Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Söhne der Erde 18 - Das Schattenvolk

Söhne der Erde 18 - Das Schattenvolk

Titel: Söhne der Erde 18 - Das Schattenvolk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
Vom Netzwerk:
Lippen, als ihm die eigentümlich intensive Art bewußt wurde, in der die zwölf Fremden ihn ansahen.
    Spürten sie seine Verwirrung? Jetzt erhoben sie sich mit einer völlig synchronen, zeremoniell anmutenden Bewegung. Einer von ihnen neigte grüßend den Kopf und lächelte.
    »Du weißt viel, Unbekannter«, sagte er. »Es ist wahr, du mußt ein Überlebender sein, du kannst nicht zu den Sonnengeborenen gehören.«
    Charru zuckte zusammen, weil es die erste normale Stimme war, die er in diesem Schattenreich hörte. Das Lächeln seines Gegenübers vertiefte sich.
    »Erschrick nicht! Wir, der Rat der Regierenden, haben die Sprache der Gründer bewahrt, so wie wir in allem ihr Erbe bewahren. Den Gründern verdanken wir das Überleben, und wir veränderten ihr Erbe in all den Jahrhunderten nur wenig. Unsere Augen sind schärfer als die ihren, denn das Jahrtausend der Verseuchung zwang uns, keinerlei Energie zu vergeuden. Die Sprache der Gedanken mußten wir dem Code einfügen, als wir die ersten Lauscher und Beobachter im All entdeckten und das Jahrtausend der Stille anbrach. Aber der Rat der Regierenden bewahrt immer noch fast unvermischt das Erbe der Gründer.«
    Charru fand keine Antwort.
    Er begriff, daß hier von »Erbe« in einem ganz speziellen, biologischen Sinne die Rede war, im Sinne eines genetischen Codes, den diese Menschen gezielt manipuliert hatten, um sich den erzwungenen Bedingungen ihres Lebens anzupassen. Telepathie in einem »Jahrtausend der Stille« - aus Furcht, in ihrem unterirdischen Reich entdeckt zu werden. Mangel an Energie, Mangel an Licht und Wärme - und Augen und Körper, die damit fertig wurden. Augen und Körper, die das Sonnenlicht nicht mehr ertrugen ... Wesen, die ihr dunkles Exil nur noch bei Nacht verlassen konnten ...
    »Du hast recht«, sagte der Fremde. »Jahrhundertelang haben wir geglaubt, daß die Erde niemals mehr bewohnbar sein würde. Wir hatten die Wahl, mit dem Versiegen unserer Energievorräte zu sterben oder uns zu ändern. Wir verringerten das Licht, verringerten Wärme und Nahrung und hofften, daß die Evolution das Ihre tun werde. Es ging zu langsam, die Zeit der Dunkelheit rückte zu schnell näher. Wenige hätten überlebt, also mußten wir ihre Zahl steigern. Wir nahmen die Mutanten, die überleben konnten, und züchteten Clones von ihnen. Wir nahmen stets die Exemplare, die sich am besten angepaßt hatten, und so machten wir Fortschritte, während nur noch der Rat der Regierenden das Vergangene bewahrte.« Eine Pause entstand, und jetzt schien ein Ausdruck dunkler Trauer das weiße Gesicht mit den schrägen Augen zu beschatten. »Wir glaubten, die Natur überlisten zu können. Und als die Erde wieder bewohnbar und die Rückkehr zur Sonne möglich wurde, waren wir Sklaven der Dunkelheit geworden.«
    »Ihr könnt nicht mehr zurück?« fragte Charru leise.
    »Wir können nicht mehr zurück. Selbst wir, der Rat der Regierenden, haben die Fähigkeit verloren, die Sonne zu ertragen. In unserem Kampf, die Finsternis zu überleben, vergaßen wir das Rüstzeug für die Rückkehr ins Licht, und jetzt gestattet uns nur noch die Nacht, diese Welt zu verlassen. Verstehst du nun, daß wir die Sonnengeborenen fürchten? Verstehst du, was es für uns bedeuten würde, bräche jemand in unsere Welt ein, um uns ans Licht zu zerren?«
    »Ich verstehe es«, sagte Charru. »Aber von uns habt ihr nichts zu befürchten.«
    »Das wissen wir. Eure Absichten sind friedlich. Und doch fürchten wir eure Nähe, fürchten wir das, was ihr auf uns ziehen könntet, die Veränderungen, die ihr vielleicht mit euch bringt.«
    Charru nickte.
    Er wußte, daß die Fremden recht hatten. Bar Nergal mochte ihnen trotz der Waffen aus der irdischen Vergangenheit nicht gefährlich werden können. Aber wehe ihnen, wenn ein einziger Marsianer je erfuhr, daß hier ein Volk von Überlebenden mit hochentwickelter Technik und Wissenschaft existierte. Die Vereinigten Planeten, die ihre Sicherheit schon von den Terranern bedroht sahen, würden dieses Schattenreich niemals dulden. Sie würden es vernichten oder das tun, was die unglücklichen Geschöpfe am meisten fürchteten: Sie ans Licht zerren, um sie der Wissenschaft als Forschungsobjekt auszuliefern.
    »Wir werden dieses Tal verlassen«, sagte Charru ruhig. »Jenseits des Gebirges im Norden gibt es Steppen, in denen wir vielleicht auf die Dauer leben können. Und von uns wird niemand etwas über eure Existenz erfahren, das schwöre ich euch.«
    Einen Moment

Weitere Kostenlose Bücher