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Solaris

Solaris

Titel: Solaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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untersucht hast. Wie ist mein Blut, sag es mir, sag die Wahrheit. Jetzt kannst du ja.
    -    Ebenso wie meines.
    -    Wirklich?
    Ich schwöre es dir.
    -    Was bedeutet das? Weißt du, dann dachte ich, vielleicht ist das irgendwo in mir versteckt, vielleicht ist es da… es kann ja sehr klein sein. Aber ich wußte nicht, wo. Jetzt denke ich, das waren im Grunde genommen Ausflüchte von mir, denn ich fürchtete mich sehr vor dem, was ich tun wollte, und suchte irgendeinen anderen Ausweg. Aber, Kris, wenn ich das gleiche Blut habe… wenn das so ist, wie du sagst, dann… Nein, das ist unmöglich. Dann wäre ich ja schon tot, stimmt’s? Das heißt, daß doch etwas da ist, aber wo? Vielleicht im Kopf? Aber ich denke doch ganz gewöhnlich… und nichts weiß ich… Wenn ich damit dächte, dann müßte ich von Anfang an alles wissen und
    dich nicht lieben, sondern mich verstellen und wissen, daß ich mich verstellte… Kris, bitte, sag mir alles, was du weißt, vielleicht gelingt es doch irgendwie?
    -    Was soll gelingen?
    Sie schwieg.
    -    Du willst sterben?
    -    Ja, ich glaube schon.
    Wieder kam Stille auf. Ich stand über der geduckten Harey und schaute die leere Saaleinrichtung an, die weißen Platten der emaillierten Geräte, die blitzenden, verstreuten Instrumente, so, als suchte ich etwas sehr Nötiges, und ich konnte es nicht finden.
    -    Harey, darf ich auch etwas sagen?
    Sie wartete.
    -    Es ist wahr, daß du nicht ganz sowie ich bist. Aber das heißt nicht, du wärest etwas Schlechteres. Im Gegenteil. Im übrigen kannst du darüber denken, wie du willst, aber daher… bist du nicht gestorben.
    Ein kindliches, klägliches Lächeln erfaßte ihr Gesicht.
    -    Soll das heißen, daß ich… unsterblich bin?
    -    Weiß ich nicht. Jedenfalls bist du weit weniger sterblich, als ich.
    -    Das ist furchtbar - flüsterte sie.
    -    Vielleicht nicht so sehr, wie es dir vorkommt.
    -    Aber du beneidest mich nicht…
    -    Harey, das ist eher eine Frage deiner… Bestimmung, so würde ich das nennen. Weißt du, hier, in der Station, ist deine Bestimmung im Grunde genommen genau so im dunklen wie meine und die eines jeden von uns. Die anderen werden Gibarians Experiment fortsetzen, und es kann alles geschehen…
    -    Oder nichts.
    -    Oder nichts, und ich sage dir, mir wäre es lieber, wenn nichts geschähe, nicht einmal wegen der Angst (obwohl die wohl auch irgendeine Rolle spielt, das weiß ich nicht), sondern deshalb, weil das zu nichts führt. Das ist das einzige, dessen ich völlig sicher bin.
    -    Das führt zu nichts, warum denn? Es dreht sich um diesen… Ozean? - Sie schauderte.
    -    Ja. Um den Kontakt. Ich denke, das ist im Grunde ungemein einfach. Kontakt bedeutet einen Austausch von Erfahrungen, Begriffen, zumindest von Resultaten, von irgendwelchen Zuständen, aber wenn es nichts auszutauschen gibt? Wenn der Elefant kein sehr großes Bakterium ist, dann kann der Ozean kein sehr großes Gehirn sein. Von beiden Seiten her können natürlich gewisse Aktionen vor sich gehen. Im Effekt einer solchen Aktion schaue ich jetzt auf dich und versuche dir klarzumachen, daß du mir mehr wert bist als diese zwölf Lebensjahre, die ich der Solaris gewidmet habe, und daß ich weiter mit dir beisammen sein will. Vielleicht sollte dein Erscheinen eine Folter sein, vielleicht eine Gefälligkeit, vielleicht nur eine mikroskopische Untersuchung. Ein Ausdruck der Freundschaft, ein tückischer Schlag, vielleicht Spott? Vielleicht alles auf einmal, oder, was mir am wahrscheinlichsten vorkommt, überhaupt etwas völlig anderes; aber was könnten mich und dich die Absichten unserer Eltern angehen, so verschieden die auch voneinander gewesen sein mögen? Du kannst sagen, daß von diesen Absichten unsere Zukunft abhängt, und dem stimme ich zu. Ich vermag nicht vorauszusehen, was sein wird. Genauso wenig wie du. Ich kann dir nicht einmal dafür bürgen, daß ich dich immer lieben werde. Wenn schon so viel geschehen ist, dann kann alles geschehen. Vielleicht werde ich morgen zu einer grünen Meduse? Das hängt nicht von uns ab. Aber in allem, was von uns abhängt, werden wir zusammen sein. Ist das zu wenig?
    -    Hör zu… - sagte sie. - Da ist noch etwas. Bin ich… ihr… sehr ähnlich?
    -    Du warst ihr sehr ähnlich - sagte ich. - Aber jetzt weiß ich es schon nicht mehr.
    -    Wieso… ?
    -    Du hast sie schon überdeckt.
    -    Und du bist sicher, daß

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