Some like it heiß
Zucker, Tabak, Kaffee, Cola, schwarzer Tee und Alkohol unangenehme Auswirkungen auf das vasomotorische System – das sind die Nerven, die eine Anpassung der Gefäße an unterschiedliche Belastungssituationen bewirken. Die sündigen Genussstoffe können so Probleme mit den Venen oder Arterien auslösen. Die armen Blutgefäße sind beschäftigt genug mit dem ständigen Auf und Ab der Hitzewallungen und können sich nicht auch noch um die Überreizung durch Dopingmittel kümmern. Sie brechen einfach zusammen. Nebenbei saugen Stoffe wie Kaffee und Salz notwendige Kalziumreserven auf, wie ein durstigerRobert Pattinson das Blut von wehrlosen Jungfrauen in »Twilight«.
Adieu, Tourneediät aus Käsebrötchen und Kaffee! Langsam wurde ich eine von diesen Frauen in der Deutschen Bahn, die immer Tupperware voller geschnippelter Gemüsestreifen parat haben. Ich esse gern. Ich akzeptierte, dass ich oralfixiert bin, und versuchte meinen Appetit jetzt gesünder zu stillen – Crudités statt Croissants. Ich hatte immer eine kleine Plastiktüte voller knackiger, gesunder Snacks dabei und stellte mein gesamtes Sozialleben darauf ein. Im Kino guckte ich nur Blockbuster – »Transformers,« »Captain America«, »Cowboys and Aliens« –, bombastisches, lautes Zeug, das mich zwar überhaupt nicht interessierte, doch nur so konnte ich sicher sein, dass ich beim Knabbern niemanden störte.
Möhrensticks kann ich schnipseln, mit Knäckebrot komme ich klar. Aber keinen KAFFEE? Das war die Hölle. Ich bin nach Deutschland gekommen, um endlich mal richtig guten Kaffee trinken zu können. Ich war sogar entzückt von dem Kaffee aus dem Automaten bei Eduscho an der Kantstraße für nur sechzig Pfennig – am Stehtisch, in einem filigranen Porzellangedeck, mit einerMadeleine dazu. Oder in Kreuzberg leckeren Milchkaffee aus einer riesigen Schale schlürfen, um die Hände aufzuwärmen, mitten im Winter. Später, bei einer Fahrradtour auf Rügen, entdeckte ich ein verfallenes kleines Gartenlokal, in dem nur Kännchen voller die Seele stärkendem Filterkaffee serviert wurden. Zum klassischen Kännchen gab es immer orangefarbene Becher mit einem Siebziger-Jahre-Muster. Der Kaffee in Deutschland war immer herrlich. Wer braucht Starbucks, when you’ve got Café Kranzler?
Aber selbst Kranzler ist nicht mehr, was es einmal war, und ich musste Kaffee für eine Weile absetzen, um den Stoffwechsel wiederzubeleben. Die Heilpraktikerin verglich es mit einem Computerneustart: Man muss alles runterfahren – ohne jegliche Aufputschmittelzufuhr –, um einen Reboot zu machen.
Mein Kaffee-Entzug war kurz, aber heftig: Kopfschmerzen, Schlappheit, Übelkeit – ich war todmüde. Zum ersten Mal seit Jahren fühlte ich, wie mein Adrenalinspiegel sank, und ich konnte nur noch schlafen – morgens, mittags, abends und sogar nachts. Ich träumte von Babuschkina und den Eierstockarbeiterinnen, wie sie mich aus edlen Liegestühlen am Luxuspool in meineminneren Wellnessbereich anlächelten und mich zum gemeinsamen Powernap einluden.
Frauen in den Wechseljahren sind nicht die Einzigen, die von Schlafdefizit betroffen sind. Wir leben in einer Welt, in der wir immer erreichbar sein sollen und wollen, in der wir von zu Hause aus arbeiten und keine Sperrstunde, keinen Feierabend, nicht einmal mehr ein Wochenende haben, wo die Kinder trotzdem sehr früh aufstehen und wir eine weitere Episode »Grey’s Anatomy« anschauen müssen, bevor wir endlich einschlummern können. Schlafmangel macht uns dick, dumm und hässlich. Schlafmangel setzt Ghrelin frei – das ist die Abkürzung für das englische
G
rowth
H
ormone
Rel
ease
In
ducing, und das heißt: Wachstumshormonfreisetzung einleitend. Es ist ein appetitanregendes Hormon, welches in der Magenschleimhaut produziert wird. Und das macht uns hungrig. Stress ist ebenfalls ein bekannter Auslöser für die Ghrelin-Produktion. Je mehr Ghrelin, umso größer der Hunger. Gleichzeitig wird weniger Leptin produziert – ein Hormon, das für das Sättigungsgefühl zuständig ist. Wir haben mehr Hunger, fühlen uns aber weniger satt – eine ziemlich akkurate Beschreibung einer Midlife Crisis.
Leider ist zu viel Schlaf auch nicht gut – wir brauchen eine gesunde Balance zwischen Ausruhen – sieben bis acht Stunden täglich – und Aktivität, um topfit zu sein. Also, raus aus den Federn und rein ins Sportstudio! Frühsport ist für mich ein bisschen wie Zähneputzen geworden – man muss es machen, denkt nicht so viel darüber
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