So schoen und kalt und tot
wurde niemand wach. Laut klatschten die großen Wassertropfen an die Scheibe und hinterließen eine dunkle glänzende Spur auf dem Glas.
Die drei jungen Frauen, die sich das kleine Abteil teilten, schliefen. Sie ließen sich nicht einmal von den zuckenden Blitzen stören, die immer wieder das Abteil erhellten.
„Countess, komm zu mir“, murmelte das junge Mädchen, das sich ganz tief in die Ecke seines Fensterplatzes gekuschelt hatte. „Komm, ich werde dir helfen. Wir finden den Täter.“ Ihre Hand suchte verzweifelt in der Dunkelheit.
„Alanis, was ist los?“ Melanie war vom Flüstern ihrer Schwester aufgewacht. Erschrocken richtete sie sich auf. „Du träumst schon wieder. Sie wollte nicht einmal sich selbst eingestehen, dass sie den weißen Hund vorhin ebenfalls für einen kurzen Moment wahrgenommen hatte.“ Sie setzte sich neben das Mädchen und legte ihre Arme um sie, um sie zu beruhigen.
Plötzlich begann das Kind zu schluchzen. „Sie ist tot… sie ist einfach tot.“ Verzweifelt klammerte sich Alanis an ihre Schwester.
Melanie war sich nicht mehr sicher, ob Alanis noch immer träumte oder bereits aufgewacht war. Sie streichelte über ihr tränennasses Gesicht und versuchte, sich den Schrecken nicht anmerken zu lassen. „Wer ist tot?“, fragte sie leise, um Daisy nicht aufzuwecken.
„Sie ist tot.. die Frau“, antwortete Alanis stockend.
„Woher weißt du das?“
„Countess hat es mir eben erzählt. Sie ist bei ihr, sie ist hier… ich weiß nicht.“ Wieder schluchzte Alanis auf und zitterte am ganzen Körper.
Daisy bewegte sich im Schlaf. Sie drehte den Kopf von einer Seite auf die andere, dann öffnete sie die Augen. Zuerst konnte sie nicht viel erkennen, weil es zu dunkel war, doch dann erhellte ein Blitz für einen Moment das Abteil. „Melanie, was ist denn passiert?“, fragte sie erschrocken.
„Alanis hatte wieder einen Alptraum“, flüsterte Melanie und hörte nicht auf, die Schwester beruhigend zu streicheln. „Ich möchte nur wissen, was auf einmal mit ihr los ist.“
„Es ist nichts los.“ Alanis schob Melanies Hand beiseite. „Ich habe geträumt, das ist alles.“ Ihre Stimme klang ungehalten. „Entschuldigt bitte, wenn ich euch geweckt habe.“
Melanie ging zu ihrem Sitzplatz zurück. Sie war ärgerlich und verwirrt. „Dann können wir jetzt ja weiter schlafen. Wenn die Sonne aufgeht sind wir in Glannagan, dann sollten wir einigermaßen ausgeruht sein.“
„Ich glaube nicht, dass die Sonne aufgehen wird“, bemerkte Alanis spitz.
„Wie meinst du das?“
„Wie ich es sage“, antwortete Alanis und hatte sich bereits wieder in ihre Ecke gekuschelt. „Der Regen wird uns begleiten bis Glannagan und noch weiter. Mach dir keine Hoffnungen, Mel. Wenn Engel reisen scheint die Sonne, sagt man. Vermutlich sind wir keine Engel.“ Sie schloss die Augen.
„Wie du meinst.“ Melanie hatte beschlossen, die nächste Zeit nicht mehr mit Alanis zu reden. Immer deutlicher merkte sie, dass die Schwester sie mehr und mehr aus ihren Gedanken, aus ihrem Leben ausschloss. Den Grund dafür kannte sie nicht, und das machte sie unsicher und zornig zugleich.
Plötzlich gingen am Flur die Lichter an. Türen wurden aufgeschoben und wieder zugeschlagen. Stimmen wurden laut, aufgeregte und hektische, Männer und Frauen. Etwas musste geschehen sein.
Erschrocken richtete sich Daisy auf. „Was ist das?“
Melanie zuckte die Schultern. Genervt fuhr sie sich mit den Fingern durch ihr wirres Haar. „Vielleicht sollten wir nachsehen“, schlug sie vor und erhob sich erneut. „Zum Schlafen werden wir diese Nacht vermutlich ohnehin nicht mehr kommen.“ Sie hielt sich am Türgriff fest.
„Wartet, ich möchte auch mit.“ Alanis rieb sich die Augen. „Countess ist wieder da“, sagte sie leise, zu ihrer Schwester gewandt. „Sie sieht so traurig aus, als würde sie weinen.“
„Was du wieder redest, Kind“, murmelte Melanie, ohne die Schwester anzusehen. „Countess ist ein Hund, er kann nicht weinen.“ Im nächsten Moment merkte sie, dass auch sie Unsinn geredet hatte. „Countess gibt es nur in deiner Fantasie, also kann er weinen“, berichtigte sie sich verärgert.
„Bald wirst du sie kennen lernen. Countess ist ein wunderschönes weißes Hundemädchen. Ihr Herz blutet“, fuhr Alanis fort. Sie hielt sich am Arm der Schwester fest, denn der Zug fuhr eben eine ungerade
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