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So still die Nacht

So still die Nacht

Titel: So still die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Lenox
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dämpfte seinen anfänglichen Optimismus. Er hatte nichts gefunden. Keinen Professor. Kein Auge. Keine Dunkle Braut. Nicht einmal einen verwünschten Kriecher. Die Stunden flogen allzu schnell vorüber. Dreizehn Stunden. Elf blieben ihm noch.
    Das Savoy erhob sich vor ihm, seine Schönheit noch immer hinter Planen und Gerüsten verborgen. Kleopatras Nadel stach vor dem Hintergrund des bewölkten Himmels ab. An den Ecken des Platzes bewachten vier kolossale steinerne Sphinxe den Obelisken. Die stille Nachtluft trug ihm das Rumpeln von Kutschenrädern über Pflastersteine zu. Glocken läuteten von fernen Schiffen. Aber hier war das Ufer verlassen. Sein Blick wanderte an dem großen Obelisken empor. Zum ersten Mal begriff er, wie sich seine Mutter gefühlt haben musste, als Octavians Legionen heranrückten.
    Beeil dich. Beeil dich, William. Bevor sie dich finden.
    Mark hörte die Gedanken der Sterblichen so deutlich, als würden sie neben ihm ausgesprochen.
    Sein Puls beschleunigte sich. Mit wenigen Sprüngen umrundete er das Monument. Eine schattenhafte Gestalt kauerte in dem noch dunkleren Schatten einer der steinernen Sphinxen. Eine Erleichterung, größer, als er sie je erfahren hatte, spülte wie Sonnenschein durch seine Adern.
    »Professor Limpett.«
    Der alte Herr sprang aus seiner geduckten Position auf und stolperte weg. Er schwang einen Hammer und einen Meißel. Sein Gesichtsausdruck zeigte Furcht.
    Einer von ihnen.
    »Nein, das bin ich nicht.« Mark hielt seine Stellung und schüttelte den Kopf.
    »Ich erinnere mich an Sie. Ihr Gesicht. Wir haben uns getroffen, in …«
    Vor dreißig Jahren, echoten seine Gedanken.
    »In Petra, ja.«
    »Aber Sie sind … Sie sind …«
    »Ich bin das, wonach Sie gesucht haben.« Mark lächelte. »Und ich habe nach Ihnen gesucht.«
    Dem Professor klappte der Unterkiefer herunter.
    »Ich bin einer der Unsterblichen, deren Existenz Sie zu beweisen versuchen. Und die Schriftrollen in Ihrem Besitz, das Auge, nach dem Sie suchen … es ist von größter Wichtigkeit, dass wir es finden, und zwar schnell.«
    »Die Leute, die hinter mir her sind, wollen die Menschheit zerstören.«
    »Dann lassen Sie uns sie aufhalten.«
    Der Professor beäugte ihn argwöhnisch.
    Ein Knurren kam aus der Dunkelheit. Ein Schatten sprang durch die Luft, auf den Professor zu. Mit einer Drehung der Hand zückte Mark sein Schwert. Seine Haut, seine Augen veränderten sich. Amaranthinisches Silber blitzte auf.
    Mark sprang vor und schlug zu. Der Kriecher sackte kopflos in sich zusammen, und der abscheuliche Gestank seiner plötzlichen Verwesung verpestete die Luft. Der Professor hockte sich aufs Pflaster und keuchte. Er starrte die Überreste an.
    »Muss ich Sie immer noch davon überzeugen, auf welcher Seite ich stehe?«
    »Oh, nein«, antwortete der Professor. »Das ist für meine Begriffe vollkommen ausreichend. Haben Sie eins von diesen Schwertern auch für mich?«
    »Das Silber würde Ihnen die Hände verbrennen. Die Klinge ist aus urzeitlichem Silber und Feuer geschmiedet.«
    »Wunderbar«, staunte der alte Mann.
    »Ich muss Sie informieren, dass ich Ihre Tochter geheiratet habe.«
    »Sie! Ich wusste aus der Heiratsanzeige, dass sie geheiratet hat, aber Ihr Gesicht war unscharf.«
    »Ich werde Sie später zu ihr bringen.« Mark ruckte mit dem Kopf zu den Werkzeugen, die der Professor noch immer umklammert hielt. »Warum sind Sie hier? Haben Sie die Schriftrollen?«
    Der Professor nickte. »Aber für den Moment zum Teufel mit den Schriftrollen. Lassen Sie uns das Auge holen.«
    Das Auge.
    Mark ballte die Fäuste. Er konzentrierte sich und übermittelte die Neuigkeit an Archer. Kleopatras Nadel. Kommen Sie sofort. Das Auge.
    Limpett zeigte auf den Hammer. »Wir müssen diese Bohrlöcher an den beiden Seiten der Nadel freimachen.«
    »Bohrlöcher?«
    Graue Augenbrauen zuckten in die Höhe. »Sie werden sie sehen, wenn Sie hinschauen. Sie öffnen das eine.« Er hielt ihm einen Meißel hin.
    Mark hob sein Schwert. »Ich habe alles.«
    »Ich werde das andere übernehmen.«
    Mit einem Druck seiner Fingerspitzen gegen die Oberfläche des Granits entdeckte Mark tatsächlich ein rundes Loch im Sockel der Nadel. Er verkeilte punktgenau sein Schwert in dem Loch. Ein Steinring fiel heraus, und das Loch gab eine größere Öffnung frei. Auf der anderen Seite mühte Limpett sich, mit seinem voranzukommen.
    »Treten Sie zurück«, befahl Mark. Als sich der Professor bewegte, legte er auch dort mit der gleichen

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