So kuesst nur ein Millionaer
wandte er sich ab und verließ das Büro.
Mit zitternden Knien erreichte Nicole ihren Schreibtischsessel und ließ sich in die weichen Polster sinken. Fest presste sie sich das kleine Bild an die Brust. Das war das Schönste, was sie je geschenkt bekommen hatte.
„Du hast dir doch hoffentlich ein Traumkleid für heute Abend gekauft!“, riss die Stimme der Freundin sie aus ihren Gedanken.
Schnell legte sie das Bild in die Schublade. Noch brauchte die Freundin nicht zu wissen, dass Ryan der Vater war. Denn dann würde sie sie mit Fragen bestürmen, auf die Nicole selbst noch keine Antwort hatte. Hastig wischte sie sich die Tränen von den Wangen, doch da stand Lea bereits in der Tür und sah sie besorgt an.
„Ist was mit dir, Nicole?“
„Nein, alles in Ordnung. Aber ich hatte total vergessen, dass heute Abend die Gala stattfindet.“
„Was? Aber jetzt bist du mit diesem heißen Typen verabredet, der dazu auch noch reich ist und dem es nichts auszumachen scheint, dass du von einem anderen Mann schwanger bist. Also los, Mädchen, worauf wartest du noch? Ran an den Speck!“
In Gedanken ging Nicole schnell ihren Kleiderschrank durch. Noch vor einer halben Stunde hätte sie vieles gefunden, was für den heutigen Abend passend gewesen wäre.
Aber jetzt nicht mehr. „Du hast wahrscheinlich recht. Ich habe irgendwie nichts Richtiges anzuziehen.“
„Hm …“ Lea runzelte die Stirn. „Jetzt ist es zu spät, um noch etwas zu besorgen. Aber kein Problem“, sie strahlte die Freundin an, „du kommst einfach zu mir. Du weißt, ich liebe Shopping und habe viel zu viele Klamotten. Und da wir die gleiche Größe haben … ich denke da vor allem an ein rotes Kleid mit dünnen Trägern. Das müsste dir super stehen. Ich habe es noch nie getragen.“
„Aber das kann ich doch nicht annehmen.“
„Doch, warum nicht? Es wird dir sowieso viel besser stehen, weil du mehr Busen hast als ich. Das hat Mr. Superman übrigens auch schon bemerkt.“ Sie lächelte vielsagend und warf einen Blick auf Nicoles volle Brüste.
„Lea, hör endlich mit der Kuppelei auf.“
„Wieso? Ich stelle doch nur Tatsachen fest. Du wirst scharf aussehen heute Abend, und das wird ihm nicht entgehen.“
Wollte sie das wirklich? Wo sie sich doch fest vorgenommen hatte, Ryan Patricks Verführungskünsten zu widerstehen?
Schon zum hundertsten Mal blickte Nicole auf ihre kleine Cartier-Uhr. Bisher war der Abend eine einzige Enttäuschung gewesen, zumindest für sie. Denn sie hatte sich etwas ganz Besonderes von diesem Fest versprochen. Da ihre ganze Familie versammelt war, wurde ihr deutlich vor Augen geführt, was sie verlieren würde, wenn sie die Familie gegen sich aufbrachte. Das hatte sie wenigstens gehofft.
Aber als sie von der Empore des eleganten Ballsaals auf alle herunterblickte, fiel ihr auf, dass da offenbar gar kein echter Familienzusammenhalt vorhanden war, den sie vermissen würde. Jeder war irgendwie allein.
Der älteste Bruder Trent stand mit seiner neuesten Flamme und dem ältesten Kunden von HAMC zusammen. Sein nur um Minuten jüngerer Zwillingsbruder Brent saß in einer Ecke, hielt sich wie immer an einem Whiskyglas fest und schenkte seiner schwangeren Frau keinen einzigen Blick. Das war nicht überraschend.
Beth und Patrick standen zwar nebeneinander, schienen aber Meilen voneinander entfernt zu sein. Was war nur geschehen?
War der Stress wegen der vergeblichen Bemühungen, ein Kind zu bekommen, zu viel für die Beziehung gewesen? Würde ein Kind die Ehe wieder kitten? Oder alles nur noch schlimmer machen, wie Ryan vermutete? Immer noch hatte Nicole die Schwester nicht fragen können, ob sie das Kind wirklich wollte. Beth ging ihr schon seit Tagen aus dem Weg.
Nicole hatte sich immer gewünscht, dass das gleiche Schicksal und die gemeinsame Firma die Geschwister zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammenschweißen würden. Aber nun musste sie sich eingestehen, dass das nicht der Fall war. Die vier Geschwister verband nichts. Jeder kümmerte sich nur um sich selbst.
Jacqueline Hightower stieg die Treppe empor und stellte sich neben die Tochter an das Geländer. „Du siehst heute Abend sehr hübsch aus, Nicole. Das Kleid ist nicht dein üblicher Stil, aber es steht dir gut.“
„Danke, Mutter.“
Dann herrschte bedrückendes Schweigen.
„Wenn du ein Problem hast“, fing Jacqueline schließlich wieder an, „kannst du damit gern zu mir kommen.“
Nicole warf ihr einen überraschten Blick zu, aber die Mutter
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