Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens
abwehrend die Hände.
„Ich will, dass du sie hast, Ross“, bestimmte George. „Und zwar aus einer ganzen Reihe von Gründen. Zwischen uns hat immer eine ganz besondere Offenheit bestanden, schon seit du ein kleiner Junge warst.“
Ivy bekam ganz große Augen. „Mom wird einen Anfall kriegen.“
„Ivy!“, sagte ihr Vater warnend.
„Ich mein ja nur.“ Sie wandte sich an ihren Großvater. „Wir können alle zusammen in die Stadt fahren. Dad und ich schauen uns ein bisschen im Ort um, und später treffen wir uns alle wieder.“
„Das klingt nach einem hervorragenden Plan.“ George lächelte.
Der Name auf dem Türschild deutete auf eine Kanzlei mit drei Partnern hin: Melinda Lee Parkington, Wendell Whitcomb und Sophie Shepherd. Ross hielt Claire und seinem Großvater die Tür auf, und gemeinsam betraten sie den Empfangsbereich. Der Tresen wurde von einem Mädchen besetzt, das aussah, als wäre es von einer Anime-Convention geflohen: pinkfarbene Haare, viel Metall im Gesicht, schwarz lackierte Fingernägel. Das Schild vor ihr verriet, dass sie Daphne McDaniel hieß. Darunter stand: Sie bezahlen mir nicht genug, um nett zu Ihnen zu sein.
Sie schaute auf und konzentrierte sich gleich auf George, der einen großen Umschlag in der Hand hielt. „Kann ich Ihnen helfen …“
„Sorge dafür, Wendell“, sagte jemand verärgert. Ein Mann mit flammend rotem Haar stürmte aus einem der Anwaltsbüros. „Dafür bezahle ich dich schließlich. Die Mutter meines Kindes ist mit ihm abgehauen, und ich habe schließlich auch meine Rechte.“ Er blieb am Empfangstresen stehen. „Ich brauche einen Termin für nächste Woche.“
„Ich kümmere mich gleich darum“, entgegnete Daphne kühl. „ Nachdem ich mich um diese Leute gekümmert habe. Setz dich solange, Logan.“
„Ich bin ein wenig in Eile.“
Sie nagelte ihn mit einem Blick fest, der ihm riet, sich besser nicht mit ihr anzulegen. „Etwas Süßes?“ Sie schob ihm ein großes Glas mit Süßigkeiten hin.
Er nahm sich ein Bonbon und trat zur Seite.
„Gut.“ Sie wandte sich an George. „Ich bin sicher, dass Sophie es kaum erwarten kann, Sie zu treffen. Einfach hier entlang, bitte.“ Sie ging voran zu einem Konferenzraum.
Einen Moment später gesellte sich die Anwältin zu ihnen. Sophie Shepherd war blond, chic und schwanger. Ihr Haar hatte sie in einem schlichten Knoten zusammengefasst, und sie trug eine Perlenkette und einen taubengrauen Anzug mit einer rosafarbenen Seidenbluse, die sich über ihrem enormenBauch spannte. Nachdem sie alle per Handschlag begrüßt hatte, legte sie eine Dokumentenmappe vor sich auf den Tisch.
George lächelte. „Ich sehe, man kann gratulieren!“
„Danke sehr.“
Der Anblick einer schwangeren Frau gab Claire jedes Mal einen Stich. Ein eigenes Baby zu haben war für sie unerreichbar; es wäre der Gipfel der Dummheit, ein Kind zu bekommen, wenn man darauf vorbereitet sein musste, jede Sekunde erneut die Flucht anzutreten. Dennoch beneidete sie Frauen wie Sophie.
„Ihr Erstes?“, fragte George.
„Nein, mein Fünftes. Ich habe zwei erwachsene Kinder aus meiner ersten Ehe, und mein Mann Noah und ich haben gemeinsam zwei Kinder adoptiert. Also wird das hier Nummer fünf. Und wo wir gerade über Kinder sprechen – ich muss Sie darüber informieren, dass ich einmal mit Greg Bellamy verheiratet war.“
„Mit Charles’ Jungen?“ George schmunzelte. „Wie erfrischend!“
„Granddad, er war ihr erster Ehemann“, erklärte Ross.
„Oh, dann ist es … nun ja, nicht ganz so erfrischend, nehme ich an.“
„Ich bringe das nur aus Gründen der Offenlegung auf“, erklärte Sophie. „Meine älteren Kinder, Max und Daisy, sind Bellamys, sodass es in dieser Hinsicht eine familiäre Verbindung gibt. Ich habe zwar wieder geheiratet, aber ich wollte, dass Sie darüber Bescheid wissen. Wenn Sie es vorziehen, mit einem meiner Partner zu arbeiten, habe ich dafür vollstes Verständnis.“
„Auf gar keinen Fall!“, versicherte George ihr.
Claire fing seinen Blick auf. „George, wenn Sie sonst nichts weiter brauchen, warte ich solange draußen.“ Sie wollte und musste nicht in die Einzelheiten der juristischen Angelegenheiten ihrer Klienten eingebunden sein. Leise schloss sie die Tür hinter sich und ging in Richtung Empfangsbereich.
Die Rezeptionistin verabschiedete gerade den rothaarigen Mann namens Logan. Claire versuchte, keine Spekulation über sein Problem anzustellen, aber sie konnte nicht anders. Er war auf
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