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Sohn der Dunkelheit

Sohn der Dunkelheit

Titel: Sohn der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. Ward
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Laden in der Stadt. Da aber sonst niemand in diesem Zimmer wohnte, fragte er sich, ob das Kästchen vielleicht bereits vor seinem Einzug hier gelegen und er es nur nie wahrgenommen hatte.
    Er holte das Schächtelchen raus, klappte den Deckel auf und …
    » Ach, sieh mal einer an. «
    Darin lagen die stahlgrauen Ohrringe und der Hufeisenstecker, den er früher immer in der Unterlippe getragen hatte, als handelte es sich um kostbare Stücke.
    Fritz musste sie bei einer nächtlichen Putzaktion aufgesammelt und in dieses Kästchen gelegt haben. Anders konnte Qhuinn es sich nicht erklären – denn er hatte sich ganz gewiss nicht mehr darum gekümmert, seit er sie nach und nach rausgenommen hatte. Er hatte sie einfach ganz hinten in das Badezimmerschränkchen geworfen.
    Qhuinn betastete die stählernen Stecker und erinnerte sich, wie er sie gekauft und angelegt hatte. Sein Vater war entsetzt gewesen, seine Mutter auch – sie war vom Letzten Mahl aufgestanden und hatte sich für vierundzwanzig Stunden in ihre Privatgemächer zurückgezogen, nachdem er mit den Dingern im Esszimmer eingelaufen war.
    Im Piercingstudio hatte man ihm gesagt, dass er warten solle und die frisch gestochenen Löcher erst heilen müssten, ehe er die medizinischen Stecker gegen die anderen austauschte. Doch dieser Rat mochte für Menschen gelten. Bei ihm war nach ein paar Stunden alles verheilt, und er hatte seine eigenen Stecker eingesetzt.
    Bei Blay auf dem Klo, um genau zu sein.
    Qhuinn zog die Stirn in Falten und erinnerte sich an den Moment, als er aus der Toilette ins Schlafzimmer seines Kumpels getreten war. Blay hatte mit einem Corona auf dem Bett gesessen und ferngesehen. Er hatte sich nach ihm umgeschaut, und sein Ausdruck war offen und gelöst gewesen – bis er Qhuinn sah.
    Da hatte seine Miene sich unmerklich verhärtet. So dezent, dass es nur jemandem auffallen konnte, der ihn wirklich sehr gut kannte. Aber Qhuinn war es nicht entgangen.
    Damals hatte er geglaubt, dass dieser Goth-Look vielleicht eine Spur zu krass für seinen konservativen Freund war. Doch als er jetzt an diese Szene zurückdachte, erinnerte er sich an ein weiteres Detail: Blay hatte sich wieder dem Fernseher zugewandt … und sich beiläufig ein Kissen in den Schoß gestopft.
    Er musste hart geworden sein.
    Als Qhuinn sich dies vergegenwärtigte, schwoll auch sein Schwanz aufs Neue an.
    Doch das war reine Zeitverschwendung.
    Er starrte die verdammten Ohrringe an und dachte an seine Rebellion und die Wut und die verkorksten Vorstellungen, was ihm zu einem glücklichen Leben fehlte.
    Eine Vampirin. Wenn er eine fand, die ihn akzeptierte.
    Er hatte sich etwas vorgemacht.
    Schon komisch. Feigheit gab es in allen erdenklichen Ausformungen. Man musste nicht bibbernd in der Ecke kauern wie ein Jammerlappen. O nein. Man konnte ein vorlauter Muskelprotz sein, der einen auf harten Kerl machte, das Gesicht voller Piercings, und der Welt mit einem abfälligen Lächeln entgegentreten … und trotzdem nichts als ein erbärmlicher Feigling sein. Denn Saxton mochte zwar Dreiteiler mit Krawatten und Loafers tragen, er stand aber dennoch zu dem, was er war, und hatte keine Angst, sich zu nehmen, was er wollte.
    Prompt wachte er zusammen mit Blay im Bett auf.
    Qhuinn schloss das Kästchen und steckte es zurück in die Schublade. Dann sah er in den Spiegel. Was wollte er gleich wieder hier?, fragte er sich und betrachtete sein Gesicht.
    Ach ja. Rasieren.
    Das war’s.
    Ungefähr zwanzig Minuten später verließ Qhuinn sein Zimmer. Er ging den Flur mit den Statuen runter, vorbei an der geschlossenen Tür von Wrath’ Arbeitszimmer und weiter.
    Es war unmöglich, in den Salon im ersten Stock zu schauen und nicht an den unglaublichen Sex mit Blay vor nur wenigen Stunden zu denken. Besonders schwer fiel es ihm, cool zu bleiben, als das Sofa in Sicht kam.
    Er würde dieses Möbelstück nie mehr mit den gleichen Augen sehen können. Scheiße, vielleicht waren alle Sitzgarnituren für ihn verdorben, auf ewig.
    Vor Laylas Zimmer blieb er stehen und legte das Ohr an die Kassettentür. Nichts zu hören, doch er fragte sich, was er eigentlich glaubte, auf diese Weise herauszufinden.
    Er klopfte leise. Als keine Antwort kam, schnürte ihm eine plötzliche, irrationale Angst die Kehle zu, und er stieß die Tür auf.
    Licht strömte in die Dunkelheit.
    Sein erster Gedanke war, dass sie tot war, dass dieser Penner von Havers gelogen hatte und sie an den Folgen des Schwangerschaftsverlusts gestorben

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