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Solaris

Solaris

Titel: Solaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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möglich.
    -    Warum nicht? Hör mal, weißt du auch, daß das in Wahrheit nicht du bist, sondern ich?
    -    Nein. Das bin in Wahrheit ich. Wenn du pedantisch sein willst, kannst du sagen, daß das noch einmal ich bin. Aber wir wollen keine leeren Worte machen.
    -    Gehst du fort?
    -    Ja.
    -    Und dann kommt sie zurück?
    -    Liegt dir daran? Was ist sie dir?
    -    Das geht nur mich etwas an.
    -    Du fürchtest dich doch vor ihr.
    -    Nein.
    -    Und ekelst dich…
    -    Was willst du von mir?
    -    Bemitleiden kannst du nur dich und nicht sie. Sie wird immer zwanzig bleiben. Stell dich nicht so, als wüßtest du das nicht!
    Auf einmal, ich weiß gar nicht, wieso, wurde ich ganz kühl. Ich hörte ihm völlig ruhig zu. Er schien jetzt näher bei mir zu stehen, am Fußende des Bettes, aber weiterhin sah ich nichts in dieser Finsternis.
    -    Was willst du? - fragte ich leise. Mein Ton schien ihn zu verblüffen. Er schwieg eine Zeitlang.
    -    Sartorius hat Snaut überzeugt, daß du ihn betrogen hast. Jetzt betrügen sie dich. Unter dem Vorwand, die Röntgenanlage zu montieren, bauen sie einen Feldannihilator.
    -    Wo ist sie? - fragte ich.
    -    Hast du nicht gehört, was ich dir sage? Ich habe dich gewarnt!
    -    Wo ist sie?
    -    Ich weiß es nicht. Paß auf: du wirst eine Waffe brauchen. Du kannst dich auf niemanden verlassen.
    -    Auf Harey kann ich mich verlassen - sagte ich. Ich hörte ein rasches, leises Geräusch. Er lachte.
    -    Kannst du, natürlich. Bis zu einer gewissen Grenze. Letzten Endes kannst du jederzeit dasselbe tun wie ich.
    -    Du bist nicht Gibarian.
    -    Sieh mal an. Wer sonst? Etwa ein Traum von dir?
    -    Nein. Eine Puppe von ihnen. Aber davon weißt du nichts.
    -    Und woher kannst du wissen, wer DU bist!
    Das machte mich betroffen. Ich wollte aufstehen, aber ich konnte nicht. Gibarian sagte etwas. Ich verstand die Worte nicht, hörte nur seine Stimme erklingen, kämpfte verzweifelt gegen die Schwäche meines Körpers an, machte mit äußerster Anstrengung noch einen Ruck … und erwachte. Ich schnappte nach Luft wie ein halb erstickter Fisch. Es war ganz finster. Also nur ein Traum. Ein Alptraum. Halt, Moment mal… »ein Dilemma, das wir nicht zu lösen verstehen. Wir stellen uns selbst nach. Die Polytheria haben nur etwas wie einen selektiven Verstärker unserer Gedanken angewendet. Nach einer Motivierung für dieses Phänomen zu suchen, ist ein Anthropomorphismus. Wo es keine Menschen gibt, dort gibt es auch keine menschlich faßbaren Motive. Um im Forschungsplan fortzufahren, müßten wir entweder die eigenen Gedanken vernichten, oder deren materielle Verkörperung. Das eine liegt nicht in unserer Macht. Und das andere hat allzuviel Ähnlichkeit mit Mord.«
    Ich lauschte im Dunkel dieser gleichmäßigen, fernen Stimme, deren Klang ich augenblicklich erkannt hatte: da sprach Gibarian. Ich streckte die Arme aus. Das Bett war leer.
    -    Ich bin aufgewacht, aber im nächsten Traum - dachte ich.
    -    Gibarian…? - ließ ich mich hören. Die Stimme brach sofort ab, mitten im Wort. Leise klickte etwas, und ich spürte einen schwachen Hauch im Gesicht.
    -    Also weißt du, Gibarian - brummte ich gähnend -, einen Menschen so von Traum zu Traum zu verfolgen, na hör mal…
    Neben mir raschelte etwas.
    -    Gibarian! - wiederholte ich lauter.
    Im Bett erbebten die Sprungfedern.
    -    Kris … ich bin’s … - flüsterte es dicht neben mir.
    -    Du, Harey… ja, aber Gibarian?
    -    Kris … Kris … er ist doch … du hast selbst gesagt, daß er tot ist…
    -    Im Traum kann er lebendig sein - sagte ich schleppend. Ich war gar nicht mehr so sicher, ob das ein Traum war. - Er hat etwas gesagt. Er war da - versetzte ich. Ich war abscheulich schläfrig. - Wenn ich schläfrig bin, na dann schlafe ich - dachte ich blödsinnig, streifte mit den Lippen Hareys kühlen Arm und legte mich bequemer zurecht. Sie antwortete mir etwas, aber ich sank schon hinab in die Selbstvergessenheit.
    Am Morgen im rot erleuchteten Zimmer besann ich mich auf die Geschehnisse dieser Nacht. Das Gespräch mit Gibarian hatte ich geträumt, aber das, was nachher war? Ich hatte seine Stimme gehört, das hätte ich schwören können, allerdings erinnerte ich mich nicht genau, was er gesagt hatte. Das hatte nicht wie ein Gespräch geklungen, eher wie ein Vortrag. Vortrag…?
    Harey wusch sich. Ich hörte das Wasser

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