So weit die Hoffnung trägt - Roman
Dollar die Nacht und hatte sogar eine kleine Küche. In der Lobby des Motels gab es eine Fülle christlicher Literatur. Ich nahmmir eine Broschüre mit dem Titel »Warum sterben wir?« mit, in der ich auf meinem Bett blätterte, bevor ich einschlief.
Am nächsten Morgen frühstückte ich im Simply Country Café, dann ging ich auf der Main Street nach Süden, um zurück zum Highway zu gelangen. Eine schmale Asphaltstraße verlief ein paar Meilen weit parallel zur 36, und ich folgte ihr, bis ich zur Abzweigung nach Marceline kam – dem Kindheitszuhause von Walt Disney. Von der Ausfahrt nach Marceline ging ich noch drei Meilen, bis ich die Kleinstadt erreichte.
Als Junge hatte ich zwei Helden: Thomas Edison und Walt Disney. Als ich in Pasadena aufwuchs, war Disneyland ein Lieblingszeitvertreib von mir, und McKale und ich hatten viele Erinnerungen an den Park. Als ich zum ersten Mal in der Öffentlichkeit den Arm um sie legte, waren wir auf der Matterhorn-Bahn. Das war auch der Ort, wo ich sie zum ersten Mal »Mickey« nannte, ein Spitzname, der ihr ganzes Leben lang hängen blieb.
Elias Disney, Walts Vater, war im Jahr 1906 mit seiner Familie von Chicago nach Marceline gezogen, als der kleine Walter erst vier war. Damals hatten zwei ihrer Nachbarsjungen versucht, ein Auto zu stehlen, und hatten bei der anschließenden Schießerei einen Polizisten getötet.
Als Kind verbrachte Walt mehr Zeit in Chicago und Kansas City, aber Marceline hatte weitaus mehr Einfluss auf sein Leben als jeder andere Ort, an den es die nomadenhaften Disneys verschlug. Disney selbst sprach von seinen Jahren in Marceline als seinen glücklichsten Tagen und wurde von einer Zeitung mit den Worten zitiert: » Ehrlich gesagt sind mir in Marceline mehr Dinge von Bedeutung passiert als jemals davor oder danach. «
Ich wäre fast an Disneys Kindheitszuhause, einem hübschen, aber unscheinbaren Haus, vorbeigelaufen, ohne es zu erkennen. Es war leicht zu übersehen. Das Haus war ein privater Wohnsitz, sein Status als Wahrzeichen nur durch ein kleines Schild ausgewiesen.
Während ich am Rand des Grundstücks stand und auf das Haus starrte, fragte ich mich, wie verwundert die Bewohner der Stadt wohl gewesen wären, wenn sie gewusst hätten, was die Zukunft bereithielt: dass der kleine Junge, der durch die unbefestigten Straßen lief und auf ihre Bäume kletterte, eines Tages in jedem Winkel der Welt bekannt sein würde.
Eine halbe Stunde später erreichte ich die Hauptstraße der Stadt. Ich hatte gelesen, dass die Main Street USA im Disneyland Marcelines Hauptstraße nachempfunden war, aber als ich jetzt ihre schlichten und alternden Fassaden sah, wusste ich, dass Disneys Neuschöpfung eher einer verklärten Erinnerung als der tatsächlichen Realität entsprang.
In der Hauptstraße von Marceline fand ich ein Bed & Breakfast über dem Uptown Theater, dem Filmtheater, das Disney ausgewählt hatte, um dort 1956 In geheimer Mission uraufzuführen. Das kleine Apartment war mit Disney-Souvenirs geschmückt und roch nach Allzweckreiniger mit Zitrusduft. Es besaß zwar nicht den Charme der meisten Bed & Breakfast-Unterkünfte, aber die Tatsache, dass Disney hier gewesen war, reichte aus, um meinen Aufenthalt zu rechtfertigen.
Am nächsten Morgen ging ich zurück zur 36, noch einmal vorbei an dem Disney-Haus. Früher hatte ich immer zu McKale gesagt, ich würde eines Tages gern Marceline besuchen. Damals war ich davon ausgegangen, dass wir das zusammen tun würden. Ich fragte mich, ob sie wusste, dass ich es geschafft hatte.
Dreiundzwanzigstes Kapitel
Heute habe ich einen selbst ernannten Tramp mit einer äußerst unglücklichen Vorstellung von Gott kennengelernt.
A LAN C HRISTOFFERSENS T AGEBUCH
Als ich Israel sah, lehnte er am Geländer der Freeway-Auffahrt von Marceline nach Osten, einen Rucksack neben sich auf dem Boden. Er schien etwa Anfang bis Mitte dreißig zu sein, klein, mit rotblondem Haar und einer Brille mit dicken Gläsern in einem runden Gestell. Er hielt ein Pappschild in der Hand, auf dem stand:
ST. LOUIS
Ich nickte ihm zu. »Hey.«
»Wie geht’s?«, fragte er fröhlich.
»Gut«, erwiderte ich. »Und selbst?«
»Perfekt. Schöner Tag, um draußen zu sein.«
»Gutes Wanderwetter«, sagte ich.
»Wohin bist du unterwegs?«, fragte er.
»Key West.«
»Netter Ort, Key West.« Er nickte knapp. Er war der erste Mensch, dem ich das sagte, der nicht mit Verblüffung darauf reagierte.
»Und du?«, fragte ich.
»Arkansas. Da unten
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