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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen. Wir konnten heute nur kommen, weil sie noch mal wegmusste.«
    »Hast du es dabei?«, fragte Leo, als wären ihre Entschuldigungen nur inhaltslose Floskeln, und Kit spürte, wie Lally jäh erstarrte.
    »Nein. Es ist in unserem Haus. Meine Mutter lässt Sam und mich nicht dorthin zurückgehen. Sie will nicht, dass wir unserem Dad begegnen.«
    »Dann haben sie sich also noch nicht wieder versöhnt, deine Eltern?« Irgendetwas in Leos Stimme jagte Kit einen Schauer über den Rücken.
    Kit hörte Lallys stockenden Atem – es klang fast wie ein
Schluchzen. Instinktiv streckte er die Hand aus und legte sie beschützend auf ihre Schulter.
    Sie wich ihm aus, doch nicht schnell genug. Leo hatte es gesehen. Seine Haltung wurde angespannter, doch sein Ton blieb lässig, als er fragte: »Ist er vielleicht deine Geisel?«
    »Wie meinst du das?«, fragte Lally.
    »He, kleiner Cousin, hör mal. Heute ist ein guter Tag für einen zünftigen Männerabend. Was sagst du dazu, kleiner Cousin? Ich hab’ne Flasche Wodka drüben in meinem Clubhaus – bei dem Wetter kann man es sich ja wohl sparen, sie auf Eis zu legen.«
    »Leo…«
    »Du nicht, Lally.« Seine Stimme war plötzlich schneidend. »Ich sagte ›Männerabend‹. Geh heim. Geh heim und denk lieber darüber nach, wie du deine Mutter dazu bringst, dich wieder ins Haus zu lassen.«
    »Leo, ich …«
    »Das ist das Dumme daran, wenn man andere in seine Geheimnisse einweiht, Lal.« Leo lächelte, während er es sagte, aber Kit wusste, dass es eine Drohung war. »Du kannst dir nie sicher sein, dass sie den Mund halten.«
    »Geh nur, Lally«, sagte Kit. Er wollte nur, dass sie sich in Sicherheit brachte, und er war entschlossen, herauszufinden, womit Leo sie in der Hand hatte. Wenn es die Drogen waren, würde Leo sich doch selbst belasten, wenn er sie verriete. Aber hatte er vielleicht die Narben an ihren Armen gesehen?
    »Aber …«
    »Du hast gehört, was der junge Mann gesagt hat«, höhnte Leo. »Nun lauf schon. Sei ein braves Mädchen.«
    »Du bist ein Schwein, Leo«, sagte Lally. Ihre Stimme bebte, doch dann drehte sie sich um, ohne Kit noch einmal anzusehen, und einen Augenblick später hatte die Dunkelheit sie schon verschluckt.

    Kits Mund wurde trocken, als ihm bewusst wurde, dass er keineswegs sicher war, ob er den Weg zurück allein finden würde. Er musste nur dem Leinpfad folgen, das war alles. Er hatte es einmal gemacht, er würde es auch ein zweites Mal schaffen.
    »Du hast doch nicht etwa plötzlich Bedenken, Kit?« Leo betonte bewusst seinen Namen, jetzt, da Lally weg war. »Komm, wir amüsieren uns ein bisschen. Ich dachte immer, ihr Jungs aus der Großstadt wisst am besten, wie das geht.«
    »Ich weiß nicht …«
    Doch Leo legte ihm den Arm um die Schultern und trieb ihn vom Viehstall weg. Kit merkte jetzt, dass der andere Junge nicht nur einen guten Kopf größer war als er selbst, sondern auch stärker, als er aussah. »Es ist nicht sehr weit. Nur übers Feld und dann ein Stück durch den Wald. Ich weiß da eine ganz besondere Stelle. Die hab ich gefunden, kurz nachdem wir hierher gezogen sind. Konnte ja nie verstehen, was mein Dad an dem alten Gemäuer findet, aber das Grundstück hat durchaus seine versteckten Reize«, fuhr er im Plauderton fort, ohne jedoch seinen Griff um Kits Schultern zu lockern.
    »Warum hat Lally Angst vor dir?«, fragte Kit, entschlossen, Herr der Lage zu bleiben, trotz der Hand in seinem Nacken.
    »Angst vor mir?« Leo klang verletzt. »Lally hat keine Angst vor mir. Wir passen bloß aufeinander auf, das ist alles. Sie hat ein paar schlechte Angewohnheiten, die man unter Kontrolle halten muss. Und ich sorge dafür, dass sie sich nicht mit Leuten einlässt, die einen schlechten Einfluss auf sie haben könnten. Sie ist ein bisschen anfällig für so was. Ich will nicht, dass irgendjemand sie ausnutzt.«
    »Ich werde sie nicht ausnutzen«, entgegnete Kit wütend. Er versuchte sich loszureißen, doch Leos Finger waren wie Stahl.
    »Aber du magst sie. Gib’s zu!«
    Sie tauchten in den Wald ein. Die Dunkelheit umschloss sie,
bis Kits Welt nur noch aus Leos Hand und Leos Stimme zu bestehen schien.
    Als er keine Antwort gab, sagte Leo: »Das ist zu dumm. Peter hat sie nämlich auch gemocht.«

25
    »Das gefällt mir nicht«, sagte Kincaid, als sie wieder auf dem Leinpfad standen. »Was ist, wenn wir uns irren? Es wäre unsere Pflicht, Ronnie zu informieren, und selbst wenn die Wains die Wahrheit

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