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Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)

Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)

Titel: Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy Alec
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und sah dann direkt in dessen klare, smaragdgrüne Augen.
    »Gnade?« Er runzelte überrascht die Stirn.
    »Wenn du und die Gestürzten den Plan aufgebt, das Menschengeschlecht zu vernichten.« Michael wandte den Blick von ihm ab.
    »Sein unerschöpfliches Mitgefühl ist mehr, als du verdienst, Lucifer.« Gabriels Stimme war hart.
    »Ts … ts …« Lucifer hatte sofort seine Fassung wiedergefunden. Sein Lächeln war jetzt abfällig. »So spricht der kleine Ministrant.«
    Er riss Michael die Schriftrolle aus der Hand, zerrte sie auseinander und überflog den Text. Dann drehte er sich um. Seine Augen bohrten sich in Gabriels.
    Sein jüngster Bruder hielt dem Blick stand. Er nickte, dann senkte er den Kopf.
    Lucifer wandte sich um und trat hinaus bis an den Rand der großen Freitreppe, die zum Reflexionsbecken hinunterführte. Er blickte hinüber zum Washington Monument, dessen goldene Spitze im Morgenlicht erstrahlte.
    So stand er eine lange Zeit, mit dem Rücken zu seinen Brüdern. Seine Hand krallte sich um die Schriftrolle.
    Schließlich begann er zu sprechen.
    »Er bietet mir Gnade …«, flüsterte er. »Doch Er sollte als Erster von allen wissen, dass ich längst über eine Erlösung hinaus bin … Er spottet meiner.« Seine Augen suchten den Himmel ab. »Sagt meinem Vater, dies ist ein Krieg bis zum Letzten. Ich werde kämpfen. Auf jedem Schritt des Wegs. Bei jeder Gelegenheit. Ich werde mich niemals beugen.«
    Michael starrte ihn eine lange Zeit an. Sein harter Blick bohrte sich in Lucifers Rücken. »Dann heißt es also Krieg, Bruder.«
    Lucifer stand stumm da. Zu guter Letzt drehte er sich um.
    »Und es erhob sich ein Streit im Himmel!« , rief er aus und schloss seine Augen. Er hob sein vernarbtes königliches Antlitz in Ekstase gen Himmel. » Michael und seine Engel stritten mit dem Drachen; und der Drache stritt und seine Engel. Die klassische Version.« Er öffnete ein Auge. »Sie hat eine gewisse Wortgewandtheit … meinst du nicht auch?«
    Er sah Michael an, mit einem angedeuteten spöttischen Lächeln. Sein Bruder starrte finster zurück.
    »Und siegten nicht« , führte Michael das Zitat knirschend fort, »auch ward ihre Stätte nicht mehr gefunden im Himmel.«
    »Krieg zwischen Brüdern.« Lucifer trat näher an Michael heran. »So etwas …«, murmelte er, »… so etwas sollte es nie geben.«
    Er fasste Michael an der Schulter und brachte seine Lippen ganz nahe an seines Bruders Ohr. »Wir vor allem«, flüsterte er, »Fürsten der Engel – Brüder –, sollten nie vor die Wahl gestellt werden.«
    Lucifers Züge verzerrten sich zu einer Maske der Verachtung. »Es ist würdelos.« Er zerquetschte die Schriftrolle in der Hand. »Es zeigt Seine Schwäche. Seine Achillesferse«, zischte er. »Es ist genau der Grund, weshalb Er den Thron freimachen sollte … den Thron, den ich einzunehmen gedenke, Michael.«
    Michael entfernte Lucifers Hand von seiner Schulter. »Das wäre ein kalter Tag in der Hölle!«, blaffte er.
    Lucifer verbeugte sich in gespielter Unterwerfung vor Michael. »Sag Jehovah …«, murmelte er, mit einer Stimme wie das Säuseln des Windes, »Er kann sich jederzeit mir ergeben, wenn Er will.« Er rieb sich das Kinn, wie um nachzudenken. »Ich könnte Ihm sogar Gnade gewähren.« Dann fuhr er zu Gabriel herum und fauchte: »Aber nicht dem Nazarener!«
    Er legte den Kopf einen Moment auf die Seite und studierte seine Brüder eingehend. »Nein, es wird keine Kapitulation geben«, erklärte er dann, diesmal ganz nüchtern. »Mein Plan, das Menschengeschlecht auszulöschen, ist viel weiter fortgeschritten, als Jehovah zuzugeben wagt. In diesem Augenblick steigt mein Sohn in den Reihen der Maßlosen und Ungehemmten an den Schaltstellen der Macht auf.« Er hüllte sich in seinen Samtmantel. »Ihr werdet mich über die Zeit unseres Krieges in Kenntnis setzen.«
    »Du wirst eine offizielle Mitteilung von den Königlichen Höfen erhalten«, erwiderte Michael kühl.
    »In der Mitte der Drangsal …«, Gabriels Stimme war leise. »Wenn der Sohn der Verdammnis seinen Pakt mit Israel bricht … ist die Zeit des Kampfes zwischen Michael und dem Drachen gekommen.« Seine Augen bohrten sich in die von Lucifer. »Du wirst verlieren, Lucifer – wie du auf Golgatha verloren hast.«
    Lucifer starrte unter verhangenen Lidern auf Gabriels makelloses Antlitz. »Das, mein naiver jüngerer Bruder … wird sich zeigen.«
    Er wandte sich ab. »Sagt Ihm, wenn ich verliere, werde ich mir ein Königreich auf

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