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Himmelskraft

Titel: Himmelskraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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In flottem Tempo rollte ein Kraftwagen über die Landstraße. Ein jüngerer Mann saß am Steuer. Jetzt ließ er den Wagen langsamer laufen, steuerte nur noch mit einer Hand, während die Finger der andern auf einer Landkarte hin und her gingen.
    Nun schien er gefunden zu haben, was er suchte, und brachte sein Gefährt an einer Stelle zum Stehen, an der ein breiter Feldweg von der Landstraße nach links in die Heide ab zweigte. Ein ganz gewöhnlicher, ziemlich stark zerfahrener Feldweg war es, einzig auffällig nur durch ein Verkehrszeichen, das ihn für Fahrzeuge aller Art sperrte. Ein anderer hätte sich vielleicht über das Schild gewundert. Der Insasse dieses Wagens aber, Mister Henry Turner aus Pretoria in der Südafrikanischen Union, schien jedoch etwas Derartiges erwartet und gesucht zu haben. Er hielt und unterzog die Gegend zur Linken der Landstraße einer eingehenden Musterung, wobei er des öfteren den Nacken weit nach hinten bog, als ob er auch am Himmel etwas erspähen wollte. Vereinzelte Wolkenfetzen, die der Frühlingswind über das Firmament jagte, schienen seine Beobachtung für eine kurze Weile zu stören, doch sobald sie sich verzogen hatten, setzte er seine Untersuchung fort, nahm jetzt ein gutes Fernrohr und dann sogar einen Theodoliten zu Hilfe und visierte viele Minuten hindurch, während er gleichzeitig Zahlen auf einen Notizblock niederschrieb. Nur mit außergewöhnlich scharfen Augen hätte man ohne Glas die Objekte entdecken können, denen das Interesse und die Messungen des einsamen Kraftfahrers galten. Winzige silbrig schimmernde Pünktchen waren es, die sich nach Süden hin am Firmament abzeichneten.
    Ein fernes Motorengeräusch durchbrach die Stille der Heide. Für Mister Turner war es die Veranlassung, seinen Wagen wieder in Gang zu setzen und langsam weiterzufahren. Aus ganz bestimmten Gründen legte er keinen Wert auf Zuschauer bei seinen Beobachtungen und Untersuchungen.
    Aber immer wieder fühlte er sich veranlaßt, den Kopf nach links zu wenden und in die Höhe zu blicken, und dann war, ehe er sich’s versah, das Malheur geschehen. Der Wagen eckte mit dem rechten Vorderrad an einen Prellstein an und landete in einem tiefen Chausseegraben.
    Abgesehen von einem kräftigen Stoß, den Mr. Turner dabei von dem Steuerrad in die Magengrube bekam, war nichts Ernstliches passiert. Fahrer und Wagen waren unversehrt; nur mit dem Weiterkommen sah es schlecht aus, denn die steilen Grabenböschungen ließen ein
    Herausarbeiten mit eigener Maschinenkraft ziemlich aussichtslos erscheinen. Vergeblich versuchte der Südafrikaner es ein paarmal; auf dem glatten, schlammigen Grabenboden drehten sich die Räder nur auf der Stelle und wühlten sich immer tiefer ein, ohne das Fahrzeug vom Fleck zu bringen. Mißmutig setzte er den Motor wieder still und schickte sich eben an, aus dem Wagen herauszuklettern, als er einen Mann auf der Chaussee daherkommen sah.
    Der muß mir Hilfe auftreiben, irgendeinen Bauern mit einem Gespann, der mir die Karre aus dem Graben zieht. Kleidung und Aussehen des Fremden schienen der Vermutung Turners, daß es sich um einen Einwohner handelt, recht zu geben. Vielleicht ist’s ein Schäfer, der hier irgendwo seine Schnucken hütet, ging es Turner durch den Kopf, als der alte Mann bei ihm haltmachte und sich kopfschüttelnd die Sachlage besah. Turner öffnete den Mund, um etwas zu sagen, als der andere ihn schon ansprach.
    »Wie haben Sie das fertiggebracht, Herr? Der Weg hier ist doch wirklich breit genug. Ich werde einen Bulldog vom Feld holen. Zehn Minuten wird’s dauern, so lange müssen Sie Geduld haben.«
    Turner ließ sich am Grabenrand nieder und blickte dem Alten nach, der nach rechts hin über die Heide wanderte. Unwillkürlich beschäftigte er sich in Gedanken mit dem Mann und versuchte sich über den Eindruck, den er in knappen Sekunden von ihm gewonnen hatte, klarzuwerden. Ein alter Schäfer oder Bauer? Vielleicht, nach der Kleidung sogar wahrscheinlich... aber diese eigenartig blitzenden Augen, der ganze Schnitt des Gesichts, das wollte zu dieser Mutmaßung nicht recht passen, und Mister Turner hatte Erfahrung in solchen Dingen.
    Motortacken riß Turner aus seinem Grübeln. Er trat aus dem Graben auf die Landstraße und sah einen Traktor herangerasselt kommen. Die Zugmaschine hielt dicht neben Turners Wagen an.
    »Joa, doa wär’n wi nu, Herr Zacharias«, sagte der junge Mann, der am Steuer der Zugmaschine saß, während der Alte von dem Hintersitz abstieg.

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