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Sommer am Meer

Sommer am Meer

Titel: Sommer am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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fürchterlich. Sie kroch in der langen Autoschlange in die Stadt hinein und auf der anderen Seite hinaus. Oben auf dem Hügel, wo die Straße sich gabelte, wurde der Verkehr ein wenig ruhiger, und sie konnte etwas beschleunigen und eine Reihe bummelnder Autos überholen. Als sie über die Heide fuhr und das Meer sich unter ihr ausbreitete, hob sich ihre Stimmung. Die Straße wand sich wie ein graues Band über den farnbedeckten Hang; zu ihrer Linken ragte die große Felsnase von Carn Edvor empor, lila gefleckt von Heidekraut, und zu ihrer Rechten fiel das Land, das vertraute Patchworkmuster aus Feldern und Bauernhöfen, das sie erst vor zwei Tagen betrachtet hatte, zum Meer hin ab.
    Mr. Williams hatte ihr gesagt, sie solle auf eine Gruppe windschiefer Weißdornsträucher am Straßenrand achten. Dahinter komme eine steile Kurve und dann der schmale Feldweg, der zum Meer hinunterführe. Es war nicht mehr als ein steiniger Pfad, von einer hohen Dornenhecke gesäumt. Virginia schaltete in den niedrigsten Gang und kroch vorsichtig hügelab, bemüht, Huckeln und Schlaglöchern auszuweichen und nicht an den Schaden zu denken, den die stacheligen Sträucher dem Lack ihres Wagens zufügten.
    Von einem Haus war nichts zu sehen, bis sie um eine steile Kurve bog und es direkt vor ihr lag. Eine Mauer, dahinter ein Giebel und ein Schieferdach. Sie hielt auf dem Weg an, nahm ihre Handtasche und stieg aus. Ein kalter, salziger Wind blies vom Meer, und es roch nach Stechginster. Sie ging zum Tor und wollte es öffnen, doch die Angeln waren zerbrochen, und sie mußte es anheben, bevor sie sich hindurchzwängen konnte. Ein schmaler Pfad führte zu ein paar Steinstufen und dann zum Haus hinunter, und Virginia sah, daß es langgestreckt und niedrig war, mit Giebeln im Norden und Süden. Auf der Nordseite, mit Blick zum Meer, war ein Zimmer mit einem eckigen Turm angebaut worden. Der Turm verlieh dem Haus ein seltsam weihevolles Aussehen, das Virginia abschreckte. Es gab keinen nennenswerten Garten, doch auf der Südseite wogte ein ungemähtes Rasenstück im Wind, und zwei schiefe Pfosten hielten die Reste einer Wäscheleine.
    Sie ging die Stufen hinunter und über einen naßkalten Weg an der Hausseite entlang zur Eingangstür. Diese war einst dunkelrot gestrichen gewesen und jetzt mit aufspringenden Sonnenblasen genarbt. Virginia nahm den Schlüssel heraus, steckte ihn ins Schlüsselloch, drehte Türknauf und Schlüssel zusammen herum, und sofort schwang die Tür geräuschlos nach innen. Sie sah eine winzige Treppe, einen abgelaufenen Teppich auf nackten Dielen; es roch feucht und nach... Mäusen? Sie schluckte nervös. Sie haßte Mäuse, aber nachdem sie nun so weit gekommen war, konnte sie ebensogut die zwei abgetretenen Stufen hinaufgehen und behutsam über die Schwelle treten.
    Sie brauchte nicht lange für den alten Teil des Hauses, für einen Blick in die kleine Küche mit dem unzulänglichen Herd und dem fleckigen Ausguß, das Wohnzimmer, das vollgestopft war mit lauter verschiedenen Sesseln. In der Vertiefung des riesigen alten Kamins saß ein Elektroofen wie ein wildes Tier in der Öffnung seiner Höhle. Fadenscheinige Baumwollgardinen hingen an den Fenstern voller Fliegendreck, und auf einer Anrichte türmten sich mehr oder weniger angeschlagene Tassen, Teller und Schüsseln in allen Größen und Formen.
    Ohne viel Hoffnung ging Virginia nach oben. Die Schlafzimmer waren düster, mit winzigen Fenstern und unpassenden, viel zu großen Möbeln. Sie kehrte zum Treppenabsatz zurück, ging noch eine Treppe höher zu einer geschlossenen Tür und öffnete sie. Nach der Düsternis des übrigen Hauses war sie geblendet von dem hellen Nordlicht, das sie unvermittelt überfiel. Benommen trat sie blindlings in einen erstaunlichen Raum. Klein, vollkommen quadratisch, mit Fenstern an drei Wänden, lag er weit über dem Meer wie die Kommandobrücke eines Schiffes, mit einem Blick auf die Küste, der wohl über mehr als zwanzig Kilometer reichte.
    Ein Fenstersitz mit einem verblichenen Bezug verlief an der Nordseite des Raums. Das Zimmer war mit einem gescheuerten Tisch und einem alten Flechtteppich ausgestattet, und mitten im Raum befand sich, wie eine dekorative Brunneneinfassung, das schmiedeeiserne Geländer einer Wendeltreppe, die direkt in den Raum darunter führte, die „Diele“ aus Mr. Williams' Beschreibung.
    Vorsichtig stieg Virginia hinunter. Der Raum wurde von einem enormen Jugendstilkamin beherrscht. Dahinter lag das Badezimmer;

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