kaum eine Woche verging, ohne dass man ein großes Fest mit Musik und zahlreichen Gästen gab. Die achtzehn Angestellten hatten das Anwesen und den Garten hervorragend gepflegt.
    Perfektion war ein ebensolches Templetonsches Markenzeichen wie neben dem Luxus die Warmherzigkeit. Ann hatte gelernt, dass eine Residenz

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