Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So still die Nacht

So still die Nacht

Titel: So still die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Lenox
Vom Netzwerk:
wurde. Vielleicht war die Lage mit Mina doch noch nicht endgültig beschädigt.
    Anderson neigte den Kopf und zog die Augenbrauen hoch, um Mark wortlos zu gratulieren. Er räusperte sich. »In diesem Sinne glaube ich, ist unser Gespräch beendet. Hat einer von Ihnen noch irgendwelche Fragen?«
    Neugierig erkundigte sich Mark: »Sie haben gerade erwähnt, dass Sie sich nicht sicher seien, ob der Tod von Lady Trafford ein Mord war. Ich habe den Leichnam kurz nach seiner Entdeckung gesehen. Was haben Sie damit gemeint?«
    Anderson presste die Lippen zusammen. »Dies ist ein solch merkwürdiger Fall …«
    Er sah Mina abwägend an.
    »Bitte, nehmen Sie kein Blatt vor den Mund«, ermutigte sie ihn leise.
    »Nun …« Eine Falte erschien zwischen Andersons Brauen. »Nach dem Zustand ihres Leichnams zu urteilen, scheint es, dass sie bereits seit geraumer Zeit tot ist.«
    Mina antwortete: »Aber wir haben sie alle gestern gesehen. Sie war der Inbegriff der Gesundheit.«
    Er nickte. »Dr. Bond, der Pathologe, wird den Leichnam natürlich untersuchen, aber ich muss sagen … angesichts des Mangels einer Erklärung oder eines Motivs für einen Mord und des verfallenen Zustands des Leichnams glaube ich beinahe, dass wir es hier mit einer Art von seltener selbstzerstörender Krankheit zu tun haben könnten. Es ist beinahe so, als seien die Knochen und das Fleisch ihres Halses … geschmolzen.«
    Mina hustete in ihr Taschentuch.
    Marks Augen weiteten sich. »Sie glauben, eine … Krankheit habe dazu geführt, dass ihr Kopf vom Rumpf gefallen ist?«
    Anderson nickte. »Haben Sie jemals Hühner oder Gänse gesehen, die unter der Schiefhals-Krankheit litten?« Er drehte den Zeigefinger in Richtung seines Halses. »Vielleicht ist dies eine extreme menschliche Variante ähnlicher Natur.« Er verschränkte die Arme vor der Brust und strich sich übers Kinn. »Es ist eine beängstigende Möglichkeit, aber gewiss nicht ansteckend, sonst hätten wir bereits von ähnlichen Todesfällen gehört.«
    Mark half Mina, vom Stuhl aufzustehen. »Meine Frau und ich haben geplant, den Trafford’schen Haushalt heute zu verlassen. Ist das immer noch möglich?«
    Anderson zog eine Karte aus seiner Westentasche und hielt sie Mark hin. »Je weniger Zivilisten wir hier haben, die die Spuren vernichten, desto besser. Wir haben Lord Trafford gebeten, nur das notwendigste Personal hierzubehalten, bis wir fertig sind. Schicken Sie einfach eine Nachricht an mein Büro, sobald Sie sich anderswo niedergelassen haben, für den Fall, dass wir Sie kontaktieren müssen.«
    Es würde keine Beweise zu vernichten geben. Nicht eine Spur. Nur eine stinkende, kopflose Lucinda. Sie war andernorts mit einer amaranthinischen Silberklinge enthauptet worden, und man hatte ihren verwesenden Leichnam mit Absicht auf dem Gelände deponiert. Zweifellos war es das geschickte Werk seiner Zwillingsschwester.
    Mina erhob sich aus dem Sessel. »Vielen Dank, Sir.«
    Eine Stunde später, nachdem sich Mina von der Familie verabschiedet hatte, drängten zwei Beamte eine Schar von Gaffern zurück, die sich auf dem Gehsteig versammelt hatten, um das Haus anzustarren.
    »Treten Sie zurück«, rief einer der Männer. »Machen Sie Platz. Machen Sie Platz.«
    Ganz plötzlich blieb Mina auf den Stufen stehen und schaute in die Menge. Mark beugte sich über sie und legte ihr schützend einen Arm um die Schultern.
    »Was ist los?« Die leichte Berührung ihres Ellbogens bewirkte bei Mark eine Vision von einem Mann – einem gutaussehenden, dunkelhaarigen Mann mit zornigen grünen Augen.
    Mina zog die Schultern zusammen, eine schwache, aber schmerzhafte Zurückweisung seiner Berührung, und ging weiter auf die Kutsche zu. Mark spähte über die Menge hinweg und sah einen hochgewachsenen, breitschultrigen Mann in dunklem Anzug und mit Zylinder auf dem Kopf davonschreiten. Er brauchte einen Moment, um das unangenehme Gefühl, dass ihm das Blut in den Adern gefror, als Eifersucht zu identifizieren. Entnervt folgte er Mina in den Wagen und ließ sich ihr gegenüber auf die Polster sinken. Obwohl er sich versucht fühlte zu verlangen, dass sie ihre Beziehung zu diesem Mann aufklärte, schreckte Mark vor der Rolle des eifersüchtigen Geliebten zurück und stellte die Frage, die in seinem Kopf an zweiter Stelle stand.
    »Warum hast du dem Polizeichef erzählt, dass wir die ganze Nacht zusammen waren?«
    Sie schaute aus dem Fenster. Schon bald schaukelte die Kutsche hin und her, und das Durcheinander aus

Weitere Kostenlose Bücher