Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sohn der Unendlichkeit

Sohn der Unendlichkeit

Titel: Sohn der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
Er war sicher, daß er auch hier eine bestimmte Aufgabe wahrzunehmen hatte. Aber welche war es? Er mußte warten.
    Nach einer Weile fragte er bedrückt:
    »Ich bin abgestürzt wie Dädalos’ Sohn. Ich wollte euch zeigen, wie mächtig und gut die Menschen der Erde sind, und ich habe versagt. Ich bin abgestürzt wie Ikarus. Das war mein persönliches Ikarus-Erlebnis.«
    »So ist es. Der Kreis hat sich geschlossen.«
    »Warum stürzte Ikarus Wirklich ab? Damals, auf unserem Planeten, über Kreta oder in der Nähe dieser Insel?«
    Krates hob die Hand und winkte einem hübschen, jungen Mädchen mit rotblondem Haar, das auf der Terrasse landete und zögernd stehenblieb.
    »Nur herein! Er wird sich freuen, einen weniger alten Bewohner von Halcyon zu sehen!« Und zu Dorian V. gewandt, sagte er:
    »Ikarus war der Sohn Dädalos’ und einer irdischen Frau. Er besaß zwar Schwingen, aber weder waren sie gut genug, noch konnte er sich mit der Technik des Schwebefluges anfreunden. Sein Vater vergrößerte die Schwingen, aber das Material, das Dädalos zur Verfügung hatte, war nicht luft-tauglich. Ikarus starb.«
    Er stand auf und deutete auf das Mädchen.
    »Das ist das Kind«, sagte er. »Wir nennen Volpa so, weil sie für eine Mission ausgebildet wird, die ähnlich wie deine sein wird. Aber darüber später mehr.«
    Dorian betrachtete das Mädchen, nickte und hob die Hand, um Krates zurückzuhalten.
    »Ich habe noch einige Fragen, hauptsächlich technischer Natur«, sagte er. »Hast du noch etwas Zeit?«
    »Natürlich.«
    »Ich kann mich erinnern, mit einer beträchtlichen Geschwindigkeit abgestürzt zu sein. Das geht nicht ohne Knochenbrüche vor sich. Aber ich kann alle meine Glieder bewegen; was habt ihr getan?«
    »Wir ließen dich fünf planetare Tage schlafen; ein Medikament bewirkte den Heilschlaf. Wir untersuchten deinen bemerkenswert unterranischen Körper und heilten die Brüche. Wir diskutierten auch darüber, ob es ratsam sei, dir Schwingen anzubieten. Und zwar biologisch voll funktionierende Schwingen.«
    Wieder mußte Dorian vor der Tragweite dieser Erkenntnis erschrecken. Krates hatte nicht gesagt: ob es möglich, sondern ob es ratsam sei, ihm Schwingen anzubieten. Also konnten sie einem Terraner echte Schwingen an den Rücken zaubern. Sie mußten wahre Meister der biokinetischen Arbeit sein. Noch klüger und mit mehr Möglichkeiten ausgestattet als Biona 1 und Biona 2.
    »Wo ist mein Fluganzug mit den silbernen Schuppen?« erkundigte er sich abwartend.
    Das Kind lachte und erwiderte anstelle von Krates:
    »Wir lassen ihn als Kuriosum von Hand zu Hand gehen. Einer von uns hat sogar deinen Beobachtungswürfel eingefangen. Es war Daedalos.«
    Sie lachte ihn völlig unbefangen an, obwohl sie nicht mehr als ein dünnes Goldkettchen um die Hüften trug. Er brauchte lange, bis er mitlachen konnte. Sein Ikarus-Erlebnis war zu stark. Dieses Volk war ihm persönlich so sehr überlegen, daß er nicht anders als frustriert reagieren konnte.
    »Aha!« murmelte er.
    Volpa setzte sich neben ihn, ergriff seine Hand und sagte in vertrautem Tonfall:
    »Seit während der prächtigen Orogenese der Fries aufgetaucht ist, warten wir auf einen Menschen, der von Terra, Fuega, Algene oder Charontes nach Halcyon kommt. Nun bist du gekommen – unsere Freude ist sehr groß, auch wenn du sie noch nicht bemerkt haben solltest.«
    »Meine Lage ist noch unklar«, sagte Dorian und betrachtete Gesicht und Oberkörper des Mädchens. Volpa schien zwischen dreizehn und fünfzehn Jahren alt zu sein, terranische Zeitrechnung angewendet. Aber deutlich konnte er erkennen, daß sie dieselbe Schein-Überlegenheit besaß wie er selbst in diesem Alter: zuviel theoretisches Wissen, Kenntnisse, die über das normale Maß weit hinausgingen – und wenig praktische Erfahrung in genau diesen Dingen. Letztlich war es auch sein Überhang an Theorie, der ihn in diese bedauerliche Lage gebracht hatte. Ein Routinier wie Sonar oder Diomed III. hätte anders reagiert. Viel überlegener als er.
    »Und wegen dieser Lage kann ich nicht so rechte Freude empfinden. Noch nicht!« sagte er halblaut.
    »Es wird sich alles klären. Heute abend gibt Kassandros ein kleines Fest. Wir alle sind eingeladen. Icaras und Icarea, Daedalea und Daedalos, Krates und alle die anderen. Dann wirst du mehr erfahren und mehr wissen.«
    Er schwieg bedrückt. Endlich, nach längerem Schweigen, bat er Volpa:
    »Lasse mich bitte allein, ja? Ich muß erst einmal wieder zu mir kommen. Wo finde

Weitere Kostenlose Bücher