So still die Nacht
fehlender Zeit … sie wurden durch die Ahnherren verursacht. Sie haben gebündelte Wellen amaranthinischer Macht benutzt, um mich während der Zeiten außer Kraft zu setzen, in denen ich am verletzbarsten gegenüber der Dunklen Braut war, und mich so gehindert, mich für ihre dunklen Zwecke einspannen zu lassen. Sie haben die Wirkungen meines Verfalls hinausgezögert.«
Archer nickte. »Weil sie wollten, dass du überlebst.«
»Warum dann der Befehl für seine Hinrichtung?«, platzte Mina wütend heraus.
Sie stand auf und ging an den Tisch, wo sie das Pergament ergriff, das Archer nur Momente zuvor dort hingelegt hatte. Sie hob es hoch, um es zu lesen, aber die Schriftzeichen verschwammen … und verschwanden. Sie blinzelte, und in dem Sekundenbruchteil, in dem sie ihre Augen öffnete, erhaschte sie einen Blick auf die kühnen, dunklen Striche, aber genau wie zuvor verschwanden sie zu schnell, als dass sie sie hätte untersuchen können. Sie drehte das Pergament um und strich mit den Fingerspitzen über das Wachssiegel mit dem tief eingeprägten Bild von drei Lotusblüten. Sie drehte sich wieder zu den anderen um. »Sagen Sie mir bitte – warum?«
Archer erklärte geduldig: »Weil sie vor allem anderen die Integrität des Inneren Reichs schützen müssen. Sie können das Risiko nicht eingehen, dass diese letzte Anstrengung, um Mark zu retten, scheitern wird. Selene ist sich darüber im Klaren, dass wir wegen Mark hier sind. Sie wird uns beobachten und bis zum letzten Moment warten, um ihre Befehle auszuführen.«
Mina presste sich eine Hand auf die Stirn. »Ich mag diese Frau nicht.«
»Sie kennen sie nicht«, versicherte Elena ihr. »Ich denke, unter anderen Umständen würden Sie sie lieben, so wie ich sie liebe.« Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Haben Sie eines ihrer Schoßtiere kennengelernt?«
Mina nickte. »In der Tat, ich habe Mrs Hazelgreaves kennengelernt.«
»Liebling«, warf Archer ein, »wir haben keine Zeit für Geplauder.«
Elena presste die Lippen aufeinander. »Er hat recht. Wir müssen Ihren Vater finden. Soweit wir es feststellen können, muss er hier in London und auf der Suche nach dem Auge sein.«
Mina seufzte erleichtert. »Also wissen wir mit Bestimmtheit, dass das Auge hier ist?«
Mark antwortete: »So ist es, Liebling.« Mit leiserer Stimme fügte er hinzu: »Dein Vater ist bedauerlicherweise benutzt worden.«
Alle Wärme wich aus Minas Gesicht. »Wie meinst du das?«
Archers Miene wurde ernst. »Aus dem Inneren Reich heraus haben wir gewisse Beobachtungen gemacht. Wir haben die Pfade von Individuen durch die Geschichte verfolgt und beunruhigende Muster gefunden. Die tantalytische Bewegung existiert jetzt schon seit beträchtlicher Zeit im Geheimen.«
»Aber mein Vater … Sie sagen, er sei benutzt worden. Wie?«
»Es ist wie ein Schachspiel, gespielt auf der Erde als Schachbrett«, erwiderte er. »Aber mit Menschen und mächtigen Artefakten als Figuren.«
Elena fügte leise hinzu: »Es geht schon seit Jahrhunderten so, jenseits der Wahrnehmung der Ahnherren.«
»Ist er …« Eine plötzliche Enge in ihrer Brust ließ sie abbrechen.
»Böse?«, ergänzte Mark. »Nein, ganz und gar nicht. Seine Motive sind rein. Aber wie eine große Anzahl anderer wurde er wegen seiner Stärken und Interessen ausgewählt. Ohne es zu wissen, hat er zum Vorteil Tantalos‘ gehandelt.«
Archer nickte. »Er ist eine Marionette. Tantalos hat eine lange Abfolge von Ereignissen manipuliert – wiederum über Jahrhunderte –, um diese Schriftrollen für sich nutzen zu können. Tantalos brauchte einen Sterblichen, um sie zu übersetzen und seine Anhänger zum Auge zu führen.«
Mina starrte Mark an. »In seinem Verlangen, die Wahrheit offenzulegen, hat er tatsächlich geholfen, ein jahrhundertealtes Vorhaben auszuführen.«
»So ist es«, antwortete Mark gelassen. »In dieser Welt existieren Reliquien von phänomenaler Macht. Reliquien, die, wenn man sie nach einem präzisen Muster zusammenbringt, zum Guten oder Bösen benutzt werden können.«
»Und dieses Auge ist eine von ihnen«, schlussfolgerte Mina.
»Das ist richtig«, bestätigte er. »Offensichtlich hat die Geschichte des Spiegels nicht in London begonnen, aber im Laufe der Zeit hat sein Weg hierher geführt. Archer erzählte mir, dass die Ahnherren immer noch versuchen zu ermitteln, wie. In jedem Fall sind wir uns nicht sicher, was das endgültige Ziel ist, aber es kann nichts Gutes sein. Wir müssen deinen Vater
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