So schoen und kalt und tot
drang direkt ins Herz. Sie muss gleich tot gewesen sein.“ Er schaute sich suchend um. Dann entdeckte er eine graue Decke, die auf dem Sitz lag. Mit dieser deckte er die tote Frau ab, um sie gegen die neugierigen Blicke der Mitreisenden zu schützen.
„Ich meinte Countess“, sagte Alanis leise und hörte nicht auf, den toten Hund zu streicheln. Dabei murmelte sie kaum hörbare Worte, die für kein menschliches Ohr bestimmt waren.
„Lass uns in unser Abteil zurück gehen, Alanis. Bitte komm jetzt endlich.“ Melanie fühlte sich mit einem Mal wie in einem schlimmen Alptraum, aus dem sie nicht aufwachen konnte. Alles war so unwirklich und gleichzeitig so grausig, dass sie eine Gänsehaut über ihren Rücken kriechen spürte.
Das junge Mädchen hob sein Gesicht, Tränen standen in seinen Augen. „Sie hat so lange leiden müssen“, schluchzte Alanis. „Er hat einmal zugestochen und sie nur verletzt. Sie ist ganz langsam innerlich verblutet.“ Alanis streichelte noch einmal über die geschlossenen Augen des toten Hundes, dann erhob sie sich.
„Wie ist dein Name, Mädchen?“ Auch der sympathische Arzt, er mochte etwa Mitte dreißig sein, war aufgestanden. Er wischte sich seine Hände an einem feuchten Tuch ab, das der Schaffner ihm gereicht hatte. „Wie weit fährst du? Nur für den Fall, dass der Inspektor oder ich noch Fragen an dich haben.“
Alanis wunderte sich zwar über diese doch sehr persönliche Frage, doch sie dachte nicht weiter nach. „Ich heiße Alanis Barton und fahre bis Glannagan“, antwortete sie freundlich.
„Nach Glannagan fahre ich ebenfalls.“ Der Mann schien erfreut zu sein. „Dann kann ich der Polizei sagen, dass du die Tote gekannt hast? Sie hat nämlich keinerlei Gepäck oder Papiere bei sich“, fügte er als Erklärung hinzu.
Alanis schüttelte den Kopf. „Ich kenne Countess“, antwortete sie wieder leise. Dann drehte sie sich um und verließ eilig das Abteil. Sie nahm die Hand ihrer Schwester und zog sie hastig mit sich. Erst jetzt merkte sie, dass sie zitterte.
„Was sollte das denn?“, fragte Melanie, als sie wieder in ihrem eigenen Abteil angekommen waren. „Erst warst du nicht von dem toten Hund weg zu bekommen, und dann konnte ich dir gar nicht so schnell folgen, so eilig hattest du es auf einmal. Was war denn plötzlich los mit dir?“
„Countess wollte es so“, antwortete Alanis ausweichend. „Sie hat so gelitten, bis sie endlich sterben durfte.“ Alanis begann zu schluchzen. „Er soll büßen. Wir werden ihn finden, und dann wird er büßen.“ Sie nahm die Hände vom Gesicht. Ein weiches Lächeln war auf einmal in ihrem weichen Gesicht. „Da bist du ja, Countess“, sagte sie leise und ihr Blick wirkte entrückt. „Endlich bist du da.“
* * *
„Wir müssen es ihm endlich sagen, Ian. Benjamin wird ausrasten vor Zorn, wenn er hört, dass wir, ohne es vorher mit ihm abzusprechen, Frau Mansfield angestellt haben. Er will keine Erzieherin und schon gar keine Lehrerin.“ Angela lief unruhig auf und ab, blieb am Fenster stehen und starrte nach draußen in die Nacht, und ging dann wieder an den Tisch zurück.
„Du machst dir viel zu viel Gedanken, Darling“, antwortete Ian McGregor und streckte die Hand nach seiner Frau aus. „Soll ich mit ihm reden? Du hast mit Leslie genug zu tun.“
Lady Angela dachte einen Augenblick nach, dann verneinte sie. „Vermutlich ist es besser, ich sag es ihm, denn eigentlich ist es meine Sache, ihn zu erziehen und zu unterrichten. Nicht umsonst war ich früher auch einmal Lehrerin.“ Sie lächelte kaum merklich.
„Dann wirst du es auch schaffen, ihm diese Neuigkeit so schonend wie möglich zu überbringen. Wann soll diese Mrs. Mansfield denn ankommen?“ Ian nahm die Hand seiner Frau und führte sie an seine Lippen.
Lady Angela lächelte zärtlich. „Wenn alles so klappt wie wir besprochen haben, wird sie wahrscheinlich im selben Zug sitzen wie Daisy. Ich freue mich schon sehr, deine kleine Schwester nach über zwei Jahren endlich wieder zu sehen. Wir waren beste Freundinnen, und es ist mir nicht leicht gefallen, sie mit Thomas nach Glasgow gehen zu lassen.“
„Das wird eine aufregende Zeit“, stimmte Ian zu. „Immerhin will Daisy ihr erstes Kind bei uns bekommen unter der Aufsicht von Doktor Mulligan. Er ist sehr fähig, hat auch dich betreut und Jenny mit auf die Welt gebracht.“
„Was ist mit Jenny?“ Ohne
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