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Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie

Titel: Sofies Welt - Roman über die Geschichte der Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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dastehen.
    Noch zu seinen Lebzeiten galt er als rätselhafte Person und nach seinem Tod wurde er bald als Gründer der verschiedensten philosophischen Richtungen betrachtet. Eben weil er so rätselhaft und mehrdeutig war, konnten ihn sehr unterschiedliche Richtungen für ihre Ansichten reklamieren.
    Feststeht, dass er potthässlich war. Er war klein und dick und hatte Glupschaugen und eine Himmelfahrtsnase. Aber sein Inneres war »vollkommen herrlich«, wie es hieß. Und weiter: Man könne in der Gegenwart und in der Vergangenheit suchen, aber seinesgleichen werde man nirgends finden.
    Trotzdem wurde er wegen seiner philosophischen Aktivitäten zum Tode verurteilt.
    Das Leben des Sokrates kennen wir vor allem durch Platon , der sein Schüler war und selber einer der größten Philosophen der Geschichte.
    Platon verfasste viele Dialoge – oder philosophische Gespräche –, in denen er Sokrates auftreten lässt.
    Wenn Platon dem Sokrates Worte in den Mund legt, können wir nicht sicher sagen, ob Sokrates diese Worte wirklich auch gesprochen hat. Deshalb ist es nicht leicht, die Lehre des Sokrates von der des Platon zu unterscheiden. Dieses Problem gilt auch für mehrere andere historische Persönlichkeiten, die keine schriftlichen Quellen hinterlassen haben. Das bekannteste Beispiel ist natürlich Jesus. Wir können nicht sicher wissen, ob der »historische Jesus« wirklich gesagt hat, was Matthäus oder Lukas ihm in den Mund legen. Auf dieselbe Weise wird es immer ein Rätsel bleiben, was der »historische Sokrates« wirklich gesagt hat.
    Wer Sokrates »eigentlich« war, ist aber trotzdem nicht so wichtig. Es ist vor allem Platons Bild von ihm, das die westlichen Denker seit fast 2400 Jahren inspiriert.
Gesprächskunst
    Der eigentliche Kern in Sokrates’ Wirken war, dass er die Menschen nicht belehren wollte. Statt dessen vermittelte er den Eindruck, selber von seinem Gesprächspartner lernen zu wollen. Er unterrichtete also nicht wie irgendein Schullehrer. Nein, er führte Gespräche .
    Aber er wäre ja kein berühmter Philosoph geworden, wenn er den anderen nur zugehört hätte. Dafür wäre er natürlich auch nicht zum Tode verurteilt worden. Aber vor allem zu Anfang stellte er nur Fragen. So gab er gern vor, nichts zu wissen. Im Laufe des Gesprächs brachte er dann oft den anderen dazu, die Schwächen seiner Überlegungen einzusehen. Es konnte dann vorkommen, dass der Gesprächspartner in die Ecke gedrängt wurde und am Ende einsehen musste, was Recht und was Unrecht war.
    Sokrates’ Mutter war angeblich Hebamme und Sokrates verglich seine eigene Tätigkeit mit der Hebammenkunst. Es ist ja nicht die Hebamme, die das Kind gebiert. Sie ist nur dabei und hilft während der Geburt. Sokrates sah es also als seine Aufgabe an, den Menschen bei der »Geburt« der richtigen Einsicht zu helfen. Denn wirkliche Erkenntnis muss von innen kommen. Sie kann anderen nicht aufgepfropft werden. Nur die Erkenntnis, die von innen kommt, ist wirkliche »Einsicht«.
    Ich präzisiere: Die Fähigkeit, Kinder zu gebären, ist eine natürliche Eigenschaft. Ebenso können alle Menschen philosophische Wahrheiten einsehen, wenn sie nur ihre Vernunft anwenden. Wenn ein Mensch »Vernunft annimmt«, holt er etwas aus sich selber heraus.
    Gerade dadurch, dass er den Unwissenden spielte, zwang Sokrates die Menschen dazu, ihre Vernunft anzuwenden. Sokrates konnte Unwissenheit heucheln – oder sich dümmer stellen, als er war. Das nennen wir sokratische Ironie . Auf diese Weise konnte er immer wieder Schwächen im Denken der Athener aufdecken. Das konnte mitten auf dem Marktplatz passieren – also in aller Öffentlichkeit. Eine Begegnung mit Sokrates konnte bedeuten, dass man sich blamierte und vor großem Publikum lächerlich gemacht wurde.
    Es ist deshalb kein großes Wunder, dass er schließlich auch störend und nervtötend wirkte – vor allem auf die Mächtigen in der Gesellschaft. Athen sei wie eine träge Stute, sagte Sokrates, und er wie eine Bremse, die ihr in die Flanke steche, um ihr Bewusstsein wach zu halten. (Was macht man mit Bremsen, Sofie? Kannst du mir das sagen?)
Eine göttliche Stimme
    Sokrates biss seinen Mitmenschen aber nicht dauernd in die Wade, weil er sie quälen wollte. In ihm steckte etwas, das ihm keine andere Wahl ließ. Er sagte immer, er höre in seinem Inneren eine göttliche Stimme. Sokrates protestierte zum Beispiel dagegen, Menschen zum Tode zu verurteilen. Außerdem weigerte er sich, politische Gegner zu

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