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So weit die Wolken ziehen

So weit die Wolken ziehen

Titel: So weit die Wolken ziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Fährmann
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Lötsche ein. »Wie sollen wir uns verhalten, wenn die LMF uns bittet, sie bei den Freizeitveranstaltungen und den nationalen Feierstunden zu unterstützen?« Sie wollte noch die Gedenkstunde an die Helden des Marschs auf die Feldherrnhalle am 9. November 1923 erwähnen, doch ihr wurde das Wort abgeschnitten.
    »Nur wenn Frau Malik Sie einsetzen will und ausdrücklich Ihre Mithilfe anfordert, nur dann sind Sie gefragt.«
    Nun mischte sich Frau Luschnigg aus der Kommission ein. »Ich möchte Sie noch darauf hinweisen, dass auch die von Ihnen verschiedentlich veranstalteten Literaturabende nicht erwünscht sind. Vor allem nachdem wir erfahren haben, welche Bücher dafür ausgewählt worden sind.«
    Dr. Scholten, der die Mädchen gelegentlich zu einem literarischen Gespräch eingeladen hatte, wollte widersprechen, doch Herr Ballnigel sagte: »Ausdrücklich möchte ich die tadellose Führung der Personalakten, die bis auf den Pfennig stimmende Lagerkasse, die Übersichtlichkeit der Verwaltungsvorschriften und insgesamt die Ordnung im Büro des Herrn Direktor bestätigen. Das soll bei dem Vorgänger von Herrn Aumann nicht immer so gewesen sein. Damit ist wohl alles gesagt. Halt. Noch eine Nachricht, die Sie freuen wird. Den wiederholten Bitten der Schulleitung, schon aus der Zeit vor Direktor Aumann, haben die zuständigen Stellen stattgegeben. In der nächsten Woche kommt aus Ihrer Stadt im Ruhrgebiet eine Rotkreuzschwester in den Quellenhof. Wenn ein Mädchen mal Schnupfen hat, kann ihr besser geholfen werden. Die Schwester heißt … ach, einen Augenblick bitte.« Er zog einen Briefbogen aus dem Ärmelaufschlag seiner Jacke und las: »Nora van Middelbeck. Genau die hatten Sie, Dr. Scholten, ja wiederholt angefordert und darauf hingewiesen, dass diese Schwester auch durchaus bereit sei, in dieses Nest hier zu kommen. Diese van Middelbeck scheint ja eine Adelige zu sein.«
    Dr. Scholten war überrascht, dass tatsächlich Schwester Nora nach Maria Quell beordert worden war. Er kannte Frau van Middelbeck aus dem Chor, den er in Oberhausen geleitet hatte.
    »Eine heilkundige Schwester ist bei den Zuständen im Tannenhaus …«, sagte Frau Krase. »Ich meine die sanitären Einrichtungen und die Schlafräume …«
    »Weil es dort Strohsäcke gibt und fließendes Wasser nur im Waschhaus?«, vergewisserte sich Herr Ballnigel.
    »Ja, zum Beispiel. Die Mädchen müssen immer hinüberlaufen, wenn sie sich waschen wollen. Und das sogar im Winter.«
    Die Mitglieder der Kommission standen auf. Ballnigel sagte: »Von Strohsäcken ist noch niemand krank geworden. Ich habe in meiner Kindheit immer nur auf einem Strohsack geschlafen. Fragen Sie doch mal Ihre Großeltern. Die könnten Ihnen das Gleiche erzählen. Und denken Sie an die Erfahrung der Bewegung: Was uns nicht umbringt, macht uns härter. Und an das Wort unseres Führers natürlich: Hart wie Kruppstahl soll unsere Jugend werden.« Er wandte sich an Dr. Scholten. »Mit Ihnen, Herr Doktor, muss ich noch ein Wörtchen unter vier Augen reden.«
    Alle anderen verließen den Raum.
    Ballnigel setzte sich auf Direktor Aumanns Stuhl, streckte die Beine weit von sich und sagte: »Man hat mir gemeldet, dass Sie einen engen Kontakt zu Kirche und Kloster dort oben pflegen. Zu eng, wie ich meine. Sie sind doch Parteigenosse.«
    Er stand auf, trat direkt vor Dr. Scholten und tippte auf das Parteiabzeichen an dessen Jackenaufschlag. »Sie spielen die Orgel, ja, Sie erlauben sich sogar, in den Gottesdiensten gelegentlich den Vorbeter zu machen. Haben Sie vergessen, dass Sie für Ihre Zöglinge ein Vorbild sein müssen?«
    »Ich wüsste nicht, dass es Gesetze oder Verordnungen gibt, die das, was ich tue, untersagen.«
    »Gesetze! Verordnungen!« Ballnigel wurde laut. »Ich scheiße auf Ihre Scheinargumente. Es geht darum, dass Sie durch Ihr Verhalten die Erziehung der Mädchen in unserem nationalen Sinne sabotieren. Ich rate Ihnen, Ihre renitente Haltung zu überdenken und zu ändern. Bei erneuten Klagen werden wir mit Ihnen Schlitten fahren, Herr Doktor.«
    Noch bevor Dr. Scholten etwas entgegnen konnte, drehte sich Ballnigel um, riss die Türen auf und ging über den Flur zum Ausgang. Die Stiefelabsätze schlugen hart auf die Fliesen.
    Dr. Scholten stand wie erstarrt. Irgendwann kam Frau Krase herein und sagte: »Wir warten auf Sie, Herr Doktor. Die Kommission ist gerade mit dem Auto abgefahren. Der Direktor hat eine Flasche Cognac aufgemacht. Beutegut aus Frankreich. Er lädt uns alle zu

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