So weit die Hoffnung trägt - Roman
wieder mit der 29 schnitt, die bis zur Grenze des Bundesstaats Missouri verlief.
Es gab nicht viel zu sehen, und meine Gedanken schweiften ab. Ich dachte viel über Analise nach. Was würde wohl aus ihr werden? Ich kannte sie kaum, und doch sorgte ich mich um sie. Während ich über dieses Phänomen nachgrübelte, lernte ich etwas über mich selbst: Ich hatte schon immer eine Schwäche für junge Frauen in Not gehabt. Schon immer. Und McKale war eine von ihnen gewesen.
Pamela hatte mich gefragt, ob McKale mich so gebraucht hätte, wie sie es tat, wenn sie eine bessere Mutter gewesen wäre. Die Frage, die ich mir nie gestellt hatte, war: Hätte ich mich auch so zu McKale hingezogen gefühlt, wenn siemich nicht gebraucht hätte? Hatte ich in Analises Schmerz McKale gesehen?
Ich wusste es nicht. Und ich glaube auch nicht, dass ich es wissen wollte. Daher zwang ich mich, an andere Dinge zu denken, und ging einfach weiter. Vier Tage später erreichte ich die Stadt St. Joseph.
Einundzwanzigstes Kapitel
Der Mann, der einen Eckladen ausraubt, ist ein Dieb. Der Mann, der hunderte ausraubt, ist eine Legende. Und der Mann, der Millionen ausraubt, ist ein Politiker.
A LAN C HRISTOFFERSENS T AGEBUCH
St. Joseph wurde zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts von einem Pelzhändler namens Joseph Robidoux gegründet. Zu seiner Glanzzeit war es ein blühender Vorposten der Wildnis – der letzte Haltepunkt am Missouri River und das Tor zum Wilden Westen. Und es war das Ende der Bahnlinie für die Züge nach Westen.
Heute hat St. Joseph eine Bevölkerung von über fünfundsiebzigtausend Einwohnern. Die Stadt ist für mehrere Dinge berühmt, unter anderem als Hauptquartier und Ausgangspunkt für den legendären Pony-Express, der die Post in diejenigen Städte im Westen brachte, die mit der Eisenbahn nicht zu erreichen waren. Und es ist die Stadt, in der der berüchtigte Bandit Jesse James erschossen wurde.
Als ich nach St. Joseph kam, fiel mir als Erstes die wunderschöne Architektur der Stadt auf. Ich erreichte die Stadt durch ein Industriegebiet und ein paar Vororte, bis ich schließlich in eine Gegend mit Einkaufszentren und Hotels kam. Ich stieg in einem gepflegten Hotel namens Stoney Creek Inn ab, einem Familienhotel im Westernstil.
An jenem Abend aß ich in einer Barbecue-Bude namensRib Crib. Nachdem ich einen Blick auf die Speisekarte geworfen hatte, fragte ich meinen Kellner, was denn der Unterschied zwischen St. Louis Ribs und normalen Ribs sei. Er antwortete: »Die St. Louis Ribs haben weniger Fleisch und sind nicht so gut.«
»Dann nehme ich die normalen Ribs«, sagte ich, ziemlich sicher, dass er nicht viele St. Louis Ribs verkaufte. Ich aß, bis ich satt war, dann ging ich eine Meile weit zurück zu meinem Hotel und ließ mich ins Bett fallen.
Am nächsten Morgen beschloss ich, die drei angepriesenen Touristenattraktionen der Stadt zu besichtigen, angefangen mit dem Patee House Museum.
Das Patee House wurde ursprünglich als 140-Zimmer-Luxushotel errichtet und war zu seiner Zeit eines der bekanntesten Hotels im Westen. Darüber hinaus diente es als Hauptquartier für den Pony-Express. Zu meiner Überraschung erfuhr ich, dass der Pony-Express trotz all seiner Verrufenheit nur ganze achtzehn Monate existierte. Heute gilt das Patee House Museum als eines der Top-Ten-Westernmuseen des Landes.
Keinen Block vom Patee House Museum entfernt befindet sich das Haus, in dem Jesse James getötet wurde. Das ist kein Zufall. Aus kommerziellen Gründen wurde das Haus von seinem ursprünglichen Standort an seinen jetzigen Platz verlegt.
Die Ermordung von Jesse James im Jahr 1882 sorgte landesweit für Schlagzeilen. James hatte sich in St. Joseph unter dem Decknamen Tom Howard versteckt, in der Hoffnung, als gesetzestreuer Bürger mit seiner Frau und seinen beiden Kindern ein neues Leben anzufangen. Nach einer solch berüchtigten Karriere und mit einer langen Liste von Feinden war James verständlicherweise sehr misstrauisch, daher heuerte er zwei Brüder an, die ihn beschützen sollten, Charley und Robert Ford – Freunde der Familie, denen er, wie er glaubte, vertrauen konnte.
Ohne dass James etwas davon ahnte, hatte sich Robert Ford mit dem Gouverneur verschworen, um den Banditen zu verraten. Eines Tages, während James auf einem Stuhl stand, um ein schiefes Bild an der Wand zurechtzurücken, schoss ihm Ford in den Hinterkopf.
Danach eilten die Ford-Brüder zum örtlichen Sheriff, um die Zehntausend-Dollar-Belohnung
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