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Söhne der Erde 18 - Das Schattenvolk

Söhne der Erde 18 - Das Schattenvolk

Titel: Söhne der Erde 18 - Das Schattenvolk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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lang blieben die schrägen Augen wieder mit jener eigentümlichen Intensität auf ihn gerichtet, als sähen sie tief in ihn hinein und entzifferten seine geheimsten Gedanken. Der Fremde nickte langsam.
    »Du sprichst die Wahrheit«, sagte er. »Und nun laß mich in deinen Gedanken lesen, wer ihr seid und woher ihr kommt - Sonnengeborene, die einen Teil des Wissens von Überlebenden besitzen.«
    Es war eine gespenstische Zwiesprache, von der die nächsten Minuten beherrscht wurden.
    Charru hatte das Gefühl, als berührten fadendünne Fühler seinen Geist, tastend, forschend, vorsichtig immer tiefer dringend. Die Sprache der Gedanken ... Eine Mutation, künstlich erzeugt, aus der unsinnigen Furcht vor geheimen Lauschern geboren ... In diesem Augenblick hatten die zwölf schlanken, stillen Gestalten etwas zutiefst Unmenschliches an sich, und Charru empfand stärker als zuvor, was sie waren: eine sterbende Rasse, für die es auf der neu erwachten Erde keinen Platz mehr gab.
    Sterbende, die ein Recht auf Ruhe hatten.
    Niemand würde sie länger in ihrer Stille und Abgeschiedenheit stören.
    *
    Schwarz wie ein Schattenriß standen die Ruinen von New York vor dem rotglühenden Morgenhimmel.
    Carrissers Hand zitterte, als er sich den Schweiß von der Stirn wischte. Ein paar Schritte von ihm entfernt stand Zai-Caroc mit dem Lasergewehr und ließ den Uranier nicht aus den Augen. Die Blicke der Priester wanderten unruhig zwischen Bar Nergals hochaufgerichteter Gestalt und dem startbereiten Flugzeug hin und her. Nichts war von außen zu sehen. Aber sie kannten alle die unheilvolle Fracht, die der schlanke silbrige Leib der Maschine barg. Tod und Verderben in einem Ausmaß, das sich außer Marius Carrisser niemand wirklich vorzustellen vermochte.
    Der Uranier fühlte sich leer, ausgebrannt, am Ende der Hoffnung.
    Er hatte gehorcht. Niemandem wäre aufgefallen, wenn er den Mechanismus so manipuliert hätte, daß die Bombe nicht fallen konnte, aber er hatte es nicht gewagt. Die Angst saß zu tief, und als er jetzt sprach, waren die Worte mehr für ihn selbst bestimmt denn für den Oberpriester.
    »Du wirst es bereuen ... Man wird Schiffe schicken, um mich zu suchen. Man wird merken, was du getan hast. Und dann rettet dich nichts mehr.«
    Bar Nergals dünne Lippen zuckten.
    Er antwortete nicht. Er hörte nicht einmal zu, verschwendete keinen Gedanken auf die Zukunft. Nichts hatte mehr Platz in seinem Hirn als das Ziel, das jetzt zum Greifen nahe vor ihm lag: die Vernichtung seiner Feinde.
    »Chan?« fragte er krächzend.
    Der junge Mann stand mit verschränkten Armen im Morgenlicht. Unter dem dunklen, gelockten Haar glich sein Gesicht einer Maske. »Ja, Erhabener?«
    »Bist du bereit?«
    »Ich bin bereit, Herr.«
    »Dann mache deine Sache gut, Chan! Ich werde dir Dank wissen. Wenn du zurückkommst, wirst du an meiner Seite sitzen. Ich werde dich zu meinem Heerführer erheben, zu einem der Mächtigen des Reiches, das wir begründen werden. Mach deine Sache gut ...«
    Der Junge neigte den Kopf.
    Flüchtig blickte er zu dem Halbkreis der Katzenfrauen hinüber, in deren Mitte seine Mutter stand. Auch Charilan-Chis Gesicht glich einer Maske. Chan wandte sich ab, ging mit ruhigen Schritten auf die Maschine zu, und nichts in seiner Haltung verriet, daß er sich diesmal davor fürchtete, in die Kanzel zu klettern.
    Minuten später heulten die Triebwerke auf.
    Das Flugzeug begann zu rollen, löste sich von dem grauen Betonfeld, schoß wie ein Pfeil über die Ruinen hinweg in den Morgenhimmel. Einen Augenblick noch war es als silberner Punkt zu erkennen, dann verschmolz es mit dem Rot des Sonnenaufgangs, als werde es von einer feurigen Lohe verschlungen.
    *
    Charru und die fünf anderen Männer verließen die unterirdische Festung des Schattenvolks im Morgengrauen.
    Die anderen hatten lange warten müssen, notdürftig in Foliendecken gehüllt, frierend und fast erstarrt in der eisigen Kälte. Jetzt umdrängten sie erregt die Zurückkommenden, froh über das Ende der quälenden Ungewißheit. Selbst ein Teil der Frauen und Kinder verließen den Schutz der Beiboote, um zuzuhören. Charru berichtete langsam, tastend, immer wieder nach Worten suchend, weil es ihm auch jetzt noch schwer fiel, die Wahrheit ganz zu begreifen. Die meisten anderen reagierten mit ungläubigem Kopfschütteln oder einem Schauer des Entsetzens. Selbst Lara wurde blaß, weil auch für sie die Vision jener Unglücklichen, die sich selbst zu einem Dasein in ewiger Nacht

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