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Sommer mit Nebenwirkungen

Sommer mit Nebenwirkungen

Titel: Sommer mit Nebenwirkungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Leinemann
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noch Kröten. Der Ort war pure Vergangenheit.
    Katalin und Julia waren inzwischen Mütter, und Zoe war begeisterte dreifache Patentante. Die Freundinnen waren bis heute eng verbunden.
    Aus dem Stapel zog Sophie einen Brief von Philipp aus Chile. Zusammen mit Laura war er dorthin ausgewandert, denn die Nähe zu seiner alten Heimat und zu Marienbrunn hatte er nicht mehr gut ausgehalten. Erfreut öffnete sie den Brief, aus dem ein Zeitungsausschnitt mit Foto herausfiel. Sophie erkannte darauf Philipps neues Hotel »El sapo de plata« – »Die Silberkröte«. Offenbar war der Artikel ein Lobgesang, so viel Spanisch verstand sie. Philipp schrieb, wie gut es ihm und Laura gehe und wie glücklich sie seien.
    Sie faltete den Zeitungsausschnitt zusammen und wollte ihn gerade zurück in den Umschlag stecken, als ihr das Foto auf der Rückseite auffiel. Eine ältere, sehr gepflegte Dame war dort zu sehen. »81 años« stand darunter und »muerta« . Und dann las sie: »Presidente de la Asociación Psicoanal í tica, Santiago de Chile, muy familiar con la familia Freud« . Es war die alte Dame aus dem Flugzeug, keine Frage. So traf Sophie sie wieder. In einer Todesanzeige. Und in diesem Moment spürte sie eine kleine Bewegung in ihrem Bauch, als wolle das Ungeborene einen letzten Gruß an die Frau schicken, mit der alles seinen Anfang genommen hatte. Wie alles zusammenpasste.
    Nachdenklich schaute sie ins Tal. Da hörte sie kleine Schritte. Ein Junge kletterte auf ihren Schoß und schmiegte sich an sie. »Guck, Mama« – er öffnete die Hand, und sie sah eine glitzernde Haarspange darin. Offenbar hatte Julias kleine Tochter sie heute bei ihrem Besuch hier oben vergessen. Glitzer, nichts war für Zweijährige faszinierender. Sophies Sohn hatte kein Auge für das Bergpanorama, für den weiten Himmel oder die tief stehende Sonne. Er starrte auf die Spange. Sanft küsste Sophie sein lockiges Haar. Locken vom Vater und von der Mutter – ein Superdoodle. »Gezeugt in der ersten Nacht«, sagte Paul manchmal stolz – und musste sich sehr zurückhalten, seine eigene Männlichkeit nicht zu rühmen. Männer! Sophie atmete glücklich den Geruch ihres Sohnes ein. Wie hübsch er geworden war, sein Gesicht wurde von Tag zu Tag eigener. Sie sah ihn von der Seite an. Und zum allerersten Mal fiel ihr auf, dass er womöglich ein leichtes Nick-Knatterton-Kinn entwickelte. Oder nicht? In diesem Moment drehte ihr Sohn sich zu ihr und strahlte sie mit seinen grünen Augen an. »Spange auf«, rief er begeistert. Sie lächelte zurück.
    Nein, sie täuschte sich. Das war bestimmt nur ein Zufall.

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