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Bony und die weiße Wilde

Bony und die weiße Wilde

Titel: Bony und die weiße Wilde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur W. Upfield
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    Karl Mueller war ein Mann von altem Schrot und Korn. Er lebte im tiefen Südwesten Westaustraliens. Seine Eltern stammten aus Hamburg. Sie hatten sich nördlich von Albany angesiedelt, und dort waren er und seine Schwester zur Welt gekommen. Die Schwester hatte sich gut verheiratet und wohnte mit ihrem Mann und den Kindern in Albany. Karl hingegen fehlte jeder Hang zur Häuslichkeit. Er liebte wie sein Vater die See. Die Liebe zu den Bergen, den Bäumen und Tieren hatte er von der Mutter geerbt.
    Seit über zwanzig Jahren arbeitete er schon für die Jukes, die eine große Weidefarm besaßen. Diese Farm lag wenige Meilen landeinwärts von Rhudders Lagune und fast in Sichtweite des berühmten Leuchtturms von Leeuwin, den man als Wegweiser zu Australiens Haupteingang bezeichnet.
    Karl war fünfzig Jahre alt, aber mit seiner schlanken, kräftigen Gestalt wirkte er wie vierzig. Sein Haar war blond und seine Augen blau. Seine Tugend hieß Treue und seine Untugend Alkohol. Weihnachten und Neujahr verbrachte er stets bei seiner Schwester in Albany, um in der ersten Januarwoche wieder auf die Farm zurückzukehren. Da er es ablehnte, sein gutes Geld für Bahn oder Omnibus auszugeben, legte er den Hin- und Rückweg immer zu Fuß zurück.
    In diesem Jahr verließ er Albany am zweiten Januar, und am Abend des neunten errichtete er sein Lager neben einem schon seit langem nicht mehr benützten Holzweg. Den ganzen Tag über war er durch das bewaldete Bergland marschiert und war durch Bäche gewatet, ohne sich die Mühe zu machen, seine Stiefel auszuziehen. Seit drei Tagen hatte er kein Haus mehr gesehen.
    Er wählte den Lagerplatz im Windschatten eines mächtigen Busches und baute die Feuerstelle in sicherer Entfernung. Dann kochte er Wasser, brühte Tee auf und goß einen ordentlichen Schuß Rum hinzu. Nach dem Essen kippte er die nassen Teeblätter über die heiße Asche. Um nicht vom Mondlicht gestört zu werden, entrollte er seine Decken unter den überhängenden Zweigen des Busches, und nachdem er seine Pfeife geraucht und noch einen Schluck Rum genommen hatte, wickelte er sich in die Decken und schlief sofort ein.
    Mitten in der Nacht erwachte er plötzlich. Ihm war, als habe jemand eine Melodie gesummt. Aber um diese Stunde und in dieser gottverlassenen Gegend? Karl hielt es für eine Halluzination, deren Ursache er in den zahllosen Flaschen Rum vermutete, die er während seines Urlaubs geleert hatte.
    Die Nacht war so still wie ein Opossum-Nest im Winter. Das Knacken eines Astes auf dem laubübersäten Weg konnte man kaum überhören. Jetzt wußte Karl, daß jemand den Pfad entlangkam. Der Unbekannte summte die Melodie: >Vorwärts, ihr Streiter Christi.<
    Jetzt begann der Alptraum, die langsam heraufkriechende Furcht. Karl lag parallel zum Weg. Ohne den Kopf heben zu müssen, konnte er über seine Füße hinweg den Mann sehen, der aus Richtung Albany näher kam. Das volle Mondlicht traf ihn, und Karl sah ein Gesicht, das er nie mehr wiederzusehen gehofft hatte. Der Mann war einsachtzig groß und wog mindestens zweihundert Pfund. Den eigenartigen Gang dieses Menschen hatte Karl noch gut in Erinnerung: den Kopf hochgereckt, die Brust herausgedrückt - ein Mann, der es gewöhnt war, bewundert zu werden. An der Stirnseite der Baskenmütze, die verwegen auf seinem Kopf saß, glitzerte ein Abzeichen im Mondlicht.
    Erneut glaubte Karl, daß es sich um eine Vision handeln müsse, zurückzuführen auf den reichlich genossenen Alkohol. Doch sein gesunder Menschenverstand riet ihm, sich nicht zu rühren. Der Mann kam näher. Mit der linken Hand schlug er den Takt zu der Melodie, in der rechten trug er einen Koffer. Als er sich unmittelbar neben Karl befand, sah dieser sich das Gesicht ganz genau an. Es war tatsächlich der Mann, an den er sich nicht mehr zu erinnern wünschte. Ein breites Gesicht, mit schlaffen Säcken um Augen und Mund. Eine mächtige Stirn, aber ein fliehendes Kinn. Breite Hände mit kurzen, kräftigen Fingern. Als der nächtliche Wanderer an Karl vorüberging, sagte er laut: »Vorwärts, ihr Gesindel!«
    Die weit auseinanderliegenden schwarzen Augen starrten geradeaus und bemerkten nicht das Opfer dieses Alptraums, das nur knapp einen Meter neben den vorbeistapfenden riesigen Füßen lag. Wieder knackte ein Zweig.
    Endlich hatte Karl die lähmende Furcht überwunden. Er drehte sich auf den Bauch und starrte der Gestalt nach, die aus dem Schatten ins Mondlicht trat und nach wenigen Sekunden diesmal endgültig im

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