Söldner des Geldes (German Edition)
Mittzwanziger, widersprach: «Derjenige, der Tadic verhört, sollte auch denjenigen mit der Bomberjacke befragen. Es gilt schliesslich abzuklären, wer für die Schäden im ‹Wildstrubel› aufkommen muss.»
«Dann mach du doch den ganzen Mist allein!», verfügte Habegger unwirsch. «Blatter und Wampfler können dir dabei assistieren. Ich gehe wieder auf den Posten zurück. Die anderen sollen mich begleiten.» Er warf Lauber, der sich ein Lächeln nicht verkneifen konnte, einen bösen Blick zu. Konnte es sein, dass dieser Grünschnabel es mit seiner Bemerkung darauf angelegt hatte, ihm das Verhör abzuluchsen? Zur Gesichtswahrung, entschied er, blieb ihm so oder so nur noch ein geordneter oder wenigstens geordnet aussehender Rückzug. Den trat er an, und das Letzte, was er vernahm, als er das Feld räumte, war der Protest des Kerls mit der Bomberjacke: Er werde sich von Wachtmeister Habegger oder gar nicht befragen lassen.
Den Burschen kannte er, wenn auch nur vom Sehen – auch Habegger besuchte regelmässig die Gaststätte «Winkelried». Er hörte noch, wie Lauber ihm ziemlich unwirsch ins Wort fiel: «Das hätte gerade noch gefehlt, wenn solche Radaubrüder sich auch noch die Polizisten aussuchen könnten!»
Habegger ärgerte sich plötzlich sehr darüber, seinem Kollegen dieses Verhör überlassen zu haben.
* * *
Die acht Skinheads wurden nach dem Verhör durch den Polizeibeamten Beat Lauber bis zum nächsten Morgen in den Arrestzellen des Polizeipostens Flurmühle eingesperrt, wegen Hausfriedensbruch angeklagt und in der nachfolgenden Gerichtsverhandlung zu happigen Bussen verurteilt. Zudem mussten sie für den angerichteten Schaden im «Wildstrubel» aufkommen. Die anderen Festgenommenen durften noch am selben Abend nach Hause.
Am folgenden Tag war die Schlägerei der Lokalzeitung «Oberländer Bote» eine Schlagzeile wert. Irritiert las Lauber morgens beim Kaffeetrinken den Artikel, der überhaupt nicht dem entsprach, was er erlebt hatte. Von einer «Schlägerei zwischen Rechts- und Linksextremen» wurde berichtet; der Sachschaden sei gross, mehrere Randalierer aus beiden Gruppen seien noch in Haft.
Ob er bei der Zeitung anrufen und die Fehler richtigstellen sollte? Er hätte grosse Lust dazu gehabt. Dann kam ihm ein anderer Gedanke: Noch besser war es wohl, eine Medienmitteilung zu schreiben und sie Leutnant Binggeli weiterzugeben. Damit war der Dienstweg korrekt eingehalten, und sein Vorgesetzter konnte sich nicht übergangen fühlen.
Lauber fiel aus allen Wolken, als Binggeli nur den Kopf schüttelte, nachdem er seine Richtigstellung gelesen hatte. Das zu veröffentlichen sei nicht mehr nötig.
«Hat denn schon jemand eine Richtigstellung veranlasst?», erkundigte er sich. Dass es einer seiner Kollegen gewesen sein könnte, erschien ihm schwer vorstellbar.
«Niemand», musste der Postenkommandant zugeben. «Es ist nicht nötig, wegen jeder Kleinigkeit mit den Zeitungen herumzustreiten. Die schreiben ohnehin, was sie wollen.»
«Aber das grenzt doch an üble Nachrede!», protestierte Lauber. «Die Angreifer waren eindeutig die Glatzköpfe. Und wieso Linksradikale? Die anderen waren ganz normale junge Leute.»
«Jugos», berichtigte Binggeli.
«Nur ein Teil von ihnen», widersprach Lauber. «Abgesehen davon: Seit wann darf man jemanden ungestraft verleumden, nur weil er aus einem anderen Land kommt?»
Binggeli seufzte. Beat Lauber hatte erst vor ein paar Wochen, zu Jahresbeginn 1999, seinen Dienst im Polizeiposten Flurmühle angetreten. Er musste sich in manches erst noch hineinfinden. Aber inzwischen sollte er doch zumindest verstanden haben, dass man in einem kleinen Kurort wie Interlaken gewisse Dinge nicht ganz so eng sah, wie er es auf der Polizeischule gelernt hatte.
Der Artikel im «Oberländer Boten» wurde, sehr zu Laubers Ärger, nicht richtiggestellt.
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