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Solaris

Solaris

Titel: Solaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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nur - sagte er ruhig.
    -    Versteht sich, es ist ihr nicht gelungen … Jedenfalls weiß sie, wer sie ist.
    -    Warum sagst du mir das? - fragte er plötzlich. Ich wußte nicht gleich, was ich antworten sollte.
    -    Ich will, daß du Bescheid weißt… daß du weißt, wie es ist - murmelte ich.
    -    Ich habe dich gewarnt.
    -    Du willst sagen, du hast es gleich gewußt! - Wider Willen erhob ich die Stimme.
    -    Nein, selbstverständlich nicht. Aber ich habe dir erklärt, wie
    das ist. Wenn er erscheint, ist jeder »Gast« fast ein Phantom. Bis auf ein ungeordnetes Gemisch von Erinnerungen und Bildern, die aus seinem… Adam… geschöpft sind, ist er eigentlich
    -    leer. Je länger er hier ist, mit dir, desto mehr vermenschlicht er sich. Verselbständigt sich auch, bis zu gewissen Grenzen, versteht sich. Deshalb wird es umso schwieriger, je länger das dauert…
    Er verstummte. Schielte unter der gesenkten Stirn hervor nach mir und warf beiläufig hin:
    - Sie weiß alles?
    -    Ja, das habe ich dir schon gesagt.
    -    Alles? Auch, daß sie schon einmal hier war, und daß du…
    -    Nein!
    Er lächelte.
    -    Kelvin, hör mal, wenn das bis zu diesem Grad… was hast du eigentlich vor? Die Station zu verlassen?
    -    Ja.
    -    Mit ihr?
    -    Ja.
    Er schwieg, er schien die Antwort zu überlegen, aber da war noch etwas in seinem Schweigen… was? Wiederum raschelte dieser nicht spürbare Windhauch, als wäre es gleich hier, hinter einer dünnen Wand. Snaut bewegte sich auf dem Stuhl.
    -    Ausgezeichnet - sagte Snaut. - Was schaust du so? Hast du gedacht, ich könnte mich dir in den Weg stellen? Du wirst es machen, wie du willst, mein Lieber. Schön würden wir aussehen, wenn wir zu allem Überfluß noch anfingen, hier Zwang anzuwenden! Ich habe nicht vor, dich zu überreden, nur so viel sage ich dir: Du versuchst dich in einer unmenschlichen Situation wie ein Mensch zu benehmen. Vielleicht ist das ja schön, aber fruchtlos. Im übrigen, ob das schön ist, bin ich auch nicht sicher, denn was dumm ist, kann das schön sein? Aber darum geht es nicht. Du verzichtest auf weitere Experimente, willst fortgehen und die Deinige mitnehmen. Stimmt’s?
    -    Ja.
    -    Aber das ist auch ein… Experiment. Nicht wahr?
    -    Wie meinst du das? Wird sie… können…? Wenn sie mit mir zusammen ist, sehe ich nichts, was…
    Ich sprach immer langsamer, bis ich verstummte. Snaut seufzte leicht.
    -    Wir alle betreiben hier eine Vogel-Strauß-Politik, Kelvin, aber wir wissen das wenigstens und spielen nicht die Edelmütigen.
    -    Ich spiele gar nichts.
    -    Gut, ich wollte dich nicht verletzen. Ich nehme zurück, was ich über den Edelmut gesagt habe, aber die Vogel-Strauß-Politik bleibt in Kraft. Du betreibst sie in besonders gefährlicher Form. Du belügst dich, und sie, und wieder dich. Kennst du die Bedingungen der Stabilisierung eines Gefüges, das aus Neutrino-Materie aufgebaut ist?
    -    Nein. Und du auch nicht. Die kennt niemand.
    -    Selbstverständlich. Aber wir wissen das eine, daß ein solches Gefüge unbeständig ist und nur dank unentwegtem Energiezufluß existieren kann. Das weiß ich von Sartorius. Diese Energie erzeugt ein stabilisierendes Wirbelfeld. Also: ist dieses Feld nun äußerlich im Verhältnis zum »Gast«? Oder befindet sich die Quelle für dieses Feld in seinem Körper? Begreifst du den Unterschied?
    -    Ja - sagte ich langsam. - Wenn es äußerlich ist, wird sie… wird so ein…
    -    Wird bei Entfernung von der Solaris das Gefüge zerfallen - endigte er an meiner statt. -Vorhersehen können wir das nicht, aber du hast ja das Experiment schon durchgeführt. Die kleine Rakete, die du abgeschossen hast… die kreist noch immerzu, weißt du. Einmal in einem Viertelstündchen Freizeit habe ich sogar die Elemente ihrer Bewegung ausgerechnet. Du kannst ausfliegen, in die Bahn einschwenken, dich nähern und feststellen, was aus dem… Fahrgast geworden ist…
    -    Du bist verrückt! - zischte ich.
    -    Findest du? So… und wenn wir… sie kommen ließen, diese Rakete? Das läßt sich machen. Sie ist ferngesteuert. Wir holen sie von der Bahn und…
    -    Hör auf!
    -    Auch nicht? Dann gibt es noch eine Möglichkeit, sehr einfach. Die Rakete muß nicht einmal in der Station landen. Soll sie nur weiterreisen. Wir verbinden uns nur per Funk mit ihr; wenn die drinnen noch lebt, meldet sie sich und…
    -

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