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Solaris

Solaris

Titel: Solaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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gehabt hätte.
    -    Bestens. Worum geht es denn jetzt wieder?
    -    Ich möchte mit dir reden.
    -    Bitte sehr. Ich höre.
    -    Aber nicht so.
    -    Sondern? Schau, ich habe dir doch gesagt, mir tut der Schädel weh, ich habe eine Menge Scherereien …
    -    Ein bißchen guten Willen, Kris.
    Ich zwang mich zu einem Lächeln. Sicher fiel es kläglich aus.
    -    Ja, Liebling. Sprich nur.
    -    Aber wirst du mir die Wahrheit sagen?
    Ich zog die Brauen hoch. Ein solcher Anfang gefiel mir gar nicht.
    -    Warum sollte ich lügen?
    -    Du kannst Gründe haben. Ernstliche. Aber wenn du willst, daß … du weißt schon… dann belüg mich nicht.
    Ich schwieg.
    -    Ich sage dir etwas, und du sagst mir auch etwas. Gut? Das wird die Wahrheit sein. Ohne Rücksicht auf alles, was sich tut.
    Ich schaute ihr nicht in die Augen, obwohl sie meinen Blick suchte. Ich tat, als hätte ich das nicht gesehen.
    -    Ich habe dir schon gesagt, daß ich nicht weiß, wie ich hierhergeraten bin. Aber vielleicht weißt du es. Wart, ich will noch was sagen. Vielleicht weißt du es nicht. Aber wenn du es weißt und wenn du es mir jetzt nicht sagen kannst, dann vielleicht später,
    irgendeinmal? Das wäre nicht das Schlimmste. Du würdest mir jedenfalls eine Chance geben.
    Ich hatte die Empfindung, eisiger Strom laufe mir durch den ganzen Körper.
    -    Aber Kind, was sagst du da? Was für eine Chance…? - stammelte ich.
    -    Kris, wer ich auch sein mag, ein Kind bestimmt nicht. Du hast es versprochen. Sag schon.
    Bei diesem »wer ich auch sein mag« schnürte es mir so die Kehle zu, daß ich nur imstande war, Harey anzuschauen und alles durch ein dümmliches Kopfschütteln zu verneinen, als wehrte ich mich dagegen, alles zu hören.
    -    Ich erkläre dir ja eben, daß du es mir nicht sagen mußt. Es genügt, wenn du sagst, daß du nicht kannst.
    -    Ich habe dir nichts verheimlicht… - antwortete ich heiser.
    -    Ausgezeichnet - entgegnete sie und stand auf. Ich wollte etwas sagen, ich fühlte, daß ich sie so nicht sich selbst überlassen durfte, aber alle Worte blieben mir in der Kehle stecken.
    -    Harey…
    Sie stand am Fenster, mir den Rücken kehrend. Der blauschwarze, leere Ozean lag unter dem nackten Himmel.
    -    Harey, wenn du denkst, daß… Harey, du weißt doch, daß ich dich liebe …
    -    Mich?
    Ich ging zu ihr. Ich wollte sie umarmen. Sie befreite sich, stieß meinen Arm zurück.
    -    So gut bist du… - sagte sie. - Du liebst mich? Lieber wäre mir, du würdest mich schlagen!
    -    Harey, Liebling!
    -    Nein! Nein. Besser, du schweigst!
    Sie trat zum Tisch und begann die Teller zu stapeln. Ich schaute auf die blauschwarze Öde. Die Sonne neigte sich, und der große Schatten der Station bewegte sich rhythmisch auf den Wellen. Ein Teller rutschte Harey aus der Hand und fiel auf den Fußboden. Am Saum des Himmelsgewölbes ging die Rostfarbe in trübrotes Gold über. - Wenn ich nur wüßte, was ich tun soll.
    Oh, wenn ich das wüßte. - Auf einmal wurde es still. Harey blieb dicht hinter mir stehen.
    -    Nein. Dreh dich nicht um - sagte sie, die Stimme zum Flüstern senkend. - Du kannst nichts dafür, Kris. Ich weiß. Sorg dich nicht.
    Ich streckte die Hand nach ihr aus. Sie entfloh ans andere Ende der Kabine, hob einen ganzen Stapel Teller hoch und sagte:
    -    Schade. Wenn sie nur zerbrechlich wären, ach, zerschlagen würde ich sie, alle, alle zerschlagen!!!
    Einen Moment lang dachte ich, sie werde sie wirklich zu Boden schleudern, aber Harey warf einen scharfen Blick auf mich und lächelte.
    -    Keine Angst, Szenen werde ich nicht machen.
    Ich erwachte mitten in der Nacht, augenblicklich angespannt und hellhörig; ich setzte mich auf den Bettrand; das Zimmer war dunkel, durch den Spalt der aufgeklinkten Tür fiel schwaches Licht aus dem Korridor. Etwas zischte giftig, dieses Geräusch steigerte sich, zugleich mit gedämpften, stumpfen Schlägen wie von etwas Großem, das jenseits der Wand heftig poltert. - Ein Meteor! - durchblitzte es mich. - Er hat den Panzer durchschlagen. Jemand ist dort! - Ein langgezogenes Röcheln…
    Ich wurde vollauf wach. Das war die Station, nicht die Rakete, und dieses gräßliche Geräusch…
    Ich rannte in den Korridor. Die Tür eines kleinen Arbeitsraums stand sperrangelweit offen, drinnen brannte Licht. Ich lief hinein.
    Unheimliche Kälte hauchte mich an. Die Kabine war von Nebel erfüllt, der den Atem zu

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