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Solaris

Solaris

Titel: Solaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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ist! Soll heißen, man geht ja nur die Farben der Buchrücken anschauen… Na und wie!
    -    Gibt es sonst keine solchen Planeten?
    -    Das weiß man nicht. Vielleicht gibt es welche, wir kennen nur diesen einen. Jedenfalls ist das etwas überaus Seltenes, nicht so wie die Erde. Wir, wir sind alltäglich, wir sind das Gras des Weltalls und rühmen uns dieser unserer Alltäglichkeit, die sei ja so universal, und wir haben gedacht, in ihr lasse sich alles unterbringen. Das war so ein Schema, womit die Leute kühn und freudig in die Ferne zogen: Andere Welten! Also los, was ist das schon, diese anderen Welten? Wir unterwerfen sie oder werden unterworfen, sonst war nichts drin in diesen unglückseligen Gehirnen, ach, es hat keinen Sinn. Keinen Sinn hat es.
    Ich stand auf, ertastete die Hausapotheke, das platte Gläschen mit den Schlaftabletten.
    -    Ich werde schlafen, Liebling - sagte ich und wandte mich um, zu der Finsternis, worin hoch oben der Ventilator surrte. - Ich muß schlafen. Andernfalls weiß ich selbst nicht…
    Ich setzte mich aufs Bett. Harey berührte meine Hand. Ich erfaßte die Unsichtbare und hielt sie reglos fest, bis der Schlaf die Stärke dieser Umarmung lockerte.
    Am Morgen, als ich frisch und ausgeruht erwachte, erschien mir das Experiment als etwas Geringfügiges, ich verstand nicht, wie ich es in der Nacht hatte so wichtig nehmen können. Auch daß Harey mit mir ins Laboratorium gehen mußte, bekümmerte mich wenig. Nach ein paar Minuten meiner Abwesenheit im Zimmer wurden alle Anstrengungen Hareys vergeblich, also sah ich ab von den weiteren Versuchen, auf die sie drängte (sie war sogar bereit, sich irgendwo einsperren zu lassen), und riet ihr, sich irgendein Buch zum Lesen mitzunehmen.
    Mehr als die Prozedur selbst interessierte es mich, was ich im Laboratorium vorfinden sollte. Bis auf ziemlich beträchtliche Lücken in den Regalen und Schränken mit Laborglasgerät (überdies fehlten Scheiben an manchen Schränken, und die Glasplatte der einen Tür war strahlenförmig zersprungen, als hätte sich hier vor kurzem ein Kampf
    abgespielt, dessen Spuren eilig, aber gewissenhaft entfernt worden waren) gab es weiter nichts Auffälliges in diesem großen weiß-blauen Saal. Snaut, der bei der Apparatur herumwerkte, verhielt sich äußerst korrekt, nahm Hareys Erscheinen als etwas ganz Gewöhnliches hin und verneigte sich von weitem leicht vor ihr; während er mir Schläfen und Stirn mit physiologischer Lösung anfeuchtete, tauchte Sartorius auf. Er trat aus der kleinen Tür, die zur Dunkelkammer führte. Er trug einen weißen Mantel und hatte darüber eine schwarze Strahlenschutz-Schürze umgehängt, die bis an die Knöchel reichte. Sartorius begrüßte mich, sachlich, zackig, so, als gehörten wir zu den hundert Mitarbeitern eines großen irdischen Instituts und hätten uns erst tags zuvor getrennt. Erst jetzt bemerkte ich, daß er den toten Gesichtsausdruck von den Haftschalen hatte, die er unter den Lidern trug, anstatt Brillen zu tragen.
    Die Arme über der Brust gekreuzt, stand er und sah zu, wie mir Snaut die an den Kopf gelegten Elektroden mit einer Binde umwand, die so etwas wie eine weiße Haube formte. Sartorius überflog mit den Blicken mehrmals den ganzen Saal, gleichsam ohne Harey überhaupt wahrzunehmen, die geduckt und unglücklich an der Wand auf einem kleinen Schemel saß und vorgab, ein Buch zu lesen; als Snaut von meinem Lehnstuhl wegtrat, bewegte ich den Kopf mit der Last von Metall und Leitungen, um das Einschalten der Apparatur mit anzusehen, aber da reckte Sartorius unvermutet die Hand hoch, und salbungsvoll hob er an:
    -    Herr Doktor Kelvin! Ich bitte um einen Augenblick der Aufmerksamkeit und Konzentration! Ich möchte Ihnen nichts aufzwingen, da dies nicht zum Ziel führen würde, aber Sie müssen aufhören, an sich zu denken, an mich, an Herrn Kollegen Snaut, an jedwede andere Person, um die Zufälligkeit der Einzelindividualitäten auszuschalten und sich ganz auf die Angelegenheit einzustellen, die wir hier repräsentieren. Die Erde und die Solaris, die Forschergenerationen, die ein Ganzes bilden, wenn auch die einzelnen Menschen ihren Beginn und ihr Ende haben, unsere Unnachgiebigkeit in dem Bestreben nach der Anknüpfung eines intellektuellen Kontakts, die Ausmaße des von der Menschheit durchlaufenen historischen Weges, die Gewißheit, daß er in der Zukunft weiter verlängert werden wird, die Bereitschaft zu allen Opfern und Mühen, zur Hingabe aller

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