Sommer der Liebe
Ort im Nirgendwo. Es gab hier eine Schule, einen Pub, eine Kirche und zwei Geschäfte. In einem von ihnen war auch die Poststelle untergebracht. »Was ihn schon zu einer belebten Metropole macht«, hatte Sians Vater trocken bemerkt. Im Gegensatz zu seiner Frau war er ziemlich erbost darüber, dass Sian mit seinem einzigen Enkelkind weggezogen war, obwohl beide Eltern ihre Gründe für den Umzug akzeptierten.
»Es gibt Tee!«, rief Sian nun. »Und Plätzchen!«
Rory drehte sich um und rannte über das, was eines Tages ein Rasen sein würde. Wenn wir so lange bleiben können, dachte Sian sehnsüchtig, und unsere Vermieterin nichts dagegen hat.
Fiona folgte dem Jungen. »Ob Sie wohl vielleicht etwas von diesem wunderbaren Wiesenkerbel entbehren könnten?«, fragte sie, als sie den Tisch erreichte. »Ich bin morgen dran mit dem Blumendienst in der Kirche, und ein großer Strauß davon würde umwerfend aussehen!«
»Aber natürlich. Nehmen Sie sich, so viel Sie wollen.«
»Danke. Sie könnten mitkommen und mir helfen, die Kirche zu schmücken, wenn Sie Lust haben. Die Frau, die mich unterstützen sollte, ist verreist, also bin ich ganz allein. Rory könnte auch mithelfen.« Sie zögerte. »Aber natürlich nur, wenn Sie nichts anderes vorhaben oder gegen Blumenschmuck in der Kirche sind.«
Sian lachte. »Nein, ich helfe Ihnen sehr gern. Ich gehe eigentlich nicht in die Kirche …«
»Schon gut, helfen Sie mir einfach mit den Blumen!« Fiona nahm ihren Becher und trank daraus. »Ihre Belohnung wird sein, dass ich Sie einigen der jungen Mütter vorstelle. Ich kenne mindestens drei ganz gut. Wird Rory hier zur Vorschule gehen?«
Sian nickte. »Im September. Er hat letztes Jahr in London schon eine besucht, aber es war eine Katastrophe. Weil er im Sommer Geburtstag hat, war er erst gerade vier, und es war eine so große Schule. Und seine Lehrerin war auch nicht sehr nett.«
»Wie schrecklich! Ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen. Der arme Rory! Und Sie Arme.«
Sian lächelte. »Ich bin froh, dass Sie mich nicht für eine schrecklich überbehütende Mutter halten. Die Schulen waren einer der Gründe, warum ich aus London wegwollte. Ich habe Rory zu Hause unterrichtet, als ich es endlich aufgegeben hatte, ihn zu zwingen, dorthin zu gehen, aber hier werden wir es noch mal versuchen.«
»Unsere Schule ist großartig. Ich habe dort jahrelang mitgearbeitet. Ich bin sicher, dass er gut zurechtkommen wird.«
»Das bin ich auch. Und was die Kinder in London nach der Vorschule erwartet, ist noch beängstigender. Die Grundschulen sind einfach furchtbar.«
Fiona nickte. »Und Sie wollten ihn vermutlich nicht in ein Internat geben? Denken Sie am besten gar nicht daran. Ich habe meine Jungs auf eins geschickt – es wurde von mir erwartet –, und es hat mir fast das Herz gebrochen.« Sie runzelte die Stirn. »Obwohl es mir vielleicht nichts ausgemacht hätte, wenn mein erster Mann damals nicht gerade gestorben wäre.« Fiona trank noch etwas Tee. »Und was waren die anderen Gründe für Ihren Umzug?«
Sian zögerte nur einen Moment. Normalerweise redete sie mit Fremden nicht so gern über ihr Privatleben, aber bei Fiona fiel es ihr leicht. »Es gab viele. Das Landleben – ich wollte Gemüse anbauen und unabhängiger sein. Ein Freund schlug vor, dass wir hierherkommen könnten, und suchte mir ein Haus. Seine Schwester – die Rory gut kennt und mag – wird bald eine Spielgruppe gründen. Das bedeutet, dass ich während der Sommerferien arbeiten kann, was wirklich wichtig für mich ist.« Sie zögerte. »Und außerdem konnte ich ja nicht ewig Tür an Tür mit meinen Eltern wohnen, obwohl sie sehr oft auf Rory aufgepasst haben.«
»Nein?« Fiona sah sie nachdenklich an. »Einer meiner Söhne zieht bald wieder zu mir.«
»Oh, nein, das wird bestimmt gut klappen!«, versicherte Sian ihr hastig, obwohl sie keine Ahnung hatte, welches Verhältnis Fiona zu ihren Söhnen hatte. »Ich meine, London war einfach der falsche Ort für mich. Ich konnte nicht weiter dort leben, nur um in der Nähe meiner Eltern zu sein. Es wäre nicht fair von mir gewesen zu erwarten, dass sie alles stehen und liegen lassen, wenn ich mal viel arbeiten muss. Sie haben schließlich ihr eigenes Leben.«
»Und wie haben ihre Eltern die Nachricht von Ihrem Umzug aufgenommen?«
»Sie waren natürlich ein bisschen unglücklich, aber als Richard – das ist der Freund – dieses Haus für mich entdeckt hatte, fanden sie es in Ordnung.« Sian zählte die
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