Sommer der Liebe
das.« Es war nicht wirklich ein Test, doch Sian hatte in den mehr als viereinhalb Jahren seit Rorys Geburt gemerkt, dass die Leute, die bei dieser Eröffnung ein bisschen zurückzuckten, eher nicht ihre Freunde wurden.
»Das war ich auch. Der Vater meiner Söhne starb, als sie noch sehr jung waren. Das war schwer.«
Sian lächelte Fiona in dem dämmrigen Licht des kombinierten Flur-Esszimmers an. Sie hatte das Gefühl, bereits eine neue Freundin gefunden zu haben.
»Ich setze Wasser auf. Was für einen Tee hätten Sie gern?«
»Ich kann nicht glauben, dass Sie so organisiert sind, dass ich schon die Wahl habe«, erwiderte Fiona, die auf dem Stuhl saß, als würde sie, wenn nötig, sofort aufspringen und helfen.
Sian lächelte. »Meine Mutter war für ein paar Tage hier. Ich trinke gern Frühstückstee, sie Earl Grey. Das sind die Sorten, die ich habe, wenn Sie keinen Kräutertee möchten.«
»Frühstückstee ist gut.«
»Ich habe auch ein paar Plätzchen. Meine Mutter hat mir eine große Dose mitgebracht. Ich bin sofort zurück«, erklärte Sian und verschwand in der Küche.
»Ich denke, Luella sollte die Wand rausreißen und dieses Zimmer in eine große Küche mit Essbereich verwandeln!«, rief Fiona. »Warum schlagen Sie ihr das nicht vor?«
»Meinen Sie Mrs. Halpers? Sie war sehr entgegenkommend und meinte, dass ich etwas verändern kann, solange ich es nicht übertreibe. Aber ich glaube, das Rausreißen einer tragenden Wand hält sie vielleicht für übertrieben«, gab Sian zurück.
Sie war nicht länger allein in der kleinen Küche. Ihre Besucherin, die offenbar nicht gern herumsaß und sich bedienen ließ, war zu ihr gestoßen.
»Jetzt sehen Sie sich doch nur an, wie feucht der Boden ist!«, rief Fiona. »Das ist ja furchtbar. Obwohl es vielleicht nur das Abflussrohr ist, das mal gereinigt werden muss. Soll ich vielleicht jemanden vorbeischicken, der sich die Sache mal ansieht?«
»Wenn es nur das Abflussrohr ist, dann kann ich das vermutlich allein«, sagte Sian. »Wenn nicht, wäre ich froh, wenn Sie mir jemanden nennen könnten, der verlässlich ist.« Sian war gern so unabhängig wie möglich, aber sie wusste, dass es Dinge gab, mit denen sie nicht fertig wurde. Seit dem Umzug wohnte ihr Dad nicht mehr um die Ecke. Er konnte also solche Sachen nicht länger für sie erledigen.
»Sie müssen es nur sagen. Ich lebe schon so lange hier – seit Noah und seine Frau sich ineinander verliebten –, ich kenne hier fast jeden. Oh, hallo Rory«, sagte sie, als er im Türrahmen erschien.
»Könntest du die Plätzchen nehmen?« Sian reichte ihrem Sohn die Dose. »Warum bringst du sie nicht nach hinten in den Garten.« Sie wandte sich an Fiona. »Da stehen ein Tisch und Stühle. Ich brühe den Tee auf.«
»Gute Idee. Rory und ich gehen schon mal und bereiten alles vor und unterhalten uns. Mein Name ist Fiona«, sagte sie zu dem Jungen.
»Soll er Sie nicht lieber Mrs. Matcham nennen?«, erkundigte sich Sian.
»Nein, nein«, erklärte ihr Gast streng. »Fiona ist viel besser.« Sie lächelte, vermutlich, um nicht so streng zu klingen.
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, die Milch mit rauszunehmen?«, bat Sian.
»Gießen Sie den Tee doch einfach gleich hier in die Becher, ja? Dann brauche ich auch nicht förmlich zu sein, wenn Sie mich mit Rory besuchen kommen. Förmlichkeit liegt mir nämlich nicht.«
Sian lächelte und hängte Teebeutel in die Becher. Sie konnte sich genau vorstellen, wie begeistert ihre Mutter sein würde, wenn sie von Fiona hörte. Sie würde sie als eine weise ältere Freundin und eine potenzielle Babysitterin sehen, ganz zu schweigen davon, dass Fiona in einem wunderschönen Haus lebte und deshalb vielleicht auch noch eine Kundin ihrer Tochter sein würde. Richard würde sich auch freuen. Da er der Grund dafür war, dass Sian in gerade dieses Dorf gezogen war, und er Rory und sie unter seine Fittiche genommen hatte, würde er froh sein, dass die Nachbarn sie hier freundlich aufnahmen.
Fiona Matcham und Rory standen ganz hinten im Garten, als Sian die Teebecher hinaustrug. Sian setzte sich auf einen der Stühle, trank ihren Tee und beobachtete die beiden. Sie war erleichtert zu sehen, dass Rory seine Schüchternheit abgelegt hatte und Fiona gegenüber aufgeschlossen war. Sian hatte sich ein bisschen Sorgen gemacht, weil sie mit dem Kleinen aus der großen Stadt, die er kannte, aufs Land gezogen war, obwohl es ein großes Dorf war, wie Richard betont hatte, und kein abgelegener
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